furchtbarsten vulkanischen Ausbrüche, verbunden mit den
verheerendsten Wasserfluten, stattgefunden; die Ausläufer
des Vatnajökull ziehen sich bis zum Ödäöa-hraun hin.
Die Gletscher erschienen den ganzen Tag bis zum späten
Abend mit Wolken bedeckt; als aber beim Sonnenuntergang
ihre Gipfel im dunkelvioletten Alpenglühen leuchteten,
sahen wir sie in ihrem vollen Glanze und in ihrer ganzen
Majestät. Im Westen liegen die gewaltigen Eisgewölbe
des Hofs- oder Arnarfellsjökull, auf welche zu unser Weg
führte. Im Norden endlich verliert sich der Sprengisandur
in verschiedene Thäler und andere Ebenen.
Seinen Namen hat er von dem isländischen Worte
spreng ja, welches sprengen bedeutet, eine Sandwüste also,
durch welche der Reisende sprengen muss, wenn ihm sein
Leben lieb ist.
Ungefähr hundert Schritte vor der Karavane galopirte
Jön einher, mit Hülfe seines Kompasses und der Gestalt der
umliegenden Hügel die Richtung des Wegs in dem unebenen
Sandmeer aufsuchend. Unaufhaltsam ging die Reise weiter.
Die Führer feuerten bald durch lautes Geschrei , bald durch
die liebenswürdigsten isländischen Schmeichelworte ihre
Pferde zur Eile an. Wirklich sauste auch der ganze Zug,
in eine dichte Staubwolke gehüllt, mit unglaublicher Schnelligkeit
über den bald steinigen, bald sandigen Boden dahin,
welcher streckenweise mit grössern Blöcken übersäet ist.
Von Leben ist hier keine Spur. Es ist als ob die Natur
im Innern einer überall stiefmütterlich behandelten Insel am
Polarkreise vollständig ihre ewige Triebkraft verloren habe.
Nichts, gar nichts Lebendiges zu erspähen, soweit das Auge
reicht. Nur auf dem dürren Boden erscheint vielleicht hier
und da eine graue oder schwarze Flechte oder ein zoll-
grosses, verkümmertes Büschelchen von rothblühendem Leimkraut
(Silene acaulis), welches zwischen den zerstreut liegenden
Steinen aufspriesst. Kein Yogel durchschwirrt die
Luft, kein Käfer kriecht am Boden. Der Himmel war mit
grauen Nebelwolken bedeckt, durch welche die Sonne sich
keine Bahn brach, sodass die ganze Landschaft in der
trüben Luft noch öder und trauriger erschien. Gleichwohl
blieben wir den ganzen Tag über vom Regen verschont, der
an den verflossenen Tagen hier in grösser Menge gefallen
zu sein schien, da in den Niederungen zwischen den einzelnen
Hügeln der Boden stellenweise so durchweicht war,
dass die Pferde oft bis an den Bauch einsanken und Gefahr
liefen, die Beine zu brechen.
Um 9 Uhr, als wir an einem mit spärlicher Moosvegetation
eingefassten Bächlein ankamen, sprang Jön plötzlich
vom Pferde und erklärte, zu krank zu sein, um
weiter mitreisen zu können. Er warf sich keuchend und
ächzend auf den Boden und nahm eine Miene an, als ob
er im nächsten Augenblick den Geist aufgeben werde.
Dazu jammerte er in den wildesten Klagetönen, er müsse
hier in der Wüste einsam umkommen, ohne diev Seinigen
noch einmal zu sehen. Was war zu thun? Ihn zurückzulassen
verbot das Mitleid und die Vorsicht, indem er hier
jedenfalls eine Beute des Todes geworden wäre und wir
allein, ohne besondern Führer den Zug durch die gefahrvolle
Wüste nicht wagen durften; nach dem zuletzt verlassenen
Gehöft wieder zurückzukehren war ebenso unmöglich,
da die Tage bis zu unserer Ankunft in Reykjavik gezählt
waren und der «Arcturus» seine Abfahrt wahrscheinlich
nicht bis über den 2. August verschob, mochten wir eingetroffen
sein oder nicht. Rasches und entschlossenes Handeln
war die höchste. Nothwendigkeit. Nachdem wir uns
überzeugt, dass der Anfall mit keinem allzu heftigen Fieber
verbunden sei, besprachen wir uns mit Olafur, welcher ein-
säh, dass für Jön kein anderes Heil sei, als sich aufzuraffen
und weiter zu reisen. Er machte ihm dies auf gut
Isländisch klar; allein Jön wollte auf seine Vorstellungen