ten, kreuzten wir bei Geirastaöir die seichte Laxä, denselben
in den Mückensee mündenden Fluss, welchen wir früher
bei Uverä überschritten hatten. Die Zahl der Mücken war
unendlich; die Unannehmlichkeit, welche diese überaus
lästigen Thiere dem Reisenden verursachen, erreichte hier
ihren Höhepunkt; man konnte nicht sprechen, nicht Athem
holen, ohne dass Nase und Mund mit Mücken sich füllten;
die Augen vermochte man kaum aufzuschlagen, und wenn
man sie öffnete, war doch nichts anderes zu erblicken als
Mücken, deren dichte Schwärme jegliche Aussicht verhüllten.
Nach einem fünfstündigen Ritte kamen wir jämmerlich
zerstochen in Gautlönd an, an dessen Bewohner, den Althing-
mann Jön Sigurösson, wir durch einen Brief des Apothekers
Thorarensen in Akureyri empfohlen waren. Wir fanden
das Hauptzimmer seines Hauses ganz wohnlich eingerichtet;
der Herr selbst war ein sehr freundlicher, gebildeter
Mann. Das erste, worauf unser an derartige Dinge
nicht mehr gewöhntes Auge mit Wohlgefallen ruhte, war
eine grosse Anzahl schön eingebundener dänischer und
isländischer Bücher, viele Sagas und die lieben alten Sänger
Homeros und Yirgilius in der Ursprache, erstem auch in
isländischer Uebersetzung.
Die Frau des Althingmanns bereitete uns eine köstliche
Mahlzeit aus Lammfleisch und Eiern, begleitet von Kaffee.
Nach kurzer Rast brachen wir nach Lundarbrekka auf,
wo der Bruder des Petur Jönsson von Reykjahliö wohnt
Der Althingmann erbot sich, uns das Geleit zu geben, in
einen grossen Regenmantel gehüllt, einen breiten Gürtel
') Ilions Kviöa Homers, Sveinbjörn Egüsson, Rektor og Dr.
theol. islenzkaöi. Ütgefendur: Th. Johnsen, E. PörÖarson, E. Jönsson,
J. Arnason. Reykjavik, prentuö i prentsmiöju Islands hjd E.
Pöröarsyni. 1855.
um den Leib geschnallt; es ging über die Myvatnsheiöi.
Auf einer kleinen Anhöhe nahmen wir Abschied von dem
See, der, von seinen Bergen umgeben, in der Ferne erglänzte.
Was würden wir jetzt darum geben, noch einmal
auf seinem Spiegel Enten jagen oder die kochenden Schlammkessel
anstaunen oder in die Kr ater schlünde des Leirhnu-
lcur hinabblicken zu können! Es war ein einsamer Weg,
über eine hochgelegene Heide hin, an kleinen sumpfigen
Seen vorüber. Gegen 7 Uhr fiel so starker Nebel (holtet),
dass wir kaum zehn Schritte weit sehen konnten; doch der
Althingmann galopirte voran und der kannte Weg und Steg.
Später klärte sich der Abendhimmel wieder etwas auf
und eröffnete uns die Aussicht in das tiefe, aber sehr breite
und grünbewachsene Thal des Skjalfandafljöt: das BarÖar-
dalur. Lundarbrekka hat eine schöne nagelneue, hölzerne
Hauptkirche mit einem auf der Kirche selbst angebrachten
Glockenhäuschen, dem ersten dieser Art, welches wir seit
Reykjavik sahen; im Innern waltete eine Reinlichkeit und
Ordnung, die sehr vortheilhaft gegen die Einrichtung der
übrigen isländischen Kirchen abstach. Ueber dem Altar
hängt ein Bild, das Abendmahl darstellend, in Gruppirung
und Ausführung der Figuren dem von Pvera so ähnlich, dass
beide ohne Zweifel von demselben uralten Maler herrühren.
Es war schon ziemlich spät am Abend, stark nebelig und
feucht. In der letzten Woche hatte eine merkwürdig plötzliche
Verkürzung der Tage stattgefunden, sodass es schon
anfing abends zu dunkeln. Um so unangenehmer war es
uns zu hören, dass der Eigenthümer von Lundarbrekka abwesend
wäre und man uns nicht gestattete, in der freundlichen
Kirche die Nacht zuzubringen. Der Althingmann
gab uns den Rath, noch über das Skjalfandafljöt zu setzen
und auf der ändern Seite des Flusses in Halldörsstaöir,
wo der Pfarrer wohnt, ein Unterkommen zu suchen. Es
blieb uns also nichts anderes übrig, als, so spät und däm-
Island. 14: