lingafljot, der hier eine Krümmung macht und am Fusse
des Strütur dahinströmt, um sich bald darauf in die Hvitä
zu ergiessen. Yon dort ging es fortwährend durch die Lava
hindurch und wir hatten da abermals Gelegenheit, den fast
fabelhaften Scharfblick unsers Führers Ölafur zu bewundern,
der uns, ohne einen unnützen Schritt zu thun, gerades Wegs
zu der Höhle hinführte. Es ist das einem Fremden um so
auffallender, als er in dem Lavafelde durchaus nichts findet,
was zum Anhaltpunkte beim Aufsuchen des Wegs dienen
könnte. Die Pferde wurden auf isländische Weise zusammengekoppelt
; der Schweif des einen mit den Zügeln des
ändern verbunden, sodass ein vollständig geschlossener Kreis
entstand und ein Entrinnen unmöglich war.
Der Eingang zur Surtshellir ist eine etwa 30 Fuss breite
und doppelt so lange Oeffnung in der Lava, verursacht
durch das Herabstürzen der Decke. Die hinuntergefallenen
Blöcke waren zum Theil noch sichtbar, zum Theil mit
Schnee bedeckt. Auf diesen in die Oeffnung hinabsteigend,
erblickten wir unmittelbar vor uns die Höhle selbst , die
vollständig finster war. Wir zündeten demnach die eigens
zu diesem Zweck aus Bonn mitgebrachten Wachslichter an
und begannen die beschwerliche Wanderung in diese Unterwelt
; beschwerlich deshalb, weil der Boden der Höhle unter
den verschiedenen Oeffnungen der Decke und in deren
Nähe durch die in Menge herabgestürzten Lavablöcke ungemein
unregelmässig, oft ganz ungangbar ist, indem diese
Steine mit gefrorenem Schnee bedeckt sind, ' der nicht
überall das Gewicht eines Menschen zu tragen vermag.
Ebenso schlimm jedoch ist es, wo kein Schnee liegt; man
zerschneidet sich da an den scharfen Kanten und Ecken
der losgelösten Blöcke die Hände und zerreisst sich die
Kleider. So gingen wir denn vorsichtig und langsam in
die Höhle hinein. Diese macht den Eindruck eines wohlgewölbten
Tunnels, dessen Längsrichtung Ostnordost ist.
Seine Höhe beträgt nach Ölafsson und Pälsson x) 34—36
dänische Fuss, welche Höhe während der beiden ersten
Drittheile ziemlich constant ist, im letzten aber immer mehr
und mehr abnimmt, bis am Ende das Dach den Boden berührt.
Die Breite beträgt 50—54 Fuss und wird ebenfalls
erst gegen das Ende der Höhle geringer. Die Länge endlich
wird zu 5030—5050 Fuss angegeben.
Die Decke ist besonders in den Nebenhöhlen und je
weiter man in das Innere kommt, desto-reichlicher mit den
schönsten Lavastalaktiten geziert; die längsten sind mehr
als fusslang und an der Wurzel faustdick, die dünnsten
wie eine lange zierliche Nadel gestaltet. Yon aussen sind
sie meist rauh, bisweilen blätterig, mitunter mit kohlensaurem
Kalk überrindet, oft obsidianartig verglast, im Innern
vielfach durchlöchert. Da sie grösstentheils oben an
der First hängen, so waren sie für uns unerreichbar; nur
wenige konnten wir dadurch,- dass einer auf des ändern
Schultern stieg und an den Seitenwänden sich anklammerte,
von ihrem felsenfesten Sitze loshämmern. Die Seitenwände der
Höhle, auch die der Nebenhöhlen, sind in der untern Hälfte
sehr schön und regelrecht horizontal gestreift, bisweilen
eannelirt: deutliche Spuren eines rasch durchgeflossenen
Lavastroms. Eine andere Erscheinung, die mehrfach falsch
erklärt wurde, ist die Glasur, die an einigen Stellen die
Decke und die Seitenwände der Höhle überzieht. Sie ist
nichts als eine obsidian- oder tachylytartige Ueberrindung,
und ganz dieselbe Erscheinung, wie man sie bei so vielen
isländischen Basaltgängen, z. B. schon auf ViÖey, wahrnimmt,
bei denen unmittelbar an der Berührungsfläche
des Ganges mit dem Nebengestein sich eine tachylytartige
Glaskruste von schwarz oder dunkelgrün glänzender Farbe
zeigt, das Erzeugniss der raschen Erstarrung an den kalten
J) Siehe Ölafsson og Palsson, Reise igjennem Island, I, §. 349 fg.
Island. '