unerträglicher Geruch, der vom Strande korrupt und von
verfaulenden Seethieren und Fischeingeweiden, sowie von
den in Menge zum Trocknen ausgebreiteten und dann aufgehäuften
Stockfischen herrührt, würden ohne Zweifel viele
Krankheiten unter den sorglosen Einwohnern verursachen,
wenn nicht das Klima Islands so ausserordentlich gesund
wäre, dass es diesen schädlichen Lokaleinflüssen vollkommen
das Gleichgewicht hält. Die erstaunliche Klarheit der
Luft wird von allen Reisenden hervorgehoben. Meilenweit
entfernte Berge glaubt man anfangs in Bälde erreichen zu
können. Daraus erklärt sich zum Theil, welch ungeheuere
Sehkraft das Auge eines Nordländers im Vergleich mit Bewohnern
südlicher Zonen- besitzt.
Die Temperatur der Luft ist im Verhältniss zu ändern
Ländern auf derselben Breite sehr gemässigt. Nach den
neuesten Angaben beträgt sie nämlich in Reykjavik im
Mittelx):
9 Nach Humboldt («Kleinere Schriften»; Stuttgart 1853,1, Taf. I, 69)
beträgt in Reykjavik die mittlere Temperatur des Jahres: -f- 4°, des
Winters: — 1,6°, des Sommers: + 1 2 °, des Frühlings: + 2 ,4 °, des
Herbstes: + 3 ,3 °, des wärmsten Monats (Juli): +13,5°, des kältesten
(Februar): — 2,1 , alles nach dem hunderttheiligen Thermometer.
Nach der von Löwenberg seiner Uebersetzung von Humboldt’s
«Asiatischen Fragmenten» beigefügten Tabelle (Berlin 1832) beträgt
in Reykjavik die mittlere Temperatur des Jahres: + 4,46° C., des.
Sommers: +13,86° C., des Winters: + 2 ,2 ° C., welch letztere Angabe
ohne Zweifel verdruckt ist.;
Horrebow’s in Bessastaöir vom 1 . August 1749 bis zum 31. Juli
1751 täglich einmal gemachte Beobachtungen ergeben folgende Resultate
: der höchste Thermometerstand war + 21,25 ° C. am 30. Juli
1751, der niedrigste — 16,25° C. am 25. Januar desselben Jahres.
Vom 29. August 1749 bis zum 26. April 1751, also in 606 Tagen,
hat er 151 Nordlichter verzeichnet, und zwar einmal in 27 Tagen
(vom 1. bis 27. Februar) 18; dagegen vom 27. April bis 30. Juli
(95 Tage) keins. Es lohnt nicht die Mühe, aus Horrebow’s Beobachtungen
eine mittlere Jahres- oder Monatstemperatur auszurechnen,
da das Thermometer vom 1. August 1749 bis Mitte October 1750
im Jahre: -f- 4,125° C.;
im Sommer:,-J- 12° C.;
im Winter: — 1,5° C. l)
Hiernach ist die mittlere Jahrestemperatur der Luft in
Reykjavik nicht geringer, als die von dem 8—9 Grad südlicher
gelegenen Moskau 2), während die von Archangelsk und
Gotthaah (in Grönland), welche beide ungefähr auf demselben
Parallelkreise mit Reykjavik liegen, 3— 6 Grad niedriger
ist. Es gibt keinen nördlicher gelegenen Ort, welcher eine'
so hohe Temperatur aufzuweisen hätte, mit einziger Ausnahme
des Nordcaps in Skandinavien. Wie diese günstigen
klimatischen Verhältnisse durch den Golfstrom zum Theil
bedingt werden, hat Sartorius von Waltershausen in seiner
vortrefflichen Schrift: «Physisch-geographische Skizze von
Island» (Göttingen 1847), in einleuchtender Weise dargestellt.
Von den atmosphärischen Erscheinungen Islands berühren
wir hier nur in Kürze die ungewöhnlichern.
Donner und Blitz sind in Reykjavik und überhaupt in
ganz Island selten. Wir haben im Sommer 1860 kein
Gewitter beobachtet. Desto häufiger aber sieht man das
magische Nordlicht, welches mit seinen zauberisch glänzentbeils
in der Stube, tbeils im Freien aufgebängt war, und ausser-
dem sein Bucb mit Druckfehlern überfüllt ist. Der niedrigste Barometerstand
war 26" 6,5'" am 11. Februar und 24. März 1750, der
höchste 28" 9'" am 18. November 1750. Unterschied 2" 3 , 5 pariser
Mass.
Callisen (PhysisJc-medicinislc Beskrivelse over Kjobenhavn, I, 96 )
gibt die mittlere Jahrestemperatur der Luft nach jahrelangen in
Bessastaöir angestellten Beobachtungen zu + 4° C. an. Sartorius
von Waltershausen endlich («Physisch-geographische Skizze von Island
», S. 31) sagt, die«mittlere Temperatur des Jahres in Reykjavik
sei + 4,5° C.
J) Siehe Almanak um är 1861. Loptslag ä nokkrum stödum.
A f H. C. F. G. Schjellerup, Observator.
a) Die Winter sind freilich in Moskau bedeutend kälter und die
Sommer bedeutend heisser als in Reykjavik.
Island. 2