merig es auch war, an den Strom zu reiten, den wir schon
einmal zwischen Hals und tverä gekreuzt hatten und dessen
reissende Wellen uns noch allzu wohl im Gedächtniss
schwebten. Nach langem Warten löste sich endlich von
der gegenüberliegenden Seite des hier schon sehr breiten
Flusses ein Nachen, der uns abholte; wir kamen mit genauer
Noth am ändern Ufer an, denn das morsche Fahrzeug
zog so viel Wasser , dass sein Rand kaum 2 Zoll vom
Stromspiegel entfernt war und die kleinste Bewegung genügte
es umzuschlagen; die Pferde stürzten sich, obwohl
müde von dem langen beschwerlichen Wege und über und
über mit Schweiss bedeckt, ohne Schaden zu nehmen in
das kalte pfeilschnell hinströmende Wasser und erreichten
schwimmend das andere Ufer.
Nun ging es in raschem Trabe über die Wiesen des
Flussthales nach Halldörsstaöir, wo wir um 10 Uhr anlangten.
Der Pfarrer empfing uns sehr freundlich und
räumte uns mit der grössten Liebenswürdigkeit sein Zimmer
ein. Dieser einfache schlichte Mann, der nie seine vaterländische
Insel verlassen hat, nahm unser Interesse in hohem
Grade in Anspruch. Ziemlich tief im Innern wohnend,
spricht er unter allen Geistlichen, mit denen wir uns unterhielten,
das geläufigste Latein; auch unsere deutsche Sprache
versteht er und liest deutsche Bücher mit staunenswerther
Leichtigkeit; seine gebildeten Manieren und sein interessantes,
blasses, feingeschnittenes Gesicht trugen den Stempel
der grössten Seelenruhe und Zufriedenheit. Auch der Al-
thingmann war des Abends sein Gast; die Stube, auf deren
Boden wir unsere Decken ausbreiteten, war nachmittags
frisch gescheuert worden, und so feucht, dass wir uns nur
mit den ernstesten Besorgnissen für unsere Gesundheit niederlegten,
und doch war das noch ein trockenes und warmes
Lager im Vergleich mit denen, die unser warteten,
um uns noch abgehärteter zu machen.
Hier in Halldörsstaöir mussten wir einen Führer für
die Tour durch die Wüste über den Sprengisandurvegur
nehmen, welcher Ölafur und Arni gänzlich unbekannt war;
aber keiner der Leute, die wir dazu aufforderten, wollte
mit uns die Gefahren des Wegs theilen, um dann allein
durch die unwirthliche Einsamkeit zurückzukehren, besonders
da das Heumachen sie an ihr kleines Besitzthum fesselte.
Wir waren in der That,.rathlos, wie wir von hier wegkommen
sollten, und überlegten schon mit Ölafur, das
Bäröardalur aufwärts über Eyjadalsä nach Akureyri zurückzukehren,
um dann auf einem ändern Wege Reykjavik zu
erreichen; endlich gelang es jedoch den unausgesetzten Bemühungen
des Priesters, in einem über zwei Stunden entfernten
Orte, Myri, einen Mann aufzuspüren, welcher sich nach
Anwendung der verschiedenartigsten Ueberredungskünste
dazu erbot, uns als Führer zu dienen. * Da wir heute/, um die Pferde zu schonen, nur die kurze Strecke nach Ishöll zurücklegen
wollten, so verweilten wir den Morgen über in
Halldörsstaöir. Der Pfarrer zeigte uns seine kleine Bibliothek,
in welcher wir auch deutsche Bücher fanden und
einige von ihm selbst mit vielem Geschmack verfertigte
Landschaftszeichnungen; unter ändern auch seinen Geburtsort
bei Eskifjöröur im Ostlande, ein armes, niedriges Rasen-
und Lavahüttlein, Leider begannen seine wenigen Bücher
bei der Feuchtigkeit des Hauses stark zu vermodern. Je
mehr wir uns mit ihm unterhielten, desto mehr setzten uns
seine gediegenen Kenntnisse in der Naturgeschichte, Geographie,
Geschichte und ändern Wissenschaften, sowie die
unvergleichliche Flüssigkeit und Eleganz, mit welcher er
die lateinische Sprache redete, in das höchste Erstaunen.
Er befasst sich auch mit der Arzneikunde, und viele Leute
in der weiten Umgegend erholen sich Raths bei ihm in
schwierigen Krankheitsfällen; so sprengte morgens um 11 Uhr
ein Mann von einem über eine Tagereise entfernten Gehöft
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