paralleler Richtung von fünf mächtigen Flüssen (tjörsä,
Laxä, Hvita, Tungnafljot, Brüarä) durchströmt, die von zahlreichen
Bächen genährt werden, und ist in ganz Island
ihrer Fruchtbarkeit und ihres ungemeinen Wohlstandes wegen
bekannt. Allenthalben waren die Leute mit Heumachen
beschäftigt und in der fröhlichsten Laune 5 die ganze Arbeit
trägt den Charakter eines V olksfestes und hat in dem hohen
Norden dieselbe Bedeutung, wie in den gesegneten Weinländern
des Südens die Traubenlese, in den reichen Korngegenden
das Erntefest. Die Männer mähen mit langen
Sicheln das zwar niedrige, aber sehr saftige Gras, die
Weiber und Kinder breiten es auf den sonnigen Hügelabhängen
zum Trocknen aus. Hin und wieder begegneten
uns lange Züge von Pferden, welche auf jeder Seite mit
einem wuchtigen Bündel bepackt, das Heu von den entferntem
Triften zum Bauerhofe brachten. Dieses Heu, welches
auf den weiter abgelegenen Thal wiesen und den sumpfigem
Weiden wächst, wird üthey (Feldheu) genannt, zum
Unterschiede von dem bessern taÖa, welches dem gedüngten
und regelmässiger bewässerten Boden in der unmittelbaren
Nähe des Gehöfts entsprossen ist. Das Heu ist vorzugsweise
für die Kühe bestimmt; die Pferde und Schafe erhalten nur in
besonders kalten Wintern davon, wenn der allzu strenge Frost
sie verhindert, im Freien ihre spärliche Nahrung zu suchen.
Ist das wichtige Geschäft des Heumachens beendigt und das
letzte Bündel zu dem Schober aufgethürmt, so schlachtet
der Bauer ein fettes Schaf (slcegnalawib) und veranstaltet
ein Mahl, bei dem es im Gegensatz zu dem sonst ernsten
verschlossenen Charakter der Isländer oft recht heiter zugehen
soll, da ganze Scharen von lustigen Fischern und
Bootsleuten sich als Knechte beim Heumachen verdingen
und den Kern der Gesellschaft bilden.
Ein zweistündiger Ritt brachte uns an das Thal der
Laxä, eines ansehnlichen Nebenflusses der Hvitä. In der
Nähe des Flusses sass auf einem Felsblock ruhig ein grösser
Adler; durch die vorangalopirenden Packpferde wurde er
aber unglücklicherweise aufgescheucht und die steilen Bergesgipfel
aufsüchend, umkreiste er majestätischen Flugs die
für uns unerreichbaren Höhen; glücklicher war ein Schuss,
der diesen Morgen aufs Gerathewohl in eine Schar von Regenpfeifern
(Charadrius pluvialis) abgefeuert wurde und
durch den sieben fette Vögel das Leben verloren, eine angenehme
Abwechselung in dem langen Einerlei von eingemachtem
Fleisch und Schiffszwieback.
Dieser ganze Landstrich ist mit zahlreichen Meierhöfen
bedeckt, von denen manche für Südisland recht stattlich
aussehen. Mit Wohlgefallen ruht der Blick auf den
grünen Matten, auf den kleinen spiegelklaren Seen und den
mit purpurnen Haideblüten stellenweise bedeckten Hügeln.
Ueberall wTeiden wohlgenährte Kühe und Pferde mit langen
flatternden Schweifen und Mähnen, die ihnen ein wildes und
ungezähmtes Aussehen verleihen. Ein Trupp Bauern ritt
an uns vorüber, welche auszogen, um die Schafe zusammenzutreiben,
die den Sommer über in den mit Gras bewachsenen
Felsengegenden ( afrettur) geweidet hatten. Nach der
Heuernte fordert der Sysselmann in der Kirche die Iieerden-
besitzer auf, zu diesem mühsamen Geschäft einen Mann auszusenden;
die einzelnen vereinigen sich dann und streifen
oft wochenlang in den weitläufigen Bergwildnissen umher,
bis die Schafe, welche sämmtlich Zeichen an sich tragen,
grösstentheils eingefangen sind, worauf sie wieder
unter ihre Eigenthümer vertheilt werden.
Nachdem wir durch eine Furt der Laxä geritten und
die auf der rechten Flussseite sich ausdehnenden bergigen
Schluchten durchzogen, langten wir gegen 6 Uhr vor dem
Propsthaus Hruni (Ruine) an, zu welchem auch ein Bauergut
gehört. Die Kirche ist ein geräumiges Gebäude, die
grösste, die wir seit Reykjavik und Lundarbrekka gesehen,