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Antritt der Beise in das Innere.
pingvalla und die Almannagja. Nächtlicher Ritt nach Kalmanstunga.
Ais wir auf ehr Fahrt zwischen Edinburgh und Island von
dem Ausbruch des Kötlugjä gehört, beschlossen wir mit Auf-
gebung einer früher beabsichtigten Reiseroute die Stätte der
Verwüstung zu besuchen und von da durch die Fiskivötn
(Fischseen) womöglich nach den gänzlich unerforschten Eisgefilden
des riesigen Vatnajökull vorzudringen; wir erfuhren
aber gleich nach unserer Ankunft in Reykjavik, dass die
Ausführung dieses Plans an die Unmöglichkeit streife; kein
Isländer wollte es wagen, uns nur an einen der drei genannten
Punkte zu führen, wiewohl wir ihm doppelten
Lohn boten, und wir hätten überdies uns auf mehrere
Wochen mit Heu für die Pferde versehen müssen, was in
Island mit grossen Unkosten verbunden ist. Wir hielten
daher unsern frühem Reiseplan aufrecht, demgemäss die
Almannagja, die alternirenden Quellen bei Reykholt, die
Surtshellir, der Baula, Mückensee, Krafla, die Schlammvulkane,
die Wüste im Innern, der Hekla und die weltberühmten
Geysir der Reihe nach besucht werden sollten.
Dieser Plan wurde auch- ausgeführt, leider aber blieben
Reykholts Quellen durch ein Misverständniss ungesehen und
aus Mangel an Zeit der Hekla unbestiegen; sonst war die
•ganze Reise sehr befriedigend, und wenn auch die Anstrengungen
und Ausgaben zu den Resultaten in keinem allzu
günstigen Verhältniss stehen sollten, so bleibt sie immerhin
eine der interessantesten, die man im Norden machen
kann, zwar nicht für den an europäischen Comfort und
Gasthöfe gewöhnten Weltmann, wohl aber für den, welcher,
mit weniger zufrieden, Freude hat an wilder Natur und
Sinn für die Geschöpfe, die sie beleben.
Am 21. Juni waren alle Vorbereitungen zu unserer Reise
in das Innere getroffen. Unsere Gesellschaft bestand aus
sechs Personen, nämlich? Dr. G. Benguerel, uns selbst, James
Hay (der meisterhaft Vögel abzubalgen versteht),
Qlafur Steingrimsson und Ami Sigurösson. Die beiden
letztgenannten Männer, von denen ersterer Fischer, letzterer
Silberschmied ist, waren unsere Führer und hatten zugleich
die 17 Pferde, die wir gekauft, zu beaufsichtigen. Es sind
wackere Leute, die wir jed^m nach Island Reisenden empfehlen.
Von den Pferden dienten sechs als Reitpferde, acht
als Packpferde und drei liefen frei von jeder Last nebenher,
um gelegentlich das eine oder andere Packpferd abzulösen.
Die Art und Weise, wie man in Island reist, ist höchst
originell. Nachdem jedes Packpferd mit einem aus zwei
Rasenstücken bestehenden Sattel (Iclifiberi) und zwei eigens
zu dem Zwecke eingerichteten Packkisten belastet worden,
wird der Schweif des vordersten mit dem Unterkiefer des
darauf folgenden Pferdes durch ein Seil verbunden und so
fort bis zum letzten; einer der beiden Führer reitet nun
stets an der Spitze dieser «Pferdekette», und führt, mit
kundiger Hand an einem langen Seile das erste Pferd lenkend,
den ganzen Zug über Stock und Stein. Der andere
Führer treibt die Pferde durch verschiedene lebhafte Geherden,
Fluchen, Rufen und kräftige Peitschenhiebe an und
bringt die widerspenstigen, die sich losreissen oder stehen
bleiben, zur Ordnung, sein eigenes Pferd durch fortwährende