gemach, in dem ein unerträglich übler Geruch herrschte,
dafür aber so nass, feucht und schlecht verschlossen war,
dass eine sehr unangenehme Nacht befürchtet wurde. Noch
unerfreulicher war der Anblick, welcher sich uns beim
Oeffnen der Packkisten darbot: durch den Regen waren die
grössten Verwüstungen unter unsern Habseligkeiten angerichtet
worden; das Gefieder der abgebalgten Vögel hatte
beträchtlich gelitten, unsere Kleider und Bücher und, was
das Schlimmste war, auch unsere Nahrungsmittel waren
theilweise nass und durchweicht. Beim Einbruch der Nacht
war die ganze Gegend in undurchdringlichen Nebel gehüllt,
sodass man von dem See und den umliegenden öden Bergen
nichts zu sehen vermochte. Eine eigenthümliche Erscheinung
war es, wie die dichtesten Theile des Nebels
wie grosse Flocken in dem Dunstschleier umherflogen.
Um Mitternacht langte auch unser neuer Führer, Jön
Yngjaldsson aus Myri an, ein Isländer mit offenem, intelligentem
Gesicht, grossen blauen Augen und vollem, blondem
Bart; er hatte ein Packpferd bei sich, beladen mit einigen
Decken, einem Sack mit Lebensmitteln und einem kleinen
Zelte.
Die Familie zu Ishöll hatte sich den Tag über mit Heumachen
beschäftigt. Die Bewohner dieses entlegenen Meierhofs
riefen uns die schönen Worte Henderson’s ins Ge-
dächtniss, mit welchen er das patriarchalisch-naturwüchsige
Leben auf einem Gehöft im Innern Islands rühmt: «Ich
konnte nicht genug die Fröhlichkeit und Zufriedenheit bewundern,
welche auf allen Gesichtern leuchtete, und ich
überzeugte mich mehr als je von der Wahrheit, dass Glückseligkeit
an keinen Stand gebunden ist und dass, je geringer
unsere wirklichen Bedürfnisse sind, desto ungestörter
der Genuss des Lebens ist. Rein von den Lastern, welche
das verfeinerte Leben begleiten, bewahren sie die ganze
ursprüngliche Einfachheit der Natursitten, und unbekannt
mit der List und dem Betrug, der Treulosigkeit und Verstellung,
welche nur zu oft in zahlreichen Gesellschaften
herrschen, sind sie im höchsten Grade arglos, gutmüthig
und freigebig.»
Wie traurig mag hier in dem einsamen, von aller Welt
abgeschlossenen Gehöft die lange Winterzeit dahinschleichen,
wenn die bergigen Wildnisse ringsum, meist in dunkle Nacht
gehüllt, im Schnee und Eis erstarren. Dann sitzen sie
beim spärlichen Schein einer Oellampe in dem armseligen
Gemach, der Hausvater liest, getreu der Sitte seiner Vorfahren,
aus einem alten Sagenbuche längst verklungene
Geschichten vor oder unterrichtet seine Kinder im Lesen
und Schreiben, während die weiblichen Hausgenossen Netze
zum Fischfang stricken, Wolle weben oder Seile aus Pferdehaar
flechten.
Die Nacht war ungewöhnlich feucht, und unser Bett,
aus einer Decke und einem Sattel bestehend, recht kalt.
Da in Ishöll für mehrere Tage der letzte gute Weideplatz
war, so liessen wir die Pferde morgens ruhig grasen und
brachen nicht vor Mittag auf. Unsere Karavane bestand
aus sieben Personen, darunter drei Führer, und 17 Pferden;
wir besassen drei Zelte und Lebensmittel fü r. voraussichtlich
acht Tage. Mr. Hay sorgte in ausreichender Weise
für seine Costümirung; er hatte, um sich gegen den Regen
und die Kälte zu schützen, zwei Paar dicke, sehr warme
Shetlandstrümpfe an, ein Unterbeinkleid, zwei Paar Beinkleider
mit wasserdichten Gamaschen (leggings) darüber,
zwei flanellene Hemden, über die Weste eine wollene Schärpe
gewunden, zwei Röcke, und über dieses alles einen weiten
Regenmantel. Durch diese Menge von Bekleidungsgegenständen,
welche bei besonders kaltem und nassem Wetter
noch durch ein zweites Unterbeinkleid und eine Flanelljacke,
sowie durch eine turbanartige Schlafmütze vermehrt
wurden, war er so angeschwollen, dass er sein Gewehr