schönsten Alpenglühen leuchtete. Dr. Hjaltalin in Reykjavik
hatte uns beim Scheiden nachdrücklich gewarnt, nicht zu
viel in den isländischen Häusern zu verkehren, da ein
äusserst bösartiger Typhus in einigen Gegenden des Landes
grassire: wie wenn Mr. Hay von dieser schrecklichen
Seuche angeste'ckt wäre? Fern von jeder ärztlichen Hülfe
hätte sein Leben in der grössten Gefahr geschwebt und
unsere weitere Expedition wäre ohne Zweifel vollständig
zunichte geworden, da wir uns verpflichtet fühlten, getreulich
bei ihm auszuharren. Der Gedanke war niederschlagend.
Am Abend langten wir in dem elenden Gehöft Frem-
rikot an, am Fusse eines steilen Bergs gelegen. Wir brachten
den zitternden Fieberkranken, dessen Kopf heftig glühte
und dessen Puls hörbar klopfte, in einem Bett des isländischen
Hauses unter und schlugen dann selbst unser Zelt
auf einer Wiese, neben dem Gehöft auf.
Die Nacht im Zelte war ausserordentlich windig, die
Zeltstange bog sich von einer Seite zur ändern, die Leinwand
flatterte und knallte, das ganze Gebäude schwankte
hin und her; wir konnten also heute unsere Reise nach
Akureyri nicht fortsetzen und brachten ausser einem kleinen
Spaziergange in die umliegenden kahlen öden Berge, um
deren zerrissene, theils mit Schnee bedeckte Gipfel der heftigste
Sturm jagte, den ganzen Tag im Zelte zu, indem
wir die erlegten Vögel abbalgten und skeletirten und unsere
Mineralien ordneten. Abwechselnd besuchten wir den
Kranken in der Hütte, deren Gemächer im Gegensätze zu
denen anderer Häuser im Nordlande ausserordentlich dürftig
waren. Namentlich war der bereits mehrfach erwähnte Geruch
in der niedrigen Stube geradezu unerträglich. Nachmittags
richteten wir unser Zelt so bequem wie möglich
ein und beschäftigten uns, während draussen das Unwetter
tobte und stürmte, mit der Durchsicht alter isländischer
Gedichtsammlungen, welche in Holar gedruckt waren
und deren der schlichte Bauer selbst in dieser abgelegenen
Einöde ziemlich viele besass. Als er uns zum Kaffee ein
isländisches, sehr wohlschmeckendes Gericht in der Art deutscher
Hefenkuchen in das Zelt brachte, steigerte sich unsere
Behaglichkeit um ein Bedeutendes. Sie wurde nur durch
die Besorgniss gestört, dass im nächsten Momente das
Zelt über unsern Häuptern einstürzen könnte.
So imposant der Anblick der Felsen ist, so unheilvoll
werden sie mitunter. Gerade hier und in ändern Thälem
des nördlichen Island ereignen sich jene schrecklichen Bergstürze,
welche die Isländer skriÖa nennen. Die Erscheinung
beginnt damit, dass sich oben durch Regen, Eis
oder Verwitterung ein Felsstück des zerklüfteten Basalts
abzulösen beginnt und"die Spalte immer weiter klafft, bis die
endlich lose gewordene Masse gich herabwälzt, in ihrem
Falle noch zahlreiche andere Blöcke mit sich fortreisst und
mit einem furchtbaren Getöse in das Thal stürzt, indem
sie alles, was ihr in den Weg kommt, in Trümmer zerschmettert,
gleichsam eine Steinlavine. Es ist keine ungewöhnliche
Sache, dass ganze Hütten auf diese Weise
vergraben werden. Zu vermeiden sind diese Unfälle kaum,
denn die Wohnungen werden, um sie vor Ueberschwem-
mungen zu schützen, in den engen Thälern gewöhnlich
dicht am Fusse der Berge errichtet und schweben so in
fortwährender Gefahr. Wenn man die unheildrohende Stellung
der weit überhängenden Felsen betrachtet, so sollte
man nicht glauben, dass einer den Muth hätte, an einem
Ort, der solchen Unfällen ausgesetzt ist, seinen Wohnsitz
aufzuschlagen, aber «Nothwendigkeit flösst Unerschrockenheit
ein und Gewohnheit verwischt die Eindrücke der
Furcht».
Obgleich Mr. Hay noch nicht ganz wiederhergestellt war,
so hatte doch in seinem Befinden eine so bedeutende Besserung
stattgefunden, dass wir am folgenden Tage unsere