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 alle  Tage  sein  Reitpferd  wechseln  musste. 
 Wir  wollten  heute  KiÖagil  (Ziegenschlucht)  erreichen,  
 einen  kleinen  Grasplatz,  die  letzte  Oase  vor  dem wüsten  
 Sprengisandur, ohne Häuser und Menschen,  und nahmen un-  
 sern Weg durch unwirthliche, pfadlose Berge, welche halb aus  
 den Nebelmassen hervorragten oder durch Regenschauer bald  
 verhängt  wurden,  bald  wieder  erschienen.  Das  Thal  des  
 Skjälfandafljöt,  das  Krökdalur  (Rabenthal),  ist  an  der  
 Stelle,  wo  wir  in  dasselbe  hinabstiegen,  mit  Ungeheuern  
 gelbbraunen Tuffmassen eingefasst.  Dunkelheit begann schon  
 über  dem  ureinsamen  Gebirgslande  sich  auszubreiten,  als  
 wir  an  unserm Ziele anlangten,  einem schlechten,  unebenen  
 und sumpfigen Grasplatze,  an den  vegetationslosen  und von  
 Lava  umsäumten  Ufern  des  Skjälfandafljöt.  Wir  packten  
 gänzlich  durchnässt,  unsere  Sachen  aus  und  pflanzten  mit  
 unsern  vor  Kälte  erstarrten  zitternden  Händen  auf  dem  
 durchweichten  Boden  die  Zelte  auf.  Die  Gegend  ist ^ausnehmend  
 öde:  vor  uns  ein  wildes  Lavafeld,  in  dem  der  
 Fluss  seine  kalten,  schmuzig  gelben  Gewässer  dahinwälzt,  
 im  Hintergründe  hohe  beschneite  und  beeiste  Bergkämme;  
 rings  um  das  kleine  Fleckchen  Gras  nichts  als  steile  
 Hügelklippen  und  Lava,  deren  übereinandergestürzte,  in  
 Trümmer  zusammengebrochene  Schollen  hier  und  da  mit  
 grauen Flechten  und  spärlichen Moosen  bedeckt sind.  Kein  
 Laut  unterbricht  die  Todesruhe  dieser  Trauerstätte,  wo  
 jedes Dasein  erstarrt  und erstorben ist,  «wo  das Leben todt  
 und  der  Tod  lebendig». 
 Früh  um  4  Uhr  am  ändern  Morgen  erhoben  wir  uns  
 zu unserm grossen Tagewerk, der Durchkreuzung des eigentlichen  
 Sprengisandur.  Unsere Betten waren  gänzlich  durchfeuchtet  
 und  unsere  Zelte  hatten  durch  den  nächtlichen  
 Regen  an  Gewicht  so zugenommen,  dass sie auf zwei Pferde  
 vertheilt  werden  mussten.  Die  Führer  hatten  die  ganze 
 Nacht  kein  Auge  geschlossen,  da  die  Pferde  nach  besserm  
 Grase  suchend,  als  der  kleine  Weideplatz  KiÖagil  es  ihnen  
 bot,  weit  in  die  umliegenden  Berge  leider  vergebens  sich  
 zerstreut  hatten.  Das  anstrengende  Einfangen  derselben  
 hatte  die  üble  Folge,  dass  unser  neuer  Führer  sich  eine  
 starke  Erkältung  zuzog und den ganzen Vormittag über heftige  
 Schmerzen  in  Kopf  und  Magen  klagte.  Gleich  hinter  
 dem  grünen  Fleck  ist  eine  Schlucht,  welche  ihm  seinen  
 Namen  verleiht  und  deren  wundersame  Schönheit  dem  
 durch  die  traurige  Einförmigkeit  der  Landschaft  ermüdeten  
 Auge  doppelt  anziehend  erscheint.  In  der  Tiefe  
 zwängt  sich  ein  reissender  Giessbach  zwischen  zwei  senkrechten  
 Felsenmauern durch, aus den schönsten Basaltsäulen  
 bestehend,  deren  schlanke Formen  mit  der  merkwürdigsten  
 Regelmässigkeit  ausgebildet  sind.  Das Wasser hat ein  starkes  
 Gefalle  und  stürzt,  zu  milchweissen Schaumperlen  zerstiebend, 
   in  langen  Cascaden  von  einem  Säulenvorsprung  
 zum  ändern. 
 Der Sprengisandur ist eine schauerliche Wüste,  eine ausgedehnte  
 Einöde von vulkanischem Sande,  ein wellenförmiges  
 Hochplateau , bildend.  Im  Osten  wird  er  begrenzt  von  den  
 unermesslichen  Lavafeldern  des  Ödäöa-hraun,  welches  aus  
 den  Vulkanen  HerdubreiÖ  und  Trölladyngja  (Kammer  
 der  Unholde)  geflossen  ist  und  eine  der  abschreckendsten  
 Wildnisse  der  Erde  bildet.  Zwischen  dem  Sprengisandur  
 und  dem  Ödäöa-hraun  fliesst  das  Skjälfandafljöt.  
 Gegen  Süden  bilden  die  Grenze  die  unerreichbaren  
 gänzlich  unbekannten  Gletscher  des  riesigen  Vatna-  oder  
 Klofajökull,  welchen  auf  der  Karte  von  Island  ein  grösser  
 weisser  Fleck  darstellt.  Diese  starre  winterliche  Eiswüste, 
   die  einen  Bezirk  von  150  Quadratmeilen  bedeckt,  
 heisst  in  ihrem  südlichen  Theile  Örsefa-  und  Skaptär-  
 jökull,  und  gerade  inmitten  dieser  eisigen  Gletscherwelt  
 haben  in  den  beiden  letzten  Jahrhunderten  die