Dämmerung hörten wir einen Wasserfall der Pjörsa, den
wir zuvor gar nicht bemerkt hatten, mit starkem Getöse
lauschen; je mehr die Nacht einbrach, desto vernehm-
lichei ward das Geräusch, zuletzt förmlich donnerartig.
Am ändern Morgen erhoben wir uns schon um 3 Uhr.
Wähl end. die Pferde gesattelt und bepackt wurden, entdeckten
Ölafur’s Adleraugen in einer unglaublichen Entfer-
nung auf dem ändern Ufer der Pjörsa ein Zelt einer ändern
Reisegesellschaft, welches selbst durch unser bestes Fernglas
nur wie ein weisser Punkt erschien. Diesen Abend
werden wir also wieder zuerst eine Wohnung und Menschen
sehen, deren Anblick wir schon seit fünf Tagen entbehren.
Der Himmel war grau und mit trüben Wolken
bedeckt, sodass alle Regen verkündeten, die Luft ziemlich
kalt. Allein je höher die Sonne sich erhob, desto
mehr verschwanden die Nebelschichten-. Wir ritten über
mehrere der Pjörsa zufliessende Gewässer; so die Sküms-
tungnaä; sie fliesst in einer tiefen Kluft, in die wir auf
einem steilen, halsbrechenden Pfade über lose Gerölle hinab-
stiegen. Gegenüber auf der ändern Seite der Pjörsa liegt
das langgestreckte Gebirge Büöarhäls, dessen jäher Absturz
eine ausgezeichnet horizontale Lagerung der Basaltschichten
mit prachtvollen Säulenreihen zeigt.
Die Geschicklichkeit, mit welcher unser Führer den
Fusspfad, der oft in den Morästen und Schluchten auf lange
Strecken hin gänzlich verschwand, jedesmal wieder aufzufinden,
mit welcher er seine Richtung nach den Wegweiserpyramiden
oder auch nach den unscheinbarsten Anhaltpunkten
zu nehmen wusste, war wirklich erstaunlich. Es ist
Sitte in Island, zur Bezeichnung des Wegs zwei oder mehr
Steine so übereinander zu legen, dass man sieht, es sei
durch Menschenhände geschehen, und in einer steinigen
Wüste nach diesen wenig in die Augen fallenden Zeichen
sich zurecht zu finden, erfordert keine geringe Aufmerksamkeit
und ist nur einem geborenen Isländer möglich, dem
die tagelangen Reisen in der Einsamkeit einen unglaublichen
Scharfsinn in der Aufsuchung seiner Richtung verliehen
haben.
Nachdem der langgestreckte Büöarhäls uns nicht mehr
die Aussicht versperrte, traten weit in der Ferne die Eisberge
Torfajökull, Tindfjallajökull und Eyjafjallajökull hervor.
Um 9 Uhr lag plötzlich die Hekla vor unsern Augen;
gerade als der etwas plumpe Berg, dessen obere Hälfte
grösstentheils mit Schnee bedeckt war, erschien, drang auch
die Sonne in ihrem vollen Glanze durch die grauen Wolkenschichten,
welche einem heitern und klaren Blau Platz
machten. Aus dem Nebel, welcher noch den Horizont
umsäumte, erhob sich vor uns, aber noch in bedeutender
Entfernung der einem viereckig zugehauenen Klotz
gleichende isolirte Bürfell. Bei der grossen Schnelligkeit
unserer Pferde hofften wir noch nach Störinüpur zu gelangen;
wir sahen aber bald ein, dass dennoch die Entfernung
bis dahin zu beträchtlich war, und beschlossen, im
ersten Hause, welches wir am Abend finden wü rden-, unser
Nachtquartier aufzuschlagen.
Die ganze Gegend vom Zusammenfluss der Pjörsa mit
der Tungnaä an hat die Hekla mit, Aschen und Bimssteinen
überschüttet, über deren ebene, bald dunkelschwarze, bald
silberweisse Flächen die Pferde mit Windeseile dahinflogen;
der Weg war stellenweise an den Seiten von senkrecht abgeschnittenen
ungeheuer hohen Tuffwänden eingefasst. Wir
ritten rechts an dem viereckigen Bürfell vorbei, welcher in
einer rechtwinkeligen Krümmung der Pjörsa liegt. Auf der
ändern Seite erhob sich die Hügelgruppe R auÖukambar
(rother Bergkamm). Als wir uns dem Flusse wieder näherten,
gelangten wir an einen kleinen Wald von Birken, in
dem wir Menschen sahen, die ersten seit fünf Tagen; zwar
pur einen mürrischen alten Isländer, der mit sei ner keines