Sie ist vollständig finster, während man die vorige auch
ohne künstliche Beleuchtung zu erreichen vermag, weil
durch die Oeffnung der Haupthöhle genug Licht durchdringt.
Diese dunkle Höhle ist kaum halb so gross wie die
Knochenhöhle und durch ihre Lavastälaktiten ausgezeichnet,
die zwar nicht, so lang, wie die in der Haupthöhle, aber
an ihrer Wurzel viel breiter sind. Herabsteigend durch
einen hesondern Eingang gelangten wir wieder in die Haupthöhle
zurück, darauf in die fast gerade gegenüberliegende
Vik (Buchthöhle), deren Eingang etwas höher und nicht
so leicht zu erreichen ist. Sie' ist die. grösste von allen
Nebenhöhlen des Surtshellir. In ihr findet man die längsten
und schönsten Tropfsteine und in sehr grösser Menge;
hier ist es, wo die Räuberbande vor 900 Jahren hauste,
die daher hellismenn, d. i. Höhlenmänner genannt wurde;
hier sang der Dichter Eorvaldur *) dem Riesen Surtur sein
schönstes Poem vor, wie es in den ältesten Zeiten in Island
Sitte gewesen sein soll; hier war der Hauptaufenthaltsort
des Feuerfürsten, dem niemand zu nahen wagte.
Im Innern finden sich aus j enen Zeiten noch Leberreste, die
weit über ein halbes Jahrtausend lang unangetastet von Menschenhänden
dalagen. Einstmals nämlich, so erzählte uns Öla-
fur die Sage, unternahmen die 24 Troglodyten, nachdem sie
lange nichts von sich hätten hören lassen, alle zusammen
einen grössern Streifzug, ;um mit Gewalt das zu erreichen,
was ihnen mit List nicht gelungen war, nämlich Viehraub.
Sie hatten bereits einen benachbarten Hof überfallen und
gänzlich ausgeplündert und schickten sich, mit Beute reich
beladen, zur Rückkehr an. Unterwegs aber sahen sie sich
plötzlich in einem engen Thale von einer grossen Menge
Bauern umzingelt, die aus der ganzen Umgegend zusam-
J) porvaldur, siehe Landnämabök, III, 10, und hellismenn, ebenda,
I, 20 (Ausgabe von 1774).f
mengeströmt waren, um vereint ihrem gemeinsamen i emde
entgegenzutretön. Ihre Zahl war so gross und vermehrte
sich noch so, dass jeder Widerstand von seiten der Banditen
nutzlos blieb und sie fast alle niedergemacht wurden.
Die wenigen, die entkamen, flüchteten ins Gebirge. {)
Aber seit der Zeit wagte jahrhundertelang niemand .sich
in die Höhle hinein, bis Rqisendo kamen, welche sie besuchten
und den mistrauischen Isländern zeigten, dass man
lebendig wieder herauskomme.
Man sagt zwar, der Surtshellir sei noch bis zu Anfang
des vorigen Jahrhunderts bewohnt gewesen; diese Nachricht
entbehrt indess jeder Bestätigung.
Ueberbleibsel jener Zeiten sind dreierlei. Die Thierknochen,
die wir in der Vikhöhle fanden, sind dieselben
wie die in der gegenüberliegenden Knochenhöhle, nämlich
Schaf- und Rinderknochen. Die Behauptung, dass das Vieh
sich in den Schneestürmen hierher geflüchtet habe und hier
umgekommen sei, zeugt von geringem Nachdenken oder gar
keiner Sachkenntniss, denn es ist unmöglich, dass die Thiere
von selbst in diese Höhlen gelangt seien, weil die Eingänge
zu denselben aehr hoch sind und zu weit im Innern
der Haupthöhle liegen, als dass diese bis dahin hätte zugeschneit
sein können, um so ihnen auf dem gefrorenen
Schnee den Zugang zu ermöglichen. Demnach rühren die
Knochen von Thieren her, die mit Gewalt ohne allen
Zweifel von den Räubern in die Höhlen gebracht wurden.;
auffallend dabei ist nur ihre ungeheuere Anzahl, indem der
Boden der Knochenhöhle fast ganz damit bedeckt ist, und
auch in der Vikhöhle, dem eigentlichen Wohnsitze der Bani)
Vgl. Maurer ,(S.. 269—275)., der die S^ge ausführlich und etwas
anders erzählt und zugleich Aufschluss über die Ableitung der Eyriks-
gnypa gibt. Ölafsson, welcher sie ähnlich berichtet, fügt hinzu, 'das
enge Thal habe seitdem Umsätur (das Thal des Hinterhalts) geheissen.