das Wetter günstig zu werden versprach, einen Ausflug
nach dem Leirhnükur und der Krafla zu unternehmen.
Ausser dem getreuen Ölafur begleitete uns unser Hauswirth,
welcher mit allen Wegen und Unwegen genau bekannt war,
und sein kleines Söhnchen. Den auf der Karte angegebenen
directen Pfad, welcher sich hinter dem Hliöarfjall hinzieht,
schlugen wir nicht ein, da er gänzlich unwegsam geworden
war; statt dessen aber führte uns unser Wirth auf demselben
Weg, den wir tags zuvor gemacht hatten, über den Sol-
fatarenberg; in einiger Entfernung kamen wir wieder an den
dampfenden Schlammpfützen vorbei. Der Weg geradeaus
führt durch die Wüste Myvatns-Örsefi über den Fluss Jö-
kulsä und den einsam gelegenen Meierhof GrimstaÖir in
drei starken Tagereisen nach VopnafjörÖur, einem kleinen
Hafenorte an der Ostküste Islands. Wir wandten uns aber
nach links und ritten längs des östlichen Abhangs der nördlichen
Fortsetzung der Solfatarenkette. Wo Humuserde die
Berge bekleidete, wucherte, wahrscheinlich begünstigt durch
die innere Erdwärme, eine merkwürdig üppige Vegetation,
ausgezeichnet durch wunderschön dunkelviolett blühende Geranien.
Nach Verlauf von zwei Stunden kamen wir an ein
kleines, kaum 4 Fuss hohes, aus Lavasteinen und Käsen
aufgeführtes Bauernhaus, eine isländische Sennhütte, welche
nur im Sommer wegen der umliegenden Viehweiden bewohnt
wird; dort rasteten wir ein wenig und der kleine Sohn un-
sers Wirths verblieb bei seinen Bekannten bis zu unserer
Wiederkunft am Abend. Dicht vor dem Hause schlängelt
ein grösser, von dem Leirhnükur entsandter Lavastrom
seine schwarzen Schollen dahin. Wir ritten nun über rauhe
Lavafelder und wellenförmige dürre Thalehenen zum Fusse
des Leirhnükur, wo wir die Pferde auf einer kleinen Bergwiese
ruhig grasen Hessen. Der Berg, dessen Basis aus einem
schwarzen körnigen Palagonittuff besteht, hat vier Gipfel,
von denen drei erloschene Krater bilden und Lavakränze
tragen, der vierte einen länglichen Kegel darstellt, welcher
aus demselben Palagonittuff gebildet ist.
Der Leirhnükur ist durch seine schreckhchen und verderbenbringenden
Eruptionen bekannt1); am 11. Juni 1725
entstand während eines äusserst heftigen Erdbebens ein
ausgedehnter Krater in diesem Berge, aus welchem Feuersäulen
und Rauchwolken äufstiegen und Aschen - und Lavamassen
in grösser Menge ausgeworfen wurden. Bis 1726
tobte dieser Berg fast ununterbrochen fort und viele warme
Quellen und Schwefelpfuhle hatten sich während dieser
Zeit gebildet. Im Jahre 1727 drangen aus den Schlünden
wiederum Lavaströme hervor, welche die nordösthche Umgegend
zu einer vollständigen Wüste machten, 1728. war die
dritte Eruption und 1729 die vierte und letzte, bei der am
30. Januar ein Lavastrom die umliegende Gegend mit der
Schnelligkeit einer Wasserflut überschwemmte, und am 6.,
7 . und 27. Juli sich wieder mehrere Lavaströme aus den
Kratern und Seitenöffnungen selbst bis zum Mückensee ergossen.
Die starren Lavaströme mit ihren bizarren Formen
winden sich durch die Einschnitte zwischen den einzelnen
Bergen, das Bett der erstarrten Feuerflut. Die drei Feuerschlote
sind in nordöstlicher Richtung gruppirt: es sind zerborstene,
senkrecht in die Tiefe stürzende Schlünde von
cylindrischer Rundung mit einem Schlackenkranz umgeben.
Aschen, braune, schwarze und rothe Lavastücke in den
sonderbarsten Gestalten, manchmal zu seltsamen Figürchen
erstarrt, bedecken die ganze Umgegend; es war ein eigen-
thümliches Gefühl, an der Stelle zu stehen, wo vor 131 Jahren
die alles verwüstende, glühende Lava herausquoll;
ringsum stille Einsamkeit, Todtenruhe, kein Mensch oder
i) Fuldstcendig Efterretninger om de udi Island ildsprudende
Bjerge ved. H. Jacöbaeus (Kopenhagen 1757), S. 57, 68, 70, 77.