An Flussübergänge waren wir, wie an etwas ganz Alltägliches,
gewähnt, und so ging auch der Ritt durch die Wellen
von einer Sandbank zur ändern ziemlich gut von statten;
nur das letzte Viertel verursachte grössere Schwierigkeit,
denn das jenseitige Ufer wurde von beinahe steil in
das Wasser abfallenden Felsen gebildet und in dem Bett
setzten verschiedene Spalten und Klüfte in die Tiefe, sodass
die Pferde den Grund verloren und sich entweder auf das
Schwimmen verlegen oder, beinahe ganz vom Wasser bedeckt,
mit einem kühnen Satze über die Untiefen hinwegspringen
mussten. Das Beste war, wie immer, sich ganz
auf die Kunstfertigkeit der klugen Thiere zu verlassen.
Nachdem wir wieder festen Fuss gefasst, ging es rasch
vorwärts, stets über grasreiche Thalweiden, nach dem Gehöft
Braeöratünga, welches uns zu einladend erschien, als
dass wir, ohne seinen Kaffee gekostet zu haben, daran
vorüberreiten sollten.
Endlich gegen 3 Uhr, als der Weg um einen Felsvorsprung
bog, gewahrten wir eine grosse weisse Dampfwolke-,
die am Fusse eines Bergs in die Lüfte stieg; allein wiederum
hatten wir uns in der Entfernung getäuscht; ungeduldig, wie
wir waren, glaubten wir der Stelle, wo eine der unvergleichlichsten
und wundersamsten Scenen der Natur sich entfaltet,
ganz nahe zu sein, und dennoch verstrichen noch
mehr als zwei Stunden, ehe wir in einem weiten Bogen über
die sumpfigen Wiesen, welche das breite Thal des Tungnafljöt
bilden, an dem Sinterkegel des grossen Geysir anlangten.
Bald war gerade in der Mitte zwischen den*verschiedenen
Springbrunnen ein geeigneter Platz für das Zelt gefunden,
und rasch erhob sich das luftige Gebäude, dessen Thür dem
grossen Geysir zugekehrt wurde, während die Führer die
Pferde abpackten und auf den nahen Grasweiden ihrer
Freiheit überliessen.
XVI.
Die Geysir.
Der Geysirbezirk liegt am Fusse eines steilen, nicht sein-
hoch sich erhebenden Hügels in 6iner etwas über zwei Meilen
breiten Ebene, welche, wohl ohne Zweifel das Bett eines
alten Fjord, sich nach dem Meere zu erstreckt und dem
Auge als ein ausgedehnter grüner Teppich von moorigen
grasreichen Triften erscheint, durchschlängelt von dem Tungnafljöt
und mehreren kleinern Flüssen, die sich am Ausgange
des Thals mit der Hvitä verbinden. Gegen Nordosten
begrenzt der Bläfell diese beinahe wagerechte Ebene,
ein hoher ausgebrannter Vulkan am Saume der Wüste,
dessen oberster Gipfel theilweise in Nebel gehüllt ist und
dessen steile Abstürze, von jeglicher Vegetation entblösst,
tiefe, mit Schneemassen angefüllte Furchen und Schlünde
darbieten. Umgeben ist er von ändern zerrissenen Bergmassen,
die sich im Innern der Insel zu riesenhaften Gestalten
aufthürmen. Flache Hügelketten umsäumen gegen Ost
und Südwest das Thal; sie überragt, von höhern Punkten
aus gesehen $ die mit ihrem Schneemantel bekleidete Hekla.
Die Höhe der Quellen über Reykjavik beträgt nach der Berechnung
von Bunsen 110 Meter.
Die hauptsächlichsten Quellen liegen hier ganz dicht
nebeneinander, die beiden äussersten, kaum mehr als 600