vatn, auf dem wir die ersten wilden Schwäne erblickten.
An der Nordseite des Sees sahen wir eine Anzahl etwa
20 Fuss hoher Lavahügel, welche in radialen Richtungen
zerborsten sind, wodurch viele kleine Klüfte, gleichsam
Almannagjas en miniature entstanden. Es ward nun ein
kleiner Fluss gekreuzt, dessen Ufer grossentheils aus trügerischem
Quicksand (kmksanäur von kvika> sich bewegen)
bestehen. Bei einem allzu kühnen Versuche über
das Flüsschen zu setzen, sank unser Reisegefährte, Herr
Dr. Benguerel, bis fast an die Brust in diesen Sand und
nur mit Mühe ward ihm herausgeholfen. Solcher Quicksand
ist eins der unangenehmsten und gefährlichsten Hemmnisse
bei Flussübergängen in Island, und es ist nur zu verwundern
, dass nicht mehr Unglücksfälle zu beklagen sind.
Nach einem ununterbrochenen siebenstündigen Ritte
durch unbeschreiblich öde, schaurig einsame Thäler, über
nackte Berge und Sandebenen kamen wir etwas erschöpft
an einen Grasplatz,, wo wir den Pferden eine kurze Rast
gönnten. Hier begegnete uns eine lange Karavane, welche
vom Nordlande kommend nach Reykjavik zog, um dort den
übelriechenden gedörrten Klippfisch zu verkaufen, mit dem
die Pferde so beladen waren, dass nur ihre Köpfe und
Hufe sichtbar blieben. Von den zahlreichen, frei mitlaufenden
Pferden dieses Zugs kauften wir eins um den für Südisland
hohen Preis von 14 Speeiesthalern (etwa 21 Thlr.
deutsch). Kaum Zeit uns nehmend, nach der frugalen
Mahlzeit ein wenig zu ruhen, brachen wir nach halbstündiger
Rast wieder auf, denn der Weg in das Thal des
Rauchs (Reykjadalur) war noch weit und vor Mitternacht
gedachten wir in ihm die Zelte aufzuschlagen und die
Springquellen daselbst zu bewundern. Eben fragten wir
Ölafur, wie weit sie noch entfernt seien, als er uns die höchst
unerfreuliche Mittheilung machte, dass er mit dem Wege
dorthin gänzlich unbekannt sei und wir bereits auf einen
viel östlicher gelegenen Punkt, auf Kalmanstünga zuritten.
Was half da alles Schelten und Zürnen, noch dazu in einer
uns nicht allzu geläufigen Sprache? Unwillig fügten wir
uns in das Unvermeidliche; als wir aber ausser dieser unwillkommenen
Nachricht von dem Führer hörten, dass wir
acht Stunden lang — bis nach Kalmanstünga — keine Wohnung,
kein Gras, ja wohl schwerlich etwas Lebendiges antreffen
würden, dass die Packpferde uns anderthalb Stunden
voraus wären, und wir nothgedrungen — der Pferde
halber — die Nacht durchreiten müssten, da ward ein schrecklicher
Verdacht in uns rege, um den wir aber den guten
Ölafur später im stillen oftmals um Verzeihung baten. Das
war zu viel. Acht Stunden schon im Sattel, sollten wir noch
andere acht Stunden reiten, und nur durch menschenleere
Gegenden, durch öde Steinebenen, Schneefelder, über den
Geitlandsjökull, dessen gewaltigen Gletschern wir uns nun
nahten! Eiligst ward Ölafur vorausgeschickt, den mit den
Packpferden weit vorgerittenen Arni zu holen, damit wir
an den zuletzt besuchten Grasplatz zurückkehrten, um dort
die Nacht zuzubringen. Wir trabten inzwischen schon zurück.
Aber Ölafur kam nicht, und mit Schrecken bemerkten
wir nun, dass wir in einer zuvor noch nicht durchrittenen
Wildniss uns befanden.
Rings um uns her war nichts zu sehen als steinige oder
schneebedeckte Berge; ein reissender Fluss wälzte in einiger
Entfernung vor uns durch kahle, wellentrotzende Felsmassen
seine weissen Gewässer dahin. Nicht das mindeste Zeichen
von Leben irgendwelcher Art liess sich entdecken. Wir befanden
uns in einer der ödesten Gegenden des öden Island;
nicht einmal konnten wir die Richtung wiederfinden, der wir
bis hierher gefolgt, denn soweit der Blick reichte, war die
Landschaft sich gleich, niederschlagend monoton, ohne den
geringsten Anhaltpunkt. Wir erstiegen die nächstgelegene
Anhöhe, um von den Führern und Pferden etwas zu er