machen. Ob dem so ist, bleibt zweifelhaft. Nach vielfachen
Zwistigkeiten in Island sah er sich veranlasst, wieder
nach Norwegen zu reisen, wo er zum Jarl gemacht
wurde; aber auch da fühlte er sich nicht sicher, denn sein
Ehrgeiz, seine Herrschsucht, seine Geldgier und seine treulose
Politik hatten ihm auch in Norwegen viele Feinde zugezogen,
und er kehrte deshalb im Jahre 1239 nach seiner
Heimat zurück, wo er noch zwei Jahre ruhig lebte, bis sein
eigener Schwiegersohn ihn ermordete, um sich in den Besitz
seiner grossen Güter zu setzen. Wie Cäsar erhielt er
noch kurz vor seinem Tode ein Billet, in dem die Absicht
seines Mörders ihm geoffenbart wurde. Da es aber in
einer ihm unbekannten Runenschrift verfasst war, konnte
er es nicht lesen.
Wenn auch Snorri Sturluson x) in seinem Leben nichts
weniger als mustergültig war, so ist er dagegen in seinen Werken
unerreicht. Drei sind es vornehmlich, die ihn unsterblich
machen: die Heimsliringla Saga» oder Königschronik, ein
historisches Meisterwerk; die neuere «Edda» und der
« HcdtalyMll».
Es ist hier nicht der Ort, auf diese Perlen der skandinavischen
Literatur näher einzugehen, wir müssen uns damit
begnügen, sie genannt zu haben, und setzen unsere
Reise nach Norötünga fort.
Bei dem Gehöft Siöumüli wendet sich der Weg , der bis
dahin eine westliche Richtung verfolgte, in einem rechten
Winkel nach Norden und führt durch wohlgepflegtes Weideland
eine kleine Anhöhe hinauf. Die erstaunliche Menge
der schönen goldgelben Dotterblumen (Caltha palustris, isländisch
IceTcjasöleyg oder höfbladka und höfgras) verlieh dem
i) Die Annalen sagen von ihm: «Hann var maÖr vitr oh marg-
froÖr, höfÖingi mikül oh slcegvitr.» Er war ein Mann, weise und
vielwissend, ein Fürst gross und verschlagen. ( Safn Ul sögu Islands,
Kopenhagen 1860, II, 1, 29.)
Hügel einen freundlichen Anblick. Diese Pflanze wächst in
grösserer Menge nur in der Nähe menschlicher Wohnungen,
wo das Gras immer wohlgedüngt und feucht gehalten wird.
Sie ist daher den Reisenden stets ein sicherer Anhaltpunkt,
denn wenn man aus der Ferne im Grünen einen solchen
gelben Fleck sieht, so kann man überzeugt sein, dass eine
menschliche Ansiedelung in der Nähe ist. Auf der Hugelhohe
angelangt, überraschte uns freudig der Anblick der herrlichen
spitzen Kegelform der Baula, das unerreichte Ziel
manches frühem Reisenden. Auf der ändern Seite der Anhöhe,
die, wie die Ifvitarsiöa, aus Basalt besteht, entdeckten
wir die schönsten Stilbite und Mesotype, die wir
jemals gesehen. Wir sammelten von den Prachtexemplaren,
so viel wir nur zu tragen vermochten, und mit grossem
Widerstreben verliessen wir den ergiebigen Fundort und
eilten schwerbeladen im Galop den weit vorausgerittenen
Führern.nach. Sie hatten inzwischen mit den Packpferden
einen kleinen Fluss, die fverä, Nebenfluss der Hvita, gekreuzt
und waren am jenseitigen Ufer bereits mit dem Aufschlagen
des Zeltes beschäftigt. Norötünga ist der Name
des armseligen Gehöfts, wo wir die helle Nacht zubrachten
mit der Aussicht auf die über die nächsten Berge hoch
hervorragende Baula. In dieser Nacht wurde unser Zelt
von dem überaus heftigen Winde fast umgeweht, auch fiel
der erste Regen darauf nieder. Am folgenden Morgen
brachte uns eine theilnehmende Isländerin Kaffee, Milch,
Butter, Schwarzbrot und heisses Wasser für unsere Bouillonessenz
in das Zelt.
Gleich nach dem Frühstück brachen wir auf, um möglichst
bald die Baula zu erreichen. Das Wetter war so günstig,
dass es das Gelingen unsers Plans, die Baula zu besteigen,
versprach. Ein dreistündiger Ritt brachte uns auf eine
Berghöhe, Kallsfell genannt, von wo aus wir die prachtvollste
Aussicht auf das ausserordentlich tiefe Bjarnadalur
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