Schlamm. Schon Strahon erwähnt die sicilianischen Makka-
luben, welche einen flachen, abgestumpften, 150 Fuss hohen
Hügel darstellen; fast dieselbe Höhe besitzen die Schlammvulkane
von Sassuolo und Querzuola in Modena und die
auf der Halbinsel Taman. Aehnlich sind die von Alexander
von Humboldt beschriebenen Yolcanitos, 20 kleine Kegel
südlich von Cartagena in Columbien. Dagegen erreichen
die Eruptionen von allen erwähnten Schlammhügeln bei
weitem nicht die Höhe der isländischen; auch sind es dort
meist Kohlenwasserstoffe, welche den salzigen Schlamm in
Bewegung setzen, if
Nachdem wir Abschied genommen, erkletterten wir mit
vieler Mühe den unter 32° aufsteigenden aus schwefelgetränktem
Tuff und vulkanischem Sande bestehenden Höhenzug;
überall dampfte der Boden unter unsern Füssen und
drohte unsere Sohlen zu verbrennen. Oben hatten wir eine
weite Aussicht: im Westen den Spiegel des Mückensees mit
seinen vielen Einschnitten und zahllosen Inseln, dahinter
die den See umschliessenden Berge, über die wir unsern
Weg von Akureyri genommen hatten. Gegen Osten erblickt
man, soweit das Auge reicht, eine einzige unabsehbare
Fläche voll Verwüstung, deren düstere schauerliche
Einöde nur durch die unaufhörlich aus den Spalten gen
Himmel aufsteigenden Dampfsäulen gemildert und deren
Todtenstille nur durch das Gebrüll der kochenden Schlammkessel
unterbrochen wird, welche tief unten liegen. Gegen
Süden fängt das Odäöa Hraun (das Lavafeld der Misse-
thaten) an und erstreckt sich über ein Gebiet von ungefähr
110 geographischen Quadratmeilen, die unwirthlicfiste
Gegend von ganz Island. Oben auf dem* Plateau befinden
sich ebenfalls zahlreiche Schwefelquellen, welche den Boden
in bunte Thonschichten verwandelt haben, an vielen Stellen
J) Vgl. Naumann’s «Lehrbuch der Geognosie», I, 274.
bedeckt von grossen schneeweissen Gipsplatten, einem Zer-
setzungsproduct der Solfataren; ringsum erheben sich viele
kleine Kegel, ungefähr von 1 Fuss Höhe, aus zähem Schlamm
bestehend, aus deren. Spitze der Dampf pfeifend und brausend
hervordringt, Mit einem Fusstritt verstopften wir die
obere Ventilöffnung eines dieser Kegel und nach einigen
Secunden hatten die Dämpfe, die den gewohnten Ausweg
nicht mehr fanden, eine solche Spannung erreicht, dass mit
einem ziemlich heftigen Knall der ganze Kegel platzte und
die Stücke davon in die Luft flogen. In einiger Entfernung
von der Solfatarenkette findet sich in einer Höhle der
Lava ein Dampfbad, welches in frühem Zeiten von Kranken
aus entlegenen Gegenden besucht wurde. Auch der
heisse flüssige Schlamm wird als eins der besten Mittel,
dessen sich die Isländer zur Heilung der Hautkrankheiten
bedienen, gerühmt. Auf der Ostseite des Bläfell befinden sich
ähnliche Makkaluben, die Fremrinämur, die allerdings an
Grossartigkeit und Gewalt des Schauspiels gar nicht mit den
beschriebenen zu vergleichen sind, bei denen aber früher eine
ziemlich bedeutende Schwefelgewinnung stattfand. Im vorigen
Jahrhundert wurde viel Schwefel nach Hüsavik, einem
kleinen Hafenorte am Eismeer, gebracht, wo die isländische
Handelsgesellschaft in Kopenhagen eine Raffinerie angelegt
hatte. Der Schwefelsand wurde in einem eisernen Topfe
über das Feuer gesetzt und wenn er zu schmelzen begann,
wohl umgerührt; nachdem er vollständig im Fluss war,
goss man Oel oder häufiger noch Seehundsthran hinein,
worauf alle Unreinigkeiten wie Schaum oben schwammen
und der reine Schwefel auf dem Boden des Kessels sich
ansammelte.*)
Am folgenden Tage, einem Sonntage, wurde frühmorgens
unter allgemeiner Uebereinstimmung beschlossen, da
'») Ölafsson und Pälsson, a. a. 0., §, 752.