
 
        
         
		Pflanzenformen,  die  bisjetzt  in  keiner  ändern  Erdgegend  
 gefunden  worden  sind. 
 Das  Verlangen,  die  seltenem  Thiere  kennen  zu  lernen  
 und  namentlich  das  Leben  der  borealen  Vögel  in  freier  
 Natur  zu  beobachten,  sowie  die  geognostischen  und  mineralogischen  
 Eigentümlichkeiten  und die  einzig  in  ihrer Art  
 dastehenden Naturwunder Islands näher zu untersuchen^,  war  
 es,  was  uns  veranlasste,  der  zuvorkommenden  Einladung  
 des  Herrn  Dr.  G.  Benguerel  Folge  zu  leisten,  welcher  uns  
 freundlichst  aufforderte,  ihn  auf  seiner  schon  länger  vorgehabten  
 isländischen  Reise  zu  begleiten.  Es  bot  sich  uns  
 so  eine  äusserst  günstige  Gelegenheit  dar,  einen  Sommer  
 in diesem,  von Fremden  nicht allzu häufig  besuchten Lande  
 zuzubringen. 
 Wir verliessen demnach am 31. Mai 1860 Bonn,  um über  
 Rotterdam  nach  Edinburgh  zu  reisen,  wo  wir  mit  Herrn  
 Dr. Benguerel  zusammenzutreffen  und  uns  nach Island  einzuschiffen  
 gedachten. 
 Die Fahrt den Rhein hinunter  nach Rotterdam ist höchst  
 einförmig.  Das  Rheinland  verliert  seinen  Zauber  gleich  
 unterhalb Bonn,  welches  mit  dem berühmten Siebengebirge,  
 mit  Godesberg,  'Rolandseck  und  vielen  ändern  schönen  
 Punkten  den  würdigen  Abschluss  bildet  in  der  langen  
 Reihe  von  Naturschönheiten,  mit  welchen  die  Ufer  des  
 Rheinstroms  von  seiner  Quelle  an  ausgestattet  sind. 
 Je  weiter  man  abwärts  fährt,  desto  flacher  die  Ufer,  
 und  die Städte  zeichnen  sich weder durch Bauart noch Lage  
 aus.  Die  Gegend  ist  so  wenig  malerisch,  dass  sie  nicht  
 würdig  scheint  von  denselben  Fluten  durchströmt  zu  werden, 
   die  vor  allen  ändern  Deutschlands  Dichter  zu  den  
 schönsten  Gesängen  begeisterten. 
 Windmühlen,  rothe  Kirchthürme  und  Hausdächer,  Kanäle  
 mit  langsam  sich  hinschleppenden  Trekschuiten  und  
 monotone  Wiesenflächen,  das  sind  die  Eindrücke,  die  der 
 flüchtig Vorüberreisende von Holland mitnimmt.  In  unserm  
 Falle  war  unaufhörlicher  Regen  und  die  unliebenswürdige  
 Reisegesellschaft,  die  nur  aus  einer  englischen Familie  und  
 einigen  rauchenden  Holländern  bestand,  nicht  sonderlich  
 geeignet,  die  Fahrt  erträglicher  zu  machen.  Unterhaltend  
 waren an Bord nur sechzehn lebende  junge Füchse,  gar pos-  
 sirliche  Thierchen,.  welche  nach  England  geschickt  wurden,  
 um  dort  in Freiheit  gesetzt und von irgendeinem Lord Nimrod  
 todtgehetzt  zu  werden. 
 Rotterdam,  wie  die meisten  grössern Hafenplätze,  macht  
 auf den Ankommenden zwar keinen besonders schönen,  wohl  
 aber  einen  grossartigen  Eindruck.  Die  Ungeheuern  Lagerhäuser  
 und  Verkaufslokale jeder  Art,  die  Kais,  wo  Schiffe  
 aus  allen  Theilen  der  Erde  mit  Bequemlichkeit  ein-  und  
 ausladen,  die  vielen  Brücken,  dazwischen  die  Buchen  an  
 der Maas,  de  Boompjes genannt,  sowie  die vielen Menschen  
 zeigen gleich die grosse Stadt, wogegen die sogenannte «Binnenstad  
 »  mit  engen  Strassen  und  niedrigen  Gebäuden  gewaltig  
 absticht. 
 In  der  «Wasserstadt »  erinnern  die  vielen  Kanäle  und  
 Pfosten  mit  daran  befestigten  Booten,  die  Balcone  der  am  
 und  im Wasser  gebauten  Häuser  und  manches  andere  lebhaft  
 an  die  unvergessliche  Dogenstadt,  und  nicht  mit  Unrecht  
 nennt  man  Rotterdam  Hollands  Venedig,  wenn  ihm  
 auch  der  blaue  Himmel  und  die  stolzen  Männer  fehlen. 
 Leider  war  die  uns  kurz  zugemessene  Zeit  fast  schon  
 verstrichen,  als  wir  Kojen  für  die  Fahrt  nach  Edinburgh  
 uns  gesichert  und  die  Pässe  in  Ordnung  gebracht  hatten.  
 Es  ging  gar  zu  langsam.  Der  Ruf,  in  dem  die  Holländer  
 wegen  ihres  grenzenlosen  Phlegmas  stehen,  ist  keineswegs  
 unbegründet.  Voltaire’s  hartem  Ausspruch  aber:  «11 n’y a  
 en Hollande que  des  canaux,  des canards  et des canailles! »  
 können  wir wie so  manchem ändern geistreichem Wortspiele  
 des  berühmten Witzlings  nicht  beipflichten.