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 Unverliältnissmässig  kleiner  und  niedriger  ist  die  kleine  
 Baula  (litla Btm la),  nordnordostwärts  von  der  grossen  gelegen; 
   es  ist  ebenfalls  ein  spitzkegelförmiger  Berg,  welclier  
 auf  seiner  einen  Seite  mit  einem  halbkreisförmigen  wall-  
 artigen  Bergkamm  umschlossen  ist,  der'bis  zur  Mitte  des  
 Kegels emporsteigt.  Mit dem umgebenden Wiesengrün,  welches  
 stark  gegen  die  nackten,  sonderbar  geformten  Felsen  
 contrastirt,  verleiht  dieser  Berg  der  eigentümlichen Landschaft  
 einen  fesselnden  Reiz. 
 Das  Einzige  auf dem  Gipfel  der  grossen Baula,  was  an  
 frühere Besteiger  erinnerte,  war  eine  3 Fuss hohe Pyramide  
 aus  Trachytsäulen  aufgeführt.  In  sie  hinein  wurde  ein  
 Blechkasten  gelegt,  der  unsere  Karten  enthielt;  Namen,  
 Stand,  Vaterland  der drei Besucher nebst Datum sind genau  
 darauf  angegeben.  Wie  lange  mag  es  dauern,  bevor  
 künftige  Reisende  sie  finden!  In  Island  selbst  haben  wir  
 niemand  angetroffen,  der  die  Baula je  bestiegen  hätte. 
 Von schrecklichem Durst  geplagt,  den  wir durch  Schnee  
 vergebens  zu  löschen  suchten,  traten  wir  den  Rückweg  an.  
 Dieser  war  noch  gefährlicher  als  die  Besteigung.  Da  es  
 allzu  viel Zeit  kostete,  auf  demselben Wege  hinabzusteigen,  
 auf  dem  wir  hinaufgeklettert  waren,  so  wandten  wir  uns  
 etwas  nach  der Westseite  hin,  wo  der  Berg  mit  bröckeligem  
 Trachytgeröll  bedeckt  ist.  Hier  versuchten  wir  wie  
 auf  einer  abhängigen  Schlittenbahn  hinabzugleiten,  ungeheuere  
 Felsmassen  vor  uns  den  steilen  Abhang  hinabrollend, 
   sahen  uns  aber  bald  genöthigt,  das  gefährliche  
 Wagniss zu unterlassen,  denn jeden Augenblick konnten wir  
 auf  einen  hervorstehenden  Trachytblock  stossen,  der  uns  
 mindestens  ein  Bein  gekostet  hätte.  Wir  mussten  somit  
 Schritt vor Schritt hinabsteigen, stets besorgend, dass Schutt  
 über unsern Häuptern sich loslösen und herabstürzen könnte,  
 und  gestanden  uns,  als  wir  nach  drei  Stunden  unser  Zelt 
 erreichten,  dass  von  allen  Bergen,  die  unser  Fuss  betrat,  
 die  Baula  am  schwersten  zu  besteigen  ist. 
 Mit  Hinblick  auf  die  vielen  Seen  in  der Umgegend  hatten  
 wir  auf  der  Baula  höchstem  Gipfel  beschlossen,  einen  
 ganzen  Tag  dazu  zu  benutzen,  um Wasservögel  zu  schiessen. 
   Wir  durften  hoffen,  ihrer  nicht  wenige  anzutreffen,  
 brachen  daher  am  nächsten Morgen  in  aller Frühe  auf und  
 ritten  das  ganze  Bjarnadalur  hinunter  durch  ein  Lavafeld,  
 bis  wir  an  einen  hufeisenförmigen See  kamen.  Hier  brütet  
 auf  einer  kleinen  Insel  die  Mantelmöve  (Larus  marinus),  
 ihres  dunkelgefärbten  Rückens  wegen  von  den  Isländern  
 Svartbakur  genannt.  Kaum war  ein Schuss auf einen dieser  
 schönen  Vögel  gefallen,  als  hinter  uns  schallendes  Hohngelächter  
 ertönte;  wie  konnten wir Menschen  in  dieser  einsamen  
 Gegend  vermuthen?  Das  Hohngelächter  hielt  noch  
 lange  an,  ohne  dass  wir  seine Urheber  entdecken  konnten;  
 endlich  gewahrten  wir,  einen  Felsvorsprung  erklimmend,  
 mitten  im  See  den  befiederten  Demokritos.  Ein  prachtvoller  
 Eistaucher  war es,  der die einer menschlichen Stimme  
 täuschend  ähnlichen  Laute  von  sich  gab  und  uns  zum  
 besten  haben  zu  wollen  schien;  denn  wiewohl  wir  mehrere  
 Stunden  hinter  Felsen  versteckt  auf  dem  Anstande  lagen,  
 Va.m  der  schöne  Vogel  nicht  einen  Augenblick  auf  Schussweite  
 uns  nahe,  sondern  hielt  sich  immer  mitten  im  See  
 auf.  Seine  Stimme  klang  übrigens  bisweilen  auch  wie  ein  
 heulendes  Jammern  und  in  den  umliegenden  Bergen  hallte 
 das  Echo  schauerlich  wider. 
 Auf dem  Rückritt  kamen  wir  noch an mehreren  kleinen  
 Seen  vorüber,  erlegten  einen  schönen  Taucher  (Col.  rufo-  
 gularis),  sonst aber wenige Wasservögel  (Eisenten und Pha-  
 laropen).  Schneehühner ,  die  in Menge  geschossen  wurden,  
 mussten  uns  für  die  verlorene  Zeit  entschädigen.