spitze und reykja rauchen. Am Fusse des Bergs befindet
sich nämlich eine heisse Quelle (reylcir), die 3 Zoll unter
der Oberfläche des Wassers eine Temperatur von 55—56° C.
besitzt und von dem dicht dabei wohnenden Schreiner und
seiner Familie zum Kleiderwaschen und zum Reinigen des
Isländischen Mooses (Fjallagras, d. i. Berggras, Felsgras) benutzt
wird. Letzteres wird in allen Theilen der Insel häufig
gesammelt, weniger um exportirt zu werden, als zum eigenen
Bedürfniss der Bevölkerung. Um den bekannten bittern
Geschmack dieses für die Isländer unschätzbaren Gewächses
zu entfernen, wird das Felsengras in Menge einige Zeit in
reines Wasser gelegt, dann in der Sonne getrocknet, zu
Mehl gepulvert und so auf bewahrt, um zur Winterzeit,
wenn die Fischnahrung fehlt, in verschiedener Weise genossen
zu werden. Bald thut man etvfas von diesem Mehl
in die Milch, bald backt man Brot daraus, bald kocht man
es mit Milch und lässt die gekochte Flüssigkeit zu einer
gallertartigen Masse erstarren, welche sehr wohlschmeckend
und nahrhaft sein soll. Die Heilkraft des Isländischen Mooses
ist in Island durchaus nicht unbekannt, wie manche Reisende
behauptet haben. Ausser ihm werden noch andere
verwandte Flechtenarten in ähnlicher Weise verspeist, namentlich
das sogenannte Mariengras (mariugrös, Cetraria
nivalis) und das Coralloideum proboscideum (geitnasTtof),
welches das schmackhafteste von allen sein soll.
Rejkir liegt an einem See, der Svinavatn (eigentlich
Schweinesee) heisst, weil ein Mann mit dem Beinamen Svin,
d. i. Schwein, sich in ihn hineinstürzte. Dieser See hat eine
längliche Gestalt; an seiner Westhälfte ist er doppelt, so
breit, wie an der Ostseite und rings von malerischen schneebedeckten
Bergen umgeben.' Die Ufer sind bis in das
Wasser hinein mit schönem. Gras bewachsen und mit unzähligen
Regenpfeifern, Schnepfen und Brachvögeln bevölkert.
Auch das Wasser ist von allerlei Enten belebt. Beide aber,
Ufer und See, sind durch Milliarden kleiner Mücken (Culex,
Tipula, Simulia spp.) für Menschen und Pferde fast unnahbar
gemacht; letztere wurden fast rasend. Alles war bedeckt
mit diesen Insekten, die uns in Mund, Ohren, Nase, Augen
drangen, das Athmen, Sprechen, Hören nicht nur erschwerend,
sondern mitunter fast unmöglich machend. Tabäcksdampf
und Schleier nutzten fast gar nichts; die Zahl der uns ganz
unerwarteten, höchst unangenehmen Mücken schien je weiter
wir am nördlichen Ufer des Sees entlang ritten, immer mehr
zuzunehmen, und der unebene sumpfige Boden gestattete kein
rasches Reiten. Dabei herrschte eine wahrhaft Tropische
Hitze, und dachte man sich die umliegenden Berge statt mit
Schnee mit einer üppigen Vegetation bekleidet, ’ so fühlte
man sich vollständig in den Süden versetzt. Die Mosquitos
verliessen uns nicht eher, als bis wir landeinwärts bogen,
um in der freundlichen Farm Sölheima (Sonnenheimat) uns
von der Plage etwas zu erholen. Hier blieb der Cand. med.
Skaptason, wir aber zogen nach reichlicher Stärkung weiter
und nahmen den Besitzer des Gehöfts mit uns, damit er
uns über die Blandä führe. Das zur Rechten am Ende des
Sees liegende Svinavatn mit einer annexia wurde nicht besucht,
.sondern der Weg in gerader Richtung nach Bölsta-
öarhliö weiter verfolgt. Unterwegs sprach der Führer seiner
Flasche auf eine so beängstigende Weise zu, dass wir für
seine Zurechnungsfähigkeit zu fürchten begannen; seine
nordische wärmebedürftige Natur jedoch schien noch weit
mehr als eine grosse Flasche Branntwein vertragen zu können,
denn nach überstandener Reise wurde eine zweite entkorkt
und geleert.
Bei Hamarsvaö sollte über die Blandä gesetzt werden.
Brücke, Fähre oder Nachen waren indess nirgends zu erspähen,
daher musste durchgeritten werden, was bei der
grossen Gewalt des Stroms nicht ganz gefahrlos ist. Lange
wurde erst stromaufwärts gewandert, be.vor eine passende