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 unausgesetzt  fortströmte. 
 Am  folgenden  Morgen  erwachten  wir  in  einer  ebenso  
 freudigen  wie  traurigen  Stimmung;  freudig,  weil  die  vielen  
 Entbehrungen,  Gefahren  und  Strapazen  der  langen  Reise  
 nunmehr  ein  Ende  hatten  und  wir  nach  Reykjavik  eilten,  
 das  uns  eine  zweite Heimat  schien;  traurig,  weil  der Kreis  
 der lehrreichen,  wechselvollen,  in jeder Hinsicht eigentümlichen  
 nordischen Tour  nun  in  sich  zurücklief.  Das unstete  
 Umherziehen,  die  wilden  Ritte  haben jetzt  ein  Ende-  un-  
 sern Freunden  und  der  civilisirten Welt  wiedergegeben ,  beginnen  
 wir  ein  neues  Leben. 
 Der  Regen  hatte  zwar  früh Morgens  nachgelassen,  aber  
 die  ganze  Landschaft  in  trüben  Nebel  gehüllt,  sodass  die  
 Engländer,  welche  gestern  in  tiefer  nächtlicher  Dunkelheit  
 angelangt  waren,  von der  Almannagjä,' welche  sich gerade,  
 von  der  Kirche  aus  gesehen,  so  malerisch  darstellt,  nichts  
 weiter  sahen  als  ein  paar  zerrissene  Felsen,  die  aus  dem  
 Dunstschleier  hervorragten. 
 Es  war  heute  Sonntag.  Von  den umliegenden Gehöften  
 kamen die Leute zum Gottesdienst herbei.  In den isländischen  
 Kirchen  beginnt  die sonntägliche Andacht  kurz  vor Mittag;  
 die  Ursache  dieser  späten Stunde  ist  die,  dass  die  Isländer  
 erst  ihre  Schafe sammeln  und  melken,  die  Pferde,  auf welchen  
 sie  zu  reiten  gedenken,  aufsuchen  und  nach  Hause  
 treiben,  und  sich  selbst  dann  in  bessere  Kleider  werfen  
 müssen.  Diese  Umstände,  verbunden  mit  der  Länge  des  
 Wegs,  den  manche  zu  reiten  haben,  macht  es  ihnen  unmöglich, 
   früher  bei der Kirche anzulangen.  Eine Karavane  
 nach der ändern erschien;  die Ankommenden gingen sämmt-  
 üch  zuerst  zu  ihrem  Seelenhirten  und  bewillkommneten  
 ihn  herzlich  mit  Händedruck  und  Kuss.  Dann  begrüssten  
 sie  einander  und  so  bietet  die  Versammlung  zur  Feier  
 des  Gottesdienstes  den  Isländern  zugleich  Gelegenheit  dar, 
 die Freuden  eines  gesellschaftlichen  Verkehrs  zu  gemessen, 
 deren  sie  so  vielfach  entbehren. 
 Unsere  Ungeduld,  nach  Reykjavik  zu  kommen,  war  so  
 gross,  dass  wir  um  Mittag  mit  Ölafur  auf brachen,  ohne  
 auf  die Packpferde,  die noch nicht zur Abreise bereit  waren,  
 zu  warten.  Nachdem  wir  Abschied  von  dem  freundlichen  
 Pfarrer  genommen,  ging es fort;  die beiden Engländer wollten  
 uns  in  einigen  Stunden  nachfolgen.  Wie  anders  erschien  
 uns die Almannagjä, als wir sie zuerst erblickten;  damals  
 wölbte  sich  der  sonnige Himmel mit wolkenloser Klarheit  
 über  den phantastischen Riesenmauern und  dem blauen  
 See,  heute  tröpfelte  der  Regen  von  dem  nackten  Felsgestein, 
   dessen höchste Zinnen in undurchdringlichen Nebelmassen  
 verschwanden  und  der  Sturm  jagte  heulend  durch  
 die zerspaltenen Lavaschluchten.  Noch einmal schauten wir  
 zurück,  um  diesem  grossartigen  Naturgemälde  vielleicht  
 ewiges  Lebewohl  zu  sagen,  dann  warfen  wir  die  Pferde  
 herum  und  ritten  über  die  trostlose  Steinebene  vorwärts.  
 Die  Runzeln  in  der  Stirn  des  Jupiter  pluvius konnten  aber  
 unsere  gute  Laune  nicht  trüben;  flogen  wir  doch  immer  
 näher auf Reykjavik zu,  wo wir Briefe aus der fernen Heimat  
 zu  finden  hofften,  denen  wir  so  lange  erwartungsvoll  entgegengesehen. 
 Der  Weg,  den  wir  vor  mehreren  Wochen  zurückgelegt  
 hatten,  schwebte- uns noch wohl  im Gedächtniss;  die Pferde,  
 denen  sich  jetzt  bessere  Tage  eröffneten,  liefen  zu  guter  
 letzt  mit  möglichster  Schnelligkeit,  sodass  wir  schon  nach  
 4y2  Stunden  im  grünen  Seljadalur  anlangten,  wo  wir  damals  
 die erste Nacht unterm Zelte verbracht hatten; hier hielten  
 wir  stehenden  Fusses  inmitten  des  furchtbarsten  Platzregens  
 ein Mittagsmahl  von  dem  letzten kärglichen Rest un-  
 sers  ursprünglichen reichen Lebensmittelschatzes.  Während  
 wir  noch  damit  beschäftigt  waren,  kamen  auch  die  beiden  
 Engländer  mit  ihren Führern  heran,  die  auf jede  Hoffnung