Die Häuser sind ohne Ausnahme für europäische Begriffe
sehr klein; häufig findet man das Dach mit Gras
reichlich bewachsen, welches sorgfältig gepflegt wird, um
die Schafe damit zu füttern, die, an Stricken festgebunden,
auf den Häuserdächern sich ganz heimisch zu fühlen scheinen.
Es macht auf den Ankommenden einen sonderbaren
Eindruck, Schafe auf diesen schwebenden Wiesen, wohin
sie auf Leitern hinaufgetragen werden, weiden <zu sehen.
Dies ist um so leichter zu bewerkstelligen, als die meisten
Häuser aus einem Stockwerk bestehen; zweistöckige Gebäude
fehlen jedoch nicht. Sie sind in der Regel auf steinerner x)
Grundlage aus Holz gebaut. Beim Eintritt kommt man in die
Küche, hinter der das allgemeine Familienzimmer sich befindet;
hier stricken die Frauen Strümpfe oder weben Vad-
mal und erziehen Kinder; oft dient es auch als Schlafzimmer
und die Küche fist dann zugleich Arbeits- und Wohnstube. So
bei der ärmern Klasse. In den Häusern der Gebildeten sieht
es ganz anders aus, z. B. bei Herrn H. C. Müller, Syssel-
mann von Strömöe, wird der Fremde in ein eigenes, mit
Bildern verziertes Empfangzimmer geführt, in dem ein Sofa
und andere Möbel stehen. Ueber dem Ofen hängt ein
prachtvoller, wohlausgestopfter Fischadler (Aquila albicüla),
und man merkt der Wohnung an, dass ihr Besitzer einen
Theil seines Lebens in einem civilisirtern Lande zugebracht
hat.
Uebrigens stehen die Einwohner der Färöer durchaus
nicht auf einer so niedrigen Stufe der Bildung, wie man
der Natur des Landes nach, das sie bewohnen, wohl ver-
muthen sollte. Alle können lesen und schreiben, und es
wird — dem Packet Briefe nach zu urtheilen, welches unser
J) Diese Steine sind meist hier zurückgelassener Schiffsballast,
daher man auf Strömöe mitunter Granit- und Porphyrstücke findet,
welche Gesteine auf den Färöern nicht Vorkommen.
Kapitän in Thorshavn abgab — ziemlich eifrig mit Kopenhagen
correspondirt; die Pfarrer nämlich haben sämmtlich
dort studirt und durch sie wird hauptsächlich die dänische
Sprache auf den Inseln verbreitet. Wir hatten auf der
Rückreise Gelegenheit in der mit einem niedrigen Thurme
versehenen Kirche eine dänische Predigt mit anzuhören. Der
Redner stand, wie dies in einigen Kirchen Südeuropas
Sitte ist, nicht auf der Kanzel, sondern auf einer erhöhten
Tribüne, seine ganze Gestalt dem aufmerksamen Publikum
zeigend. Die Wirkung seiner Worte jedoch schien eher
eine einschläfernde als eine begeisternde zu sein. Kein
Wunder bei einer so saft- und kraftlosen Sprache wie die
dänische. Die eigentliche Sprache der Färinsulaner klingt
viel kräftiger. Die Zeit aber liegt nicht mehr fern, wo sie
zu den todten zählen wird; denn die 7—8000 Einwohner
dieses armseligen Archipels sind zu unselbständig, um sie
lange rein zu erhalten, zumal der Einfluss des Dänischen
nun Schon fünf Jahrhunderte hindurch sich immer mehr
und mehr geltend zu machen weiss.
In ihrer Kleidung machen die Färinger fast den Eindruck
von Sträflingen, von Galerensklaven. Ein sehr grob
leinenes Hemd, eine kurze braune Jacke von sehr grobem
Wollenzeuge, Yadmal genannt, eine dicke Weste aus demselben
Stoff, kurze Beinkleider, dicke, fast wasserdichte
wollene Strümpfe, die bis an das Knie reichen, und Schuhe
aus Kuh-, Schaf- oder Seehundsleder bilden den schlichten
Anzug eines Eingeborenen. Der Kopf ist mit einer phry-
gischen Mütze bedeckt, gerade wie die Lazzaroni und Fischer
im südlichen Italien sie tragen, nur ist sie nicht roth wie
bei diesen, sondern braun.
Körperlich sfiid die Färinger sehr wohl gebildet. Ein
schöner Menschenschlag: die Männer gross und schlank; alle
haben einen würdevollen, dabei aber doch eigenthümlich
gutmüthigen Ausdruck; die Frauen und Mädchen, durch