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 Nacht  von  dem Sumpfe,  in  dem  wir  campirten und  der  ein  
 allzu  schlechter  Weideplatz  war,  soweit  es  ihnen  die  zusammengebundenen  
 Vorderbeine  nur  gestatteten.  Daher  
 dauerte es lange,  ehe sie alle eingefangen,  gesattelt  und  bepackt  
 waren.  Erst  gegen  9  Uhr  konnten  wir  aufbrechen,  
 zwar  froh  diese  menschenleere,  vegetationslose,  nur  von  
 einigen  scheuen  Vögeln  bewohnte  Gegend  zu  verlassen,  
 aber  zitternd  vor  Kälte.  Es  wehte  ein eisiger Ostwind,  nur  
 6°  C.  zeigte  das  Thermometer,  und  nachmittags,  als  die  
 Sonne  schien,  hatten  wir  seihst  an  Felsen,  die  den  Strahlen  
 fortwährend ausgesetzt waren,  nur 14° C.  Der Weg führte  
 über  einen  hohen  Gebirgskamm  in  gerader  Richtung  nach  
 Norden, an dem östlichen, mit Schnee bedeckten Ufer des Hol-  
 tavöröuvatn entlang.  Die Norörä,  welche den Ausfluss dieses  
 Sees  bildet,  hatten  wir  bereits  gestern  kurz  vor  ihrer  Entstehung  
 durchritten,  heute  hofften  wir,  von  der  Höhe  aus  
 den  ganzen  Umfang  des  Sees  überschauend,  den  in  ihn  
 hineinfliessenden  Strom  zu  sehen,  der  auf  der  Karte  nicht  
 verzeichnet  ist.  Aber  wiewohl  wir jeden Winkel,  jede Biegung  
 der Ufer genau betrachteten, konnten wir dennoch nicht  
 einmal  einen  Bach  entdecken,  der  dem  See  sein  Wasser  
 zugeführt  hätte,  sodass  dieser  lediglich aus  geschmolzenem  
 Schnee und Eis  gebildet  sein muss.  Die Westseite  ist  ganz  
 mit bis  in  das Wasser  hineinragenden  gletscherartigen Eiskrusten  
 bedeckt  und  ringsumher  liegt  viel  Schnee,  sodass  
 der  Ausfluss  des  Sees,  denkt  man  sich  diesen  aps  Schnee-  
 und  Eiswasser  bestehend,  gross  genug  ist,  einen  Fluss  wie  
 die  NorÖrä  zu  bilden.  Diese  ist  daher  auch  hei  Tage  reis-  
 sender  und  wasserreicher  als hei Nacht,  weil da die schmelzenden  
 Sonnenstrahlen  fehlen  und  Eis  Eis,  Schnee  Schnee  
 bleibt.  Wir  hatten  diese  in  Island  besonders  auffallende  
 Erscheinung  mehrmals  zu  beobachten Gelegenheit  und werden  
 darauf zurückkommen. 
 Wie  die  letzte Nacht  eine  der unangenehmsten  war,  die  
 wir  in  Island  erlebt,  so  auch  der  heutige Tag.  Der  Wind,  
 der  das Zelt  beinahe  umstülpte,  und  der Regen,  der  durch  
 die  Leinwand  drang  und  unser  ohnehin  nicht  trockenes  
 Lager  vollends durchnässte,  verliessen uns auch heute nicht,  
 wenigstens  hielten  beide  mit  fast  ununterbrochener  Starke  
 bis  zum  Spätnachmittage  an.  Das  Einzige,  was  bis  dahin  
 in  der  unbeschreiblich  Öden,  völlig  unbewohnbaren  Gegend  
 sich  als  bemerkenswerth  uns  darbot,  war  eine  200  Fuss  
 hohe,  vollständig  senkrechte  Felswand,  in  die'regelmassigsten  
 fünf-  und sechsseitigen Figuren  getheilt,  die Kopfe von  
 horizontal  liegenden Basaltsäulen,  welche  also  einem Gange  
 angehören.  Es  gewährte  dies  mit  der  wüthend  dahm-  
 brausenden Hrutafjaröarä einen imposanten Anblick, der gewaltig  
 abstach gegen die übrige höchst uninteressante Gegend.  
 Dieser  Strom,  dessen  zahlreiche  Nebenflüsse  wir  kreuzen  
 mussten,  bildet  die Grenze  zwischen  der  öden  Strandasysse  
 und  der  üppigen  Hunavatnsyssel.  Er  wälzt  seine  weiss-  
 lichen  Fluten  in  das  Nördliche Eismeer,  das  wir  schon  vor  
 Mittag  von  der  schneebedeckten  Höhe  aus  erblickten.  Es  
 war  an  allen  Stellen,  an  denen  wir  es  während  unserer  
 Reise  an  der  Nordküste  Islands  (vom  ?0.' Juni  bis  zum  
 10.  Juli)  sahen,  vollständig  eisfrei.  Jedoch  ist  die  Lime,  
 bis  zu  welcher  das  Treibeis  sich  erstreckt,  nach  der  Angabe  
 mehrerer  küstenbewohnenden  Isländer in  jedem  Jahre  
 sehr  verschieden,  ebenso  wie  die Zeit,  bis zu welcher es anhält. 
   Im  allgemeinen  steht  nur  fest,  dass  man  im  Juli  
 und  August  in  Island  sehr  selten  Treibeis  sieht;  dagegen  
 soll  im  Winter  das  Meer  zwischen  Grönland  und  Island  
 derart  mit  Eis  bedeckt  sein,  dass  nicht  nur  jede Schiffahrt  
 ganz unmöglich gemacht  wird,  sondern  auch Eisbären  (TJr-  
 sus  maritimus)  auf  den Schollen nach Island gelangen.  den 
 Schäfern  unwillkommene  Gäste.  Die  grösste  AnQzahl  Bären, Island.  °