fachheit, ihrer fast niederschlagenden Oede wegen eine nähere
Besprechung verdient. Es ist ein isländisches Lavafeld,
das vor uns liegt.
Mit eben dem Recht, mit dem der erste Entdecker Islands
(Nadoddur) die Insel Schneeland / (Snjoland), der zweite (Floki) sie Eisland (Island) taufte, könnte man sie
Lavaland (Hraunland) nennen, denn nirgends in der Welt
ist so viel Lava geflossen wie in Island, und ebenda finden
wir den grössten Lavastrom der Erde, welcher im Jahre
1783 dem gewaltigen Skaptärjökull entströmte. In einem
spätem Abschnitte dieser Reisebeschreibung haben wir die
tausendjährige Thätigkeit der isländischen Vulkane näher
erörtert und insbesondere den Hauptausbruch des Skaptar-
jökull beschrieben; hier beschränken wir uns darauf, den
Anblick eines isländischen Lavafeldes im allgemeinen zu
charakterisiren.
Die Erde ist wüste und leer und der Heist des Todes
schwebt über der Oede. Nichts Lebendes vermag das weithin
spähende Auge des durch die endlose Monotonie der
Gegend ermüdeten Wanderers zu erblicken, und wenn er vor
sich auf den Boden niederschaut, entdeckt er nur graue
oder schwarze, wie verbranntes Papier aussehende Flechten,
im günstigsten Falle ein rothes Leimkraut, das wie ein
aus dem Himmel herabgefallener Blutstropfen daliegt und
bescheiden sein kaltes Dasein auf der nackten Lava führt.
Hier ist das Leben erstarrt, hier sind die Grenzen der organischen
Schöpfung und hier beginnt das Reich des Todes.
Treten wir die Wanderung an durch dieses trostlose
Reich, so sehen wdr uns rings umgeben von den sonderbarsten
Lavablöcken, von kraterartigen Lavahügeln, zerborstenen
Lavafelsen, von bizarren Gestaltungen des, wie
es scheint, selbst dem Roste der Zeit trotzenden hraun x), der
]) hraun, Lava, von aS hri-nna, rinnen, fliessen.
in Jahrhunderten sich so wenig verändert', dass es unmöglich
ist, auch nur annähernd ohne historische Nachrichten
das Alter isländischer Lava zu erkennen. In wildester Regellosigkeit
sehen wir sie bald schollenweise phantastisch übereinander
gethürmt, bald in teigartigem Fliessen erstarrt mit
runzeliger Oberfläche, bald wieder glatt und schlüpfrig wie Eis,
nicht selten auch spaltenreich wie ein Gletscher. Dies alles
aber ist eine höchst einförmige Mannichfaltigkeit oder vielmehr
eine mannichfaltige Einförmigkeit, die sich immer gleich
bleibt, stets sich wiederholend wie die verschieden gestaltete
und doch so einförmige Welle des Meeres. Mit be-
wundernswerther Geschicklichkeit springen die isländischen
Pferde über die Lavaspalten hinweg, die gleichsam nur auf
einen Fehltritt zu lauern scheinen, um Ross und Reiter
ins Verderben zu ziehen. Häufig sind diese Spalten oder
Risse, die bei der Erkaltung der Lava durch deren Con-
traction entstanden, mit Wasser angefüllt, in dem sich
die seltsam geschnörkelten Gebilde gar schön wiederspiegeln.
Lassen wir den Blick in die Ferne schweifen, so
sehen wir entweder eisige Gletscherberge ihre schneebedeckten
Gipfel erheben oder den Horizont durch zackige Lava
abgegrenzt. Oft lehnt sie sich an eine Bergkette an, gleichsam
das Ufer des riesigen Stroms, mit dessen Eisgang ein
neuerer Reisender das isländische Lavafeld sehr treffend
verglich.
Stundenlang schon reiten wir langsam und vorsichtig
durch dieses erstarrte Feuermeer und noch immer nichts
Lebendiges, nichts, was an organische Natur, geschweige
denn an Menschen erinnert; da ertönt ein seltsames Krächzen
aus einer mit Moos spärlich bekleideten Lavakluft, und
im nächsten Augenblick fliegt scheu ein einsames Schneehuhn
auf, fast der einzige Bewohner der unwirthlichen Gegend.
Es liebt es, am Saume einer Lavaebene sich aufzuhalten,
um, sobald es verfolgt wird, in die unzugänglichen
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