zuerst erreichen wollte. Dort angelangt, begannen sie sogleich
sich in dem hohen Grase gütlich zu thun; die schwimmenden
Pferde in dem reissenden Flusse gewährten einen
sehr schönen ungewohnten Anblick, den nicht leicht ein
anderes Land Europas dem Reisenden bieten mag, denn es
giebt keins, welches so brückenarm wäre wie Island. Endlich
setzten wir selbst über und nachdem die Pferde wieder
gesattelt und bepackt waren, konnte nach einer zweistündigen
Unterbrechung die Reise fortgesetzt werden; doch
hatten wir noch 20 durch Schnee und Regen genährte, meist
ziemlich tiefe Bergwasser mit starkem Gefälle, welche sich in
den Heraösvatn ergiessen, zu kreuzen, ehe wir nach Miklibser
(Hauptgehöft) gelangten, welches auf einer Wiese am Flusse
gelegen ist. Diese ersoheint durch blühenden Hahnenfuss und
unzählige Dotterblumen stellenweise ganz gelb gefärbt, ein
ausgedehnter grüner Teppich mit Goldstickerei durchwirkt.
Es gewährt einen angenehmen Anblick, noch wohlthuender
jedoch ist es, sobald der Zug der Reisenden sich einem Gehöft
nähert, einen dichten Rauch aus dem Dache emporwirbeln
zu sehen. Auf dem Herde in der Küche wird dann schon
der Kaffee für die Ankommenden zubereitet. Auch hier bekamen
wir sogleich das unvermeidliche Getränk und als
Nachtlager von dem Pastor die Pfarrkirche angewiesen, in
welcher wir unser Abendessen einnahmen, dann wurden die
Schlafstätten zurecht gemacht, die sich heute dureh besondere
Behaglichkeit auszeichnen sollten; in der Kirche hatten
nämlich die Bauern einen grossen Vorrath von Schafwolle
aufgehäuft, und auf jeder Seite von einer Betbank eingeschlossen,
gab diese ein sehr weiches, wenngleich nicht besonders
duftendes Lager ab. Obgleich die Isländer meist durch
tiefe Religiosität sich auszeichnen, so scheuen sie sich doch
nicht, Möbel, Kleider, Fischgeräthe, Wolle u.dgl. in ihren
Kirchen aufzubewahren.
Da die Führer uns angekündigt hatten, dass wir wegen
der Ermüdung der Pferde, welche durch die Regenschauer
und schlechten Wege viel litten, nicht frühzeitig am folgenden
Tage aufbrechen könnten, schliefen wir auf unserm
köstlichen Scbafwollbett, bis die Sonne hoch am Himmel
stand. Der Pastor vertauschte zwei junge noch unbeschlagene
Pferde gegen zwei wundgedrückte von uns und bewir-
thete uns zum Abschiede mit einer Flasche vortrefflichen
Madeira.
Die Hitze war noch ziemlich gross, als wir am Spätnachmittag
uns in Bewegung setzten, um unserm Ziele wenigstens
einige Stunden näher zu rücken. Das Thermometer,
welches, wie es im ganzen Nordlande bei jedem Gehöft
Sitte ist, in einem schmalen hölzernen Kästchen über
der Hausthür zu Miklibaer hing, zeigte 33° C. in der Sonne.
Das Gehänge des Thals ist mit sehr zahlreichen Meierhöfen
bedeckt, von denen Silfrastaöir der grös§te ist; daselbst
befindet sich -auch eine annexia. Zu unserm grössten
Bedauern befand sich Mn. Hay unwohl; er hatte schon
verflossene Nacht über Unpässlichkeit geklagt; hinter
Silfrastaöir aber steigerte sich diese so, dass er sich ge-
nöthigt sah, vom Pferde zu steigen und sich todtmatt auf
einen Lavablock am Wege zu setzen, während er vom
glühendsten Fieber geschüttelt, an allen Gliedern heftig zitterte.
Unsere Besorgniss erreichte den Höhepunkt und doch
konnte an diesem Platze unsers Bleibens nicht sein, er
musste fort; er raffte alle seine Kräfte zusammen und setzte
sich, auf jeder Seite unterstützt, wieder auf das Pferd, um
das nächste, noch eine Stunde entfernte Gehöft zu erreichen.
Bei Silfrastaöir verfressen wir den Heraösvatn und ritten in
einem rechten Winkel einen Nebenfluss, die NorÖurä, aufwärts,
welcher in einem engen steilen Thale dahinrauscht.
Trüben Gedanken hingegeben, ritten wir alle lautlos und
still einher, sodass wir kaum gewahrten, wie der Schnee
der hohen Berggipfel durch die untergehende Sonn© im