Diè Ansicht, dass wirklich F. arcticus und F. candicans
Bläs. specifisch verschieden sind, wird, wie Blasius bemerkt,
nur durch ganz bestimmt beobachtete Thatsachen über Fortpflanzung
und etwaige Umwandlung der einen Form in
die andere beseitigt werden können. Zu dem, was vorläufig
dagegen spricht, kann ich hinzufügen, dass die Isländer,
welche sowohl F. candiccms Blas, als auch F. arcticus
Blas, zu beobachten vielfach Gelegenheit haben, versichern,
man fände mitunter in ein und demselben JSleste ein weisses
und ein graues Junges.
Am 2. Juli fand ich in einem aus Reisern kunstlos gezimmerten
Neste in einer Nische der südlichen Felswand
des ìhSreyjargnupur im Nordlande zwei fast flügge F. arctic.
Blas. In der Nähe des Nestes lagen zahllose Federn und
Knochen von Schneehühnern umher, zum Theil noch mit
daranhängendem Fleische, was mit dafür spricht, dass der
Falke mehr tödtet als er bedarf.
In frühem Zeiten war der Fang dieses Falken den Isländern
sehr einträglich, indem er ihnen zwei- bis dreitausend
Reichsthaler jährlich einbrachte (Eggert Olafsson og
Bjarni Palsson, §. 86). Nach N. Horrebow (Tilforladeliga
Efterretningar owi Island, 1750, §. 40) wurde er auf folgende,
von der Beschreibung an Umständlichkeit offenbar
übertroffene Weise gefangen:
«Die Falkenfänger schlagen zwei Pfähle in die Erde,
unweit voneinander 5 an dem einen wird ein Schneehuhn,
eine Taube oder in deren Mangel ein Hahn oder eine
Henne mit einem Bindfaden von 3 — 4 Ellen Länge am
Fusse festgebunden, sodass das Schneehuhn oder die Taube
Raum hat, etwas in die Höhe zu flattern und der Falk sie
um so eher sehen kann. An den Fuss des Schneehuhns
binden sie ferner einen zweiten Bindfaden von 80 Ellen
Länge, welcher durch ein Loch im zweiten Pfahle zum
Falkentänger hinführt, sodass dieser das Schneehuhn vom
ersten Pfahl zum zweiten Pfahle hinziehen kann. Bei diesem
letztem ist ein Netz aufgestellt, wie eine Fischreuse gestaltet,
ein grosses Tonnenband im Halbkreise mit drei Ellen
Durchmesser senkrecht aufstehend. Fällt dieses Netz nieder,
so geht es über den zweiten Pfahl. Um dieses zu bewirken,
ist oben an dem Halbkreise ein ebenso langer Bindfaden
wie der eben erwähnte befestigt, welcher durch den ersten
Pfahl bergab durchgeht zum Falkenfänger hin, sodass er
mit diesem Bindfaden das Netz über den Falken ziehen
kann, ebenso wie er mit dem ändern das Schneehuhn von
dem ersten Pfahl zum zweiten zieht. Diese Anstalten treffen
die Falkenfänger entweder da, wohin, wie sie vermuthen,
Falken kommen werden, oder in der Nähe von Falkennestern,
oder auch wenn sie einen fliegenden Falken x) ankommen
sehen.
- «Wenn nun der Falk das Schneehuhn oder die Taube
auf der Erde flattern sieht, so schwingt er sich einigemal
in der Luft herum, ob wohl Gefahr vorhanden sei. Endlich
schiesst er mit aller Kraft nieder und zwar gern so, dass
der Kopf des Schneehuhns vom Rumpfe getrennt wird, als
sei er mit dem Messer abgeschnitten. Sobald der Falk auf
den Yogel gestossen, pflegt er wieder aufzufliegen — er
müsste denn allzu hungrig sein —, um sich vorzusehen,
damit er seine Mahlzeit ohne Gefahr verzehren kann. Während
er nun auf fliegt zieht der Falkenfänger mit dem einen
Bindfaden das Schneehuhn zum zweiten Pfahl unmittelbar
an das Netz, was der Falk nicht bemerken kann; sowie
derselbe wieder herabkommt, um sich an der gemachten
Beute zu sättigen, zieht der Falkenfänger mit dem ändern
]) F lie g e n d e F alk en wurden solche genannt, welche (zur
Winterzeit) von Grönland nach Island hinüberflogen, ohne daselbst
zu brüten. Da es meist weisse waren, so stellte man ihnen besonders
eifrig nach.