in vollem Galop auf das Haus zu und bat ihn, seine beiden
kleinen Kinder, die gefährlich krank seien, zu besuchen,
um sie durch seine Kunst dem Tode zu entreissen. Rasch
war der gute Pfarrer, dem das körperliche Wohl seiner
Gemeindekinder ebenso wie deren Seelenheil am Herzen lag,
entschlossen, dem bekümmerten Vater diesen Liebesdienst
zu leisten; es wurden in aller Eile zwei Pferde für ihn zurecht
geniacht und auf das eine zwei Kästchen geschnallt,
die nothwendigsten und gebräuchlichsten Heilmittel enthaltend.
Wir werden nie den Abschied von ihm vergessen,
als er, zur langen Reise gerüstet, uns einen Kuss bot und
voll Rührung die Hand darreichte mit den Worten: i Sit
Deus vob'iscum in longo et periculoso itinere vestro!y> Darauf
schwang er sich auf sein Pferd und beide Reiter zogen
ihre breitrandigen Filzhüte ab, indem sie entblössten Hauptes
Gott um Glück auf ihrer Reise und um Erfolg in ihrem
Werke anflehten. Dann sausten sie fort und verschwanden
bald hinter den nächsten Hügeln. Es that uns leid, fast
mit Gewissheit sagen zu müssen, dass wir diesen Mann nie
Wiedersehen würden.
Leider regnete es den ganzen Morgen des 19. Juli. Die
Umgegend war mit dichten Nebelmassen verschleiert, so-
dass man von der gegenüberliegenden Kirche zu Lundar-
brekka nichts erblicken konnte. Wir befanden uns in keiner
besonders heitern Stimmung: die Aussicht, die Nässe werde
anhalten und wir würden die lange, beschwerliche und gefahrvolle
Reise mit dem vielen Gepäck und der grossen Anzahl von
Pferden im Regen zurücklegen müssen, war keineswegs erfreulich.
Wir malten uns mit schwarzen Farben das tagelange
Reiten, die Nächte im Zelte auf feuchtem Boden, in
nassen Kleidern aus. So sassen wir, trübseligen Gedanken
hingegeben, in dem engen Stübchen, während draussen das
Satteln und Bepacken der Pferde, wie es schien, kein Ende
nehmen wollte.
Endlich gegen 3 Uhr rief uns Olafur mit der Meldung,
dass alles zur Abreise bereit sei. Wir ritten das BärÖar-
dalur aufwärts nahe am Ufer des Skjálfandafljót vorbei
durch kleine Zwergbirkenwaldungen und über grasige Moore
bis nach Myri, wo wir den erschöpften Pferden eine kurze
Rast gönnten und uns durch heissen Kaffee erwärmten; hier
war die Heimat unsers neuen Führers durch die Wüste, welcher
versprach, uns abends nach íshóll (Eishügel) nachzufolgen.
Sein alter Vater, mit einem langen Reitrock angethan,
brachte uns eine Strecke weiter; der Regen, der ohne Unterbrechung
herabgeströmt war, begann hinter Myri etwas
nachzulassen, da wo der Weg sich von dem Skjálfandafljót
abwendet und eine Strecke weit einem kleinen Nebenflüsse
folgt; links erhob sich eine flache Bergkette zwischen uns
und dem Skjálfandafljót.
Gegen 7 Uhr abends kamen wir in íshóll an, nachdem
wir fast eine Stunde an dem íshóllvatn entlang geritten
waren. Auf dem See war kein Vogel zu sehen, es war
alles unglaublich still; nur eine einzige Kria ( Sterna árctica)
schwebte über dem todten Gewässer und Legionen von
Mücken plagen an den einförmigen Ufern Menschen und
Thiere. íshóll ist eins der armseligsten Gehöfte, welche
wir noch besucht, der am weitesten landeinwärts vorgeschobene
bewohnte Punkt, die letzte menschliche Ansiedelung,
welche wir in den nächsten fünf Tagen antreffen sollten.
Obschon es höchst unangenehm war, in dem engen und
niedrigen Hause zu schlafen, so schien es uns doch immer
noch besser, selbst unter dem schlechtesten Dache als auf
dem gänzlich durchweichten Grasboden unter dem Zelte die
Nacht zuzubringen. Ein Theil unserer Gesellschaft nahm
das ungemein beschränkte Wohnzimmer der Leute, welches
keine Thür besase, in Beschlag, während die ändern sich
in einem zur Aufbewahrung der Milch dienenden Schuppen
einquartierten, welcher zwar reinere Luft hatte als das Wohn