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 Hand und Kuss gibt.  Nachdem auch wir uns dieser Sitte unterzogen, 
   wurden wir wieder in  das  Nebenzimmer geführt,  um  
 unterrichtet zu werden, in welcher Weise man am Nördlichen  
 Eismeer die Abende zubringt;  wir  fanden dort einen mittlerweile  
 schneeweiss gedeckten Tisch, besetzt mit Cognakflaschen,  
 Zucker  und  heissem Wasser  für den zu bereitenden  Punsch.  
 Einige  Zeit  darauf erschien  auch  der  ältere  Sohn  des Apothekers, 
   Stephan Thorarensen,  den uns der Vater mit einem  
 gewissen  Stolz  als  Sysselmann  des  Öfjords  vorstellte.  Er  
 ist ein ungemein aufgeweckter,  ganz junger Mann,  der seine  
 Erziehung in Kopenhagen erhalten hat und ebenfalls  geläufig  
 deutsch spricht.  Durch wohlangebrachte Witzworte und eine  
 Menge  munterer  Spässe  brachte  er solche Heiterkeit  in  die  
 ohnehin  ausnehmend  fröhlich  gestimmte  Gesellschaft,  dass  
 wir  erst  spät  in  der  Nacht  unsere  Schlafgemächer  aufsuchten. 
   Lange  noch  standen  wir  am Fenster,  welches  auf den  
 Fjord hinausging  und lauschten  dem in regelmässigem Takt  
 wiederkehrenden  Wellenschläge  der  Brandung.  Ein  einsames  
 Fischerboot  kehrte  soeben  beutebeladen  heimwärts  
 und  geraume  Zeit  noch  tönten  die  Stimmen  der  um  die  
 Theilung  sich  streitenden  Isländer  durch  die  Nacht. 
 Am  folgenden Morgen  wurden  wir nach  nordischer  Sitte  
 durch  den  aromatischen  Geruch  einer Tasse Kaffee  aus un-  
 sern  Träumen  geweckt. 
 Beim Frühstück  machten  wir  die Bekanntschaft  des  an-  
 *  dern Sohnes des Apothekers, Johannes Thorarensen,  welcher  
 jetzt  die  Apotheke  führt  und  ebenfalls  in  Kopenhagen  stu-  
 dirt  hat.  Dann  ging  es  an  das  Briefschreiben  und  Einpacken. 
   Wir  erfuhren  nämlich,  dass  im  Hafen  ein  Schiff,  
 der  «Sokrates»,  liege,  welches  morgen  nach  Kopenhagen  
 absegeln  werde,  und  freuten  uns  sehr,  hierdurch  Gelegenheit  
 gefunden  zu  haben,  unsere  erlebten  Reiseabenteuer in  
 die  ferne  Heimat  zu  berichten  und  unsere  bisjetzt  gesammelten  
 Naturalien  von  hier  aus  wegzuschicken.  Der  Apotheker  
 verschaffte  uns  einige  geräumige  starke  Kisten  und  
 diese füllten wir mit  unsern Mineralien, Vogelbälgen,  Eiern,  
 Muscheln,  Spirituspräparaten,  Flaschen  u.  s.  w.;  es  galt,  
 die  ziemlich  zerbrechlichen  Sachen  vor  den  Gefahren  einer  
 langen  See-  und  Landreise  zu  sichern. 
 Ausserdem  ward  ein  harpunirter  Braunfisch  in  einer  
 .  Tonne  eingesalzen  und  an  das  naturhistorische  Museum  in  
 Bonn  geschickt.  Die  Fischer,  die  ihn  von  einer  längern  
 Fahrt  mitbrachten,  waren  mit  einer  besondern  Tracht  
 bekleidet,  in  welcher  sie  auf  das  Meer  hinausfahren:  mit  
 Beinkleidern  aus  Schaf-  oder  Kalbfellen,  welche  bis  hoch  
 über  die  Hüften  reichen  und  mit  einem  starken  Strick  
 um  den  Leib  festgeschnürt  sind,  mit  einem  weiten  wol-  
 lenen  Wams,  eng  am  Halse  anliegend,  dicken  Strümpfen  
 von  steifer  Wolle  ünd  starken  Wasserschuhen  von  Seehundsleder. 
   Wenn  sie  zum  Fange  ausziehen,  nehmen  sie  
 zuvor  ihre  Mützen  ab  und  sprechen  ein  uraltes  gereimtes  
 Gebet  (varasängur),  in  welchem  sie  sich  dem  göttlichen  
 Schutze  anempfehlen  und  eine  glückliche  Fahrt  ei-  
 flehen.  Ihre  Boote  sind durchgehends  nicht gross,  die meisten  
 fassen  nur  1 —4  Mann  und  sind  zum  Fischfänge  an  
 den  Küsten  bestimmt,  während  die  grössern  Fahrzeuge,  
 für  6—10  Ruderer  eingerichtet,  sich  oft  acht  Meilen  weit  
 auf die  hohe See  hinauswagen.  Nur  sehr ungern  besteigen  
 zwei  oder  mehr  Mitglieder  derselben  Familie  ein.  und  denselben  
 Kahn  bei  diesen  gefahrvollen  Meerfahrten,  die  nur  
 zu  oft  den  armen Fischern  das Leben  kosten,  deren  ganzes  
 Dasein  ein  ununterbrochener  Kampf  ist  mit  der  stürmischen  
 See,  mit  der  wüthenden  Brandung. 
 Im Laufe  des Morgens  machten  wir  noch in Gesellschaft  
 des  Apothekers  Besuche  bei  dem  Cand.  theol.  Jon  Hall-  
 dorsson  und  bei  dem  Kaufmann Havsteen,  dem Bruder  des  
 Amtmanns  in MöÖruvellir,  an  welche Herren  wir  empfohlen