geeigneten Ort ans; dieser muss trocken, eben und reinlich
sein; wir priesen uns indessen glücklich, wenn nur zwei
von diesen Bedingungen erfüllt waren und lernten bald auch
im Feuchten fest schlafen. Die Eorkbetten, Pelzmäntel
und Reisedecken schützten zwar anfangs gegen die Nässe,
aber sie wurden sehr häufig durch Flussübergänge, Regen
und das Gras, auf dem wir schliefen, durchfeuchtet; es ist
daher empfehlenswert!*, ja fast nothwendig, diese Dinge in
wasserdichte Säcke zu packen, eine Vorsorge, die zu treffen
wir leider vernachlässigt hatten. Ziegen- und Schaf häute,
welche von den Isländern in der Regel zu diesem Zwecke
benutzt werden, konnten wir erst im Nordlande in gehöriger
Anzahl erhalten.
Wenn nun das Innere unsers Zeltes möglichst «eomfor-
table» eingerichtet worden mittels Kisten, Deeken, Sättel
u. dgl., wenn lustig das Wasser zum Thee oder zur Bouillon
am Kochen war, jeder Notizen über das Beobachtete auf
den Knien niederschrieb und in der heitersten Stimmung
an die Anstrengungen des Tags zurückdachte, dann fühlten
wir uns im höchsten Grade sorgenfrei. Wie nur der
von einer Krankheit Genesene die Gesundheit recht würdigen
lernt, so lehren uns erst Strapazen und körperliche Entbehrungen
Ruhe und Erholung wahrhaft geniessen, ganz
abgesehen davon, dass die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse
sich dabei auf ein Minimum reduciren. Was in civilisirtern
Ländern uns ungeniessbar dünkte, wurde hier gern verspeist,
z. B. getrocknetes Hammelfleisch mit Butter, in Island
gedörrte Fische und das aus einheimischem wilden
Korn gebackene flatbrauÖ. 1)
J) Zum Nutzen späterer Reisenden fügen wir hier noch hinzu,
dass es unumgänglich nöthig ist, sich von Haus aus (am besten in
England) mit möglichst viel Lebensmitteln (preserved meat, essence
of beef, Schiffsbiscuit und eingemachten Früchten und Gemüsen) zu
versehen.
Der Leser wird es verzeihlich finden, wenn wir vielleicht
länger als schicklich bei diesem Gegenstände verweilten; die
Art in Island zu reisen ist so gänzlich verschieden von der
in ändern Ländern üblichen, dass sie unsere Weitschweifigkeit
einigermassen entschuldigt.
Als am folgenden Morgen (am 22. Juni) die noch übrigen
16 Pferde eingefangen und bepackt waren, wurde die
Wanderung nach dem historisch interessantesten Punkte
Islands, nach hingvalla,. fortgesetzt. Die Entfernung von
Reykjavik dorthin beträgt nach isländischer Rechnung ein
pingmannaleiö, d. i. eine Tagereise, welche man auf der
Reise zum Althing zurüekzulegen pflegte. Die Länge einer
solchen Strecke beträgt ungefähr sechs geographische Meilen.
Früher war dieses Längenmass allgemein üblich, jetzt
rechnet man gewöhnlich nach Stunden (timi, Stunde).*)
Der Weg führte am Fusse des, Grimmannsfell hin durch
einen Sumpf. Links erblickten wir den dreigezackten Skä-
1 afeli2) und kamen an einem Teiche, dem Geldingatjörn
(Schafteich), und einem kleinen See, dem Leiruvogsvatn 3),
vorüber, an ein grosses Lavafeld, das jedoch keinen so öden
Eindruck machte, wie das im vorigen Abschnitt erwähnte
zwischen Hafnarfjöröur und Krisuvik, da es zum Theil mit
Gras bewachsen und mit Erde bedeckt war.
Jedoch konnten wir nirgends menschliche Wohnungen entdecken;
wir sahen nichts derart als eine einsame verfallene
Hütte, die jetzt wohl bèi Stürmen dem Vieh Schutz gewäh1)
Das pingmannaleiö ist natürlich je nach der Beschaffenheit
der Gegend von verschiedener Länge, die jedoch mindestens fünf
geographische Meilen umfasst.
2) Skälafell wegen der Einsenkungen auf seinem Gipfel (sJcdl)
also genannt*
3) Leiruvogsvatn. Leir heisst Schmuz (z. B. auch in Leir-hnü-
Ttur) , vogur das Meer, also ein See mit sehmuzigem Wasser(?). Aehn-
lich Leiruvogur, Leiruvogsä.