wie unserm gastfreundlichen Arzte; seine Schafheerden sind
unglaublich gross; er besitzt wohl ein halbes Hundert Pferde
und darunter einige von ganz besonderer Sicherheit, Ausdauer
und Geschwindigkeit, die er bei Krankenbesuchen in
entlegene Gegenden benutzt. Ferner ist er Eigenthümer
von vier Pachthöfen, von Weideland in sehr weiter Ausdehnung,
auch viele Fischereien sind in seinem Besitze.
Von unserer Wanderung heimgekehrt, bei der die Herren
Skaptason senior und junior die angenehmsten Ciceroni machten,
wartete unser ein ausgezeichnetes Abendessen. Hier genossen
wir in Island zum ersten mal warmes (Kalb-) Fleisch
(hjöt) und Eier von der überall häufigen arktischen Seeschwalbe,
welche selbst den so vielfach gerühmten Kibitzeiern
vorzuziehen sind. Was ihnen an Volumen fehlt, ersetzen sie
durch ihren Wohlgeschmack und ihre Zahl: es wurden an
dem einen Abend über 90 dieser kleinen Eier verzehrt. Am
interessantesten dabei war aber die Art und Weise, wie jeder
in seiner und in fremder Sprache sein Lob ausdrückte; englisch,
deutsch, französisch, dänisch, isländisch, lateinisch,
alles schwirrte durcheinander. Es klang bfei der lebhaft geführten
Unterhaltung höchst amüsant, wie unsere Gastgeber
in unsern Sprachen, wir in den ihren reden wollten, und so
die Zwiegespräche immer aus verschiedenen Idiomen zusammengesetzt
waren, wobei das Lateinische die allgemeine Vermittelungssprache
bildete. Nach manchem Scherze, mancher
Cigarre und manchem Gläschen feinsten Cognaks verfügte
man sich zur Ruhe. Wir schliefen in Betten, was uns
gänzlich ungewohnt vorkam. Vor dem Einschlafen wurde
jedem, isländischer Sitte gemäss, ein ungeheuerer Topf Milch
an das Bett gestellt, damit er gleich beim Erwachen sich
stärken könne. Fast sollte man glauben, dass die Isländer
den Schlaf für eine Anstrengung halten, denn überall bekommt
man gleich beim Aufstehen oder kurz vorher entweder
Kaffee, Milch oder Branntwein zur Stärkung vorgesetzt,
worauf erst in einigen Stunden das eigentliche Frohstock
folgt. So wenigstens fanden wir es in Reykjavik, m Akur-
eyri ’ in Reykjahli5, so auch hier in Hnausar. Leider waren
wir genöthigt ohne Herrn Skaptason, welcher in der Nacht
zu einem Kranken gerufen wurde, zu frühstücken. VoH
Erstaunen über die in den Ländern der Gasthäuser oft
kaum denkbare Gastfreundschaft, die er uns bewies, rer-
liessen wir nur ungern das niedliche Hnausar und setzten
unsere Reise nach Akureyri fort, Bolstaöarhliö zum Ziel der
heutigen Tagereise machend. Der Weg dorthin wird durch
den hohen östlich von Hnausar sich erhebenden Vatnsdals-
fjall bedeutend in die Länge gezogen. Dieser Bergzug.
nämlich sendet einen Ausläufer nach Norden, der ganz
umritten werden muss, um auf die andere Seite zu gelangen,
denn das Gebi^e ist so ausserordentlich felsig, hoch
und steil, dass man unmöglich hinüberreiten kann.
An Öxl vorbei ging es durch mehrere' besr hindurch zunächst
an die Giljä, welche sich in das Hünavatn genannte
Haff ergiesst. Der Cand. med. begleitete uns und theilte
uns manches über den Gesundheitszustand des isländischen
Volks mit, z. B. dass das Typhusfieber augenblicklich in
einigen Districten grassire, dass seit Jahren die lepra die
Isländer heimsuche und bei weitem die meisten Kinder dieser
schrecklichen Krankheit erliegen, dass die Syphilis m Island
unbekannt sei u. m. a. Auch über die Ableitung verschiedener
Ortsnamen gab er uns Aufklärung; warum aber
das Gehöft, welches wir nun erreichten, Beinakelda, d. i.
Knochensumpf heisst, vermochte er nicht zu sagen. Es
ist in der That eine sonderbare Bezeichnung, die kaum
irgendeine Vermuthung zulässt. Dagegen erklärt sich leicht
der Name des schönen, pyramidenförmigen, 2478 Fuss hohen
Bergs, den wir nun zur Rechten (im Süden) erblickten und
der Reykjanybba genannt wird. N ylla bedeutet eine Berg-
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