tion antrafen; wir mussten daher weiter. Die Freude, dass
unser Auge wieder etwas Grünes, wenngleich nur das bleiche
Moos geschaut, liess uns das Unangenehme der getäuschten
Hoffnung vergessen. Der Arnarfell mit seinen zahllosen Eispyramiden,
an seinem Fusse die rauschende, reissende tjörsä,
geboren aus den Gletscher wassern, gewährte einen ungemein
prachtvollen Anblick. Zum Schluss des Tags kam die
Sonne noch einmal hinter dem hohen Schneeberge hervor;
seine riesenhafte Domgestalt war von dem rosigen Schimmer
der abendlichen Strahlen wie ' von einem Lichtmeer umflossen
und ein goldener Rand zeichnete den Umriss um das
blendende Weiss des Eises.
Endlich waren wir so glücklich um 10 % Uhr einen kleinen
sumpfigen Grasplatz, Eyvindarkofaver, zu erreichen, der
eine Oase bildet in der unendlichen Steinwüste; hier schlugen
wir unser Nachtquartier auf, mitten im Sumpf; der
Boden, auf welchem wir unsere Zelte errichteten, war so
schwammig und morastig, dass die Pflöcke nicht hielten;
doch gewohnt, jeglichen Comfort zu entbehren und mit dem
Schlechtesten fürlieb zu nehmen, konnte uns selbst dieses
Ungemach unsere heitere Laune nicht entreissen, die uns
die ganze Reise über kaum je verlassen hatte.
Wegen der starken, anstrengenden Tour mussten wir
den ermüdeten Pferden einen Rasttag gönnen; wir brachten
also den folgenden Tag (Sonntag den 22. Juli) in Eyvindarkofaver
zu. Die eigentlich gefährliche Strecke der Wüste
hatten wir hinter uns und betrachteten mit Wohlgefallen
auf der Karte die ansehnlich lange Linie, welche unsere
gestrige Tagereise darstellte. Wir hatten sie in 17 Stunden
anhaltenden Reitens zurückgelegt; am Mückensee sagte man
uns, dass wir wenigstens 22 Stunden dazu nöthig haben
würden; freilich war die ganze Strecke fast in beständigem
Trab oder Galop zurückgelegt worden, was für die schwerbeladenen
Packpferde eben keine Kleinigkeit ist.
Trotz der Nässe unsers Lagers schliefen wir ausgezeichnet
bis zum hohen Morgen. Hier am Sumpf ist wieder Leben,
wenngleich spärliches. Wir treffen Schwäne hier an und
wilde Gänse, welche namentlich am Abend und in der
Nacht viel gehört werden, auch Seeschwalben und Raub-
möven; selbst das schnarchende Krächzen des Schneehuhns
wurde einmal vernommen.
Der warme sonnige Tag in der von der grossartigen
Gletscherwelt umgebenen Wüste war eigentümlich, so fern
von allem menschlichen Lehen und Treiben in dem Mittelpunkte
von Island. Der Arnarfellsjökull, der uns gerade
gegenüberlag und angesichts dessen unsere Zelte standen,
hot einen imposanten Anblick dar; abends und morgens
waren die Eismassen des majestätischen Bergs von grauen
Nebelschichten verschleiert, den Tag über streckten sich
seine Gletscherzacken in die dunkelblaue Luft. Auf der
ändern Seite der Ujörsä zieht sich am Fusse des Arnarfellsjökull
ein anderer Weg hin, der Arnarfellsvegur, welchen wir
aber wegen der grössern Zahl der Gletscherflüsse und des
schlechtem Grasplatzes vermieden. Eine dreifache Reihe von
Moränen umzieht in geringer Entfernung diesen Gletscher.
Die Stille der Umgebung wurde fast nur durch das Rauschen
der Bergwasser unterbrochen, die mit einsamem Sang und
Klang durch diese lautlose Wildniss der Ujörsä zueilen. Wir
brachten den Tag meist vor dem Zelte zu in der Betrachtung
der merkwürdig ergreifenden Natur. Abends erglühten
beim Sonnenuntergang die fernen Eisfelder auf den Gletschern
[des Klofajökull wiederum im schönsten Alpenglühen.
Heute wurde auch grosse Berathschlagung mit unsern
Führern über die einzuschlagende Route abgehalten. Jön
hatte uns die Nothwendigkeit dargestellt, über Störuvellir
unsern Weg zu nehmen, da er nicht wagte, die 3?jörsa in
dieser Gegend zu passiren; Störuvellir liegt nämlich ebenfalls
auf dem linken Ufer der Pjörsa und man hat, um