den Strahlen die langen Winternächte spärlich erhellt1),
’) Ueber das beim Nordlicht gehörte Geräusch hatten wir Gelegenheit,
die Erfahrungen vieler Isländer zu sammeln, aus welchen
sich aber nur widersprechende Resultate ergaben, indem einige dasselbe
auf das bestimmteste bestätigten, andere mit der grössten Entschiedenheit
in Abrede stellten, es je vernommen zu haben. Einige
der zuverlässigsten Zeugnisse mögen in Folgendem erwähnt werden.
Graf Trampe, der dänische Stiftsamtmann, hörte, wenn das
'Nordlicht am Himmel stand, fast immer ein Knistern; da es aber
meist nur in kalten und stillen Nächten erscheint, so glaubt er, dass
das Geräusch vom knisternden Schnee oder Eis herrühre.
Herr Kaufmann Karl Franz Siemsen von Hamburg und der Lan-
desphysikus Dr. Jön Hjaltalin in Reykjavik, zwei ausgezeichnet wissenschaftlich
gebildete Männer, haben ebenfalls das Nordlicht stets
von einem Geräusch begleitet gehört, können aber der von Graf
Trampe aufgestellten Erklärung nicht beipflichten.
Herr Jörgensen in Reykjavik und Kaufmann Hygom, der eine Factorei
in Hafnarfjöröur besitzt, haben es auch unzähligemal vernommen.
James Hay, ein schlichter Shetländer, der uns auf der Reise begleitete,
während welcher wir oft Gelegenheit hatten, seine merkwürdige
Beobachtungsgabe und seinen scharfen Blick zu bewundern,
der ihn z. B. in geologischen Fragen immer das Richtige treffen liess,
hörte uns noch während unsers Aufenthalts in Edinburgh über das
Nordlicht sprechen, und sagte, ohne dass wir des Knisterns erwähnt
hatten, dass auf seiner Heimatinsel Unst stets mit dem Northern light
ein Geräusch verbunden sei, wie wenn jemand Kaffeebohnen durch
Rütteln in einem flachen Sieb aushülst. Dieser keineswegs von uns
hervorgerufenen Bemerkung mag wohl das grösste Gewicht beigelegt
werden.
Oddur Gislason, Student am Collegium in Reykjavik, mit welchem
wir sehr viel verkehrten und welcher uns manche wichtige Aufschlüsse
über Island gab, versicherte uns auf das bestimmteste, dass
nie ein Isländer jenes Geräusch vernommen habe,, und erbot sich,
jeden Bewohner von Reykjavik zum Zeugen aufzurufen.
Jösep Skaptasen, Districtsarzt in Hnausar (Hünavatns^ysla), hat
niemals knistern gehört; der Apotheker Oddur Thorarensen zu Akur-
eyn am Eismeer, hat ebenfalls weder an diesem Orte, noch in Reykjavik,
wo er früher lebte, jemals das fragliche Geräusch bemerkt;
gleichfalls nicht der zu Akureyri wohnende Sveinn Skülason, Re-
dacteur der Zeitung « NorÖri».
Aus diesen einander widersprechenden Beobachtungen möchte
das H rsevarelldurund andere meteorologische Phänomene.
2)
Eine der schönsten Erscheinungen aber bleibt das Abend-
und Morgenroth in Island. Nicht nur der Theil des Himmelsgewölbes,
an dem die Sonne auf- oder untergeht, erscheint
in den glühendsten Farben, das ganze Firmament
ist roth und goldig, und die sonderbarsten Wolkenbildungen,
auf das verschiedenartigste gefärbt, reissen uns zu stummer
Bewunderung hin. Es scheint als ob die Natur am Feierabend
sich damit ergötze, allerlei Phantomgestalten am
Himmel zu schaffen und wie im Gaukelspiel dem staunenden
Menschenauge Phantasiegebilde, Caricaturen und Luftlandschaften
vorzuspiegeln. Nur wer das Alpenglühen der
Schweiz kennt, vermag sich annähernd einen isländischen
Sonnenuntergang vorzustellen. Dieser aber ist unvergleichlich
viel schöner, indem in Island das Alpenglühen nicht
allein auf die höchsten Bergspitzen beschränkt ist, sondern
über die ganze Gegend seinen Purpur ergiesst und bedeusich
schwerlich ein Schluss ziehen lassen; die Aussagen derjenigen
Personen aber, welche das Geräusch wirklich gehört haben, fallen
schwerer ins Gewicht, als die derjenigen, die es nicht bemerkt haben.
*) Das Hrsevarelldur ist eine Art Irrwisch, das sich in dunkler
Nacht an die metallenen Knöpfe der Kleidung ansetzt, welche Hann
heftige Funken sprühen, oder wie mit einem strahlenden Heiligenschein
das Haupt umzieht; von den Isländern wird esr für umherfliegende
kleine Stückchen Nordlicht gehalten.
2) Stjörnurhap (von stjärna,' Stern und hrap, Sturz), Sternschnuppen,
sind von allen, .die wir befragten, ohne Ausnahme vielmals
beobachtet worden, und alle stimmen darin überein, dass sie weit
seltener im August erscheinen als im November, und zwar in der
Zeit vom 11. bis 14. dieses Monats oft in ungeheuerer Anzahl; rosa-
bangur ((rosi, Sturm, und bangur, Ring), Ringe um den Mond; hjä-
solar hjä, neben, und sol, Sonne), Nebensonnen, oft bis neun an
der Zahl; vigahnöttur (von vigur, kriegerisch, und hnöttur, Kugel),
Feuerkugeln; hallstjarna, Kometen u. a. m.
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