Luft und verkündeten den Bewohnern der entferntem Gegenden
die Schreckensscenen, die sich hier zutrugen. Das
Kirchlein von Reykjahliö ist von der vernichtenden Lava
verschont geblieben; während das ganze Gehöft an den
Ufern des Sees von Grund aus zerstört wurde, theilte sich
der Strom an der niedrigen, aus Rasen aufgeführten Kirchhofsmauer,
um sich jenseit derselben wieder zu vereinigen,
sodass das Gebäude vollkommen unversehrt in der Mitte
der Lava steht, welche an manchen Stellen dicht an der
Mauer die doppelte Höhe der Kirche hat. Das Gotteshaus,
rings umgehen von den finstern, starren und steil abfallenden
Lavawänden, macht einen eigentümlichen Eindruck,
wie wenn ein guter Engel seine schützenden Fittiche darübergehalten
hätte.
Endlich ergoss sich der wüthende Strom in den Mückensee
und «kochte», wie die Augenzeugen berichten, «einige
Tage lang wie Oel im Wasser» und tödtete fast alle Fische.
Dadurch ist der Mückensee so ausgefüllt worden, dass seine
grösste Tiefe nicht 30 Fuss übersteigt und viele kleine verbrannte
Inselklippen aus ihm auftauchen, welche die un- *
gewöhnliche Dunkelheit der Wasserfläche noch erhöhen, in
der sich die umliegenden schwarzen Berge abspiegeln.
Tiefes todähnliches Schweigen lagert über dem See, in seinem
Lavabett befinden sich zahlreiche Spalten und Höhlen,
und heisse Quellen steigen in seiner Mitte auf, welche mit
solcher Heftigkeit sieden, dass der Dampf sich zu beträchtlicher
Höhe erhebt. Während der grossen Eruption trocknete
der See ganz aus und erst nach acht Monaten ward
ihm sein Wasser wieder zugeführt. Durch das starke Erdbeben
versiegten auch die Flüsse, welche ihr Wasser in
den See ergossen. Seine Oberfläche gefriert im Winter
niemals und das lauwarme Wasser beherbergt eine Menge
Forellen und Lachse, welche deshalb grösser und besser
sind als an ändern Orten und im gedörrten und getrockneten
Zustande als vorzügliche Leckerbissen von den Wohlhabendem
aus den entferntesten Theilen Islands unter dem
Namen Myvatns-ReyÖir verschrieben werden; doch sollen
sie an Zahl gegen die frühere Generation, welche bei
dem vulkanischen Ausbruch ihren Tod fand, bedeutend
zurückstehen. Einige Inseln im See sind mit Gras und Engelwurz
(Archangelica officinälis) bewachsen, einer Pflanze,
welche die Isländer sehr lieben und im Herbste für den
Wintervorrath in Menge einsammeln.
Am ersten Morgen unsers Aufenthalts in Reykjahliö gewahrten
wir zu unserm Leidwesen, dass weder an eine orni-
thologische, noch an eine geologische Excursion zu denken
war; der Wind, welcher mit beispielloser Heftigkeit stürmte,
gestattete kaum im Freien einen Schritt zu gehen und
nöthigte uns, einen ganzen Tag im Zimmer zuzubringen.
Die Luft war so mit Staub angefüllt, dass wir die den See
umkränzenden Berge kaum zu sehen vermochten; den Vortheil
aber brachte der Sturm mit sich, dass die Mücken-
sohwärme um ein Bedeutendes verringert waren.
Unser Wirth, Petur Jonsson, besitzt ein ziemlich ausgedehntes
Gehöft und eine zahlreiche Familie. Sein alter
Schwiegervater mit eisgrauem Haupt und Bart, mahlt allmorgendlich
auf isländische Weise Mehl, welche Operation
hier noch ebenso vor sich geht, wie dies bei den uralten
Aegyptern Sitte war. Das Getreide kommt zwischen zwei
grosse, runde, übereinander liegende Lavaplatten; die untere
derselben liegt fest, die obere, mit einem Pferdeknochen als
Handhabe versehen, wird über der ändern rund gedreht
und mahlt die Körner zu Mehl. Wenn der alte Mann bei
dieser langweiligen Beschäftigung eine Cigarre von uns erhält
, die er für den höchsten Genuss zu erachten scheint, so
ist sein Glück vollständig. Abends spielt er mit seinen
Enkelchen im Lavafelde Yersteckenr
Nach dem Essen schickte unser Wirth zwei Pferdeladun