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 Hause  stehenden  kolossalen Basaltblock  angebunden  waren,  
 traten  wir  in  die Wohnung  des D istrictsarztes  (heraölaiknir)  
 Herrn  Dr.  Jösep  Skaptason  ein.  Wir  fanden  ihn  damit  beschäftigt, 
   ein  1860  hei  Vieweg  und  Sohn  in  Braunschweig  
 erschienenes  Buch  über  Thierarzneikunde  mit  Hülfe  eines  
 dänischen  Lexikons  zu  lesen.  E in  isländischer  Arzt  ist  
 A rzt,  Chirurg,  Geburtshelfer,  Thierarzt,  Apotheker und noch  
 manches  andere,  alles  in  einer  Person;  trotzdem  weiss  Dr.  
 Skaptason  diese  verschiedenen  Zweige  medicinischer Thätig-  
 keit  sehr  geschickt  zu  vereinigen.  Sein  Neffe,  Herr  Cand.  
 med.  Skapti  Skaptason,  unterstützt  ihn  dabei  nach Kräften.  
 Letzterer  hat  als  Autodidakt  geläufig  französisch,  englisch,  
 etwas  deutsch  und  lateinisch  ausser  dem  Isländischen  und  
 Dänischen  sprechen  gelernt,  was  uns  sehr  zu  statten  kam.  
 Ersterer  hat  mit  einer  Gastfreundschaft,  die  man  auf  dem  
 Continente  wohl  nicht  leicht  findet,  seine  ganze  Wohnung  
 uns  zur  Verfügung  gestellt  und  auf  das  reichlichste  uns  
 bewirthet.  Wir  sagen  diesem  Herrn  und  seiner  liebenswürdigen  
 Gemahlin  hierdurch  für  seine  wohlthuende  Gastfreundschaft  
 unsern tiefgefühlten D ank und  hoffen  nur,  dass  
 diese  Zeilen  ihm  zu  Gesicht  kommen  werden. 
 Nach  dem  üblichen Kaffeetrinken wurde  ein Spaziergang  
 in  die  nächste  Umgebung  des Hauses  unternommen.  Dieses  
 liegt  auf  einer  Insel  in  der  Vatnsdalsä  oder  vielmehr  auf  
 einer  H albinsel,  welche  durch  einen  ungangbaren  Sumpf  
 abgegrenzt  wird.  Hier  halten  sich  ungemein  viel  Enten  
 auf,  hauptsächlich  aber  die  gewöhnliche  wilde  Ente  (Anas  
 boschas fera),  Stockente,  von  den Isländern  ebenfalls  stoMc-  
 önd genannt.  Auch  den  bereits mehrfach  erwähnten  Odins-  
 hahn  (Phal.  hyperboreus)  fanden  wir  hier in  grösser Menge  
 fast  zahm  auf  den  Pfützen  und Teichen  im  Sumpfe  umherschwimmend. 
   D ie  Gattenliebe  dieses  allerliebsten  Thier-  
 chens,  welches  in  uneingeschränkter  Monogamie  lebt,  ist 
 wahrhaft  erstaunlich.  War  ein  Weibchen  geschossen;  so  
 schwamm  das  Männchen  herbei  und  suchte  durch  allerlei  
 oft  possirliche  Manöver  die  todte  Gemahlin  wieder  zum  
 Leben  zu  erwecken.  E rst  wenn  der  Hund  ins  Wasser  
 schwamm,  um  die  Beute  zu  holen,  verliess'  das  verwitwete  
 Männchen  die  Leiche.  Aber  im Leben  bethätigt  sich  diese  
 eheliche  Liebe  noch weit  auffallender..  Wir haben  den  Odms-  
 hahn  gewiss  fünfzigmal  beobachtet  und  nie  allein  gefunden,  
 oft  hingegen mehrere Paare beisammen.  D ie Männchen  liebkosen  
 die  Weibchen  mit  ihrem  Schnabel,  erzeigen  ihnen  
 allerlei Artigkeiten  und suchen  sich  möglichst liebenswürdig  
 zu  machen.  Mitunter  kann  da  selbst  das  abgehärtetste  
 Jägerherz  sich  nicht  entschliessen,  einen Schuss  unter  diese  
 sorglos  spielenden  Thierchen  zu  th u n /d ie   vor  dem  Menschen  
 durchaus  keine  Scheu haben.  A uf den Färinseln  nennt  
 man  sie Helsareji  wegen  des  schön  rothen H alses  (im   Sommerkleide). 
   In  Island  heissen  sie  auch  Sundhani,  d.  1.  
 Schwimmhähne,  weil  sie  wie  die  Hühner  keine  Schwimmhaut  
 zwischen  den  Zehen  haben,  sondern  nur  sogenannte  
 Lappenfüsse  (Pe'des  lobati,  daher  der  alte  Name  Trinya  
 lobata).  Auch  die  E isente  hält  sich  in  dem  Sumpfe  auf. 
 Gehen  wir  nunmehr  in  den  Garten  des  Arztes,  so  über-  
 I  rascht  es  uns,  daselbst  allerlei Gemüse  angebaut  zu finden,  
 Kartoffeln,  Rüben,  K ohl,  Petersilie u. dgl.  war  zwar nicht m  
 Menge  da,  aber  es  w uchs  doch  und  grünte.  Zweifelsohne  
 könnte  man auch  in ändern Theilen Islands  Gemüse anbauen,  
 wenn nur erst der Anfang dazu im grossen gemacht würde.  D ie  
 genügsame  Natur  des Isländers  sträubt  sich  gewaltig  gegen  
 die  Einführung  von Neuerungen.  Deswegen  findet  auch  die  
 künstliche,  von  der  isländischen  Art  und Weise  abweichende  
 Methode  des  Dr.  Skaptason,  seine  W iesen  zu  wässern,  so  
 wenig  Anklang  im Lande,  obgleich  der Erfolg  in  die  Augen  
 springt.  Dabei ist aber wohl  das Haupthemmniss  der K ostenpunkt. 
   Nur wenigen Isländern  stehen  so  viel Mittel zu Gebote 
 Ir«sl,a ndh . 10