
Scolopendra Mossambica et platypoda, * P e t e r s , Myriopod. v. Mossamb. p. 527 ff. Taf. I. Fig. 1 u. 2.
Scolopendra planidens et infesta, K o c h , Myriapod. II. p. 57 f. Taf. 88. Fig. 179 u. 180.
Scolopendra carmipes, de S a u s s u r e , Rev. et Magas. de Zoologie. 2. ser. XXII. p. 204.
Dass die von Br a n d t (a. a. 0.) nach Westindischen Exemplaren sehr treffend
beschriebene Scolopendra platypus nicht nur über einen grossen Theil des tropischen
Amerika (Brasilien, Columbien, Mexico), sondern auch über Afrika weit (Aegypten,
Sansibar, Mosambik, Damara) verbreitet ist und selbst in Ostindien nicht fehlt,
kann bei der völligen Uebereinstimmung der von jenen Lokalitäten stammenden
Exemplare in allen ihren wesentlichen Merkmalen, nicht dem mindesten Zweifel
unterliegen. So leicht es ist, an einzelnen Columbischen oder Brasilianischen Individuen
relative Unterschiede in der Länge der Glieder des letzten Beinpaares,
einen bis zwei Dornen mehr oder weniger am Innenrande des ersten Gliedes derselben,
geringfügige Differenzen in der Färbung des Kopfes, der Fühler, Beine
u. s. w. aufzufinden, wenn man sie mit einem gleichfalls einzelnen aus Aegypten,
Sansibar oder Süd-Afrika vergleicht, so unzulässig erweist sich bei Betrachtung
zahlreicher, einer und derselben Lokalität entstammender Exemplare der Versuch,
sie von denjenigen eines ändern Fundorts als besondere Art zu trennen. Differenzen,
welche sich an einzelnen Individuen auf den ersten Blick als nicht unbeträchtlich
zu erweisen scheinen, verlieren vollständig an Bedeutung durch die
leicht zu constatirende Thatsaehe, dass sie sich an den Exemplaren weit von einander
entfernter Lokalitäten nicht nur in ganz übereinstimmender Weise wiederholen,
sondern auch durch die allmähligsten Uebergänge vermittelt werden, so
dass also einzelne Amerikanische mit Afrikanischen weit genauer übereinstimmen,
als mit solchen, in deren Gesellschaft sie aufgefunden worden sind, ja dass sie
sich von letzteren unter Umständen sehr leicht, von jenen überhaupt nicht unterscheiden
lassen. Dass diese Identität bei einer so leicht kenntlichen Art, wie es
gerade die Scolopendra platypus ist, bis jetzt übersehen worden ist, erklärt sich zur
Genüge aus dem Umstande, dass mit Ausnahme B r a n d t ’s sich keiner der bisherigen
Autoren, welche die Zahl der Nominal-Arten von Scolopendra nach Kräften
zu bereichern bestrebt gewesen sind, über die wirklichen Artmerkmale .Rechenschaft
zu geben versucht hat; vielmehr sind diese vermeintlichen Arten entweder
völlig kritiklos auf vereinzelte, mit anderweitigen nicht näher in Vergleich gebrachte
Individuen begründet oder, wie wiederholt hei Ge r v a i s und Newp o r t , hauptsächlich
auf Grund eines verschiedenen Fundorts als selbstständige betrachtet worden.
Und doch liegt es bei der Lebensweise der Scolopendren von vornherein auf
der Hand, dass sie gleich verschiedenen Insekten, einzelnen Scorpio- und Fhrynus-
Arten bei dem Transport von Nutzholz, Zierpflanzen (Palmen, Orchideen und
Farnen) u. s. w. mit Leichtigkeit entfernt liegenden Gegenden übermittelt werden
können, wie denn auch derartige Fälle selbst für Europa bereits wiederholt con-
statirt worden sind. So wenig wie es Jemandem einfällt, einen aus Afrika stammenden
Dermestes vulpmus oder eine in Ostindien gefundene Peripla/neta Americana,
Australasiae u. A. von Brasilianischen oder Neuholländischen Exemplaren specifiseh
trennen zu wollen, so wenig Grund liegt auch vor, jedes nicht von den Antillen
oder aus Südamerika stammende Exemplar der Scolopendra platypus für eine besondere
Art auszugeben. Auf geringfügige und relative Unterschiede ist bei dieser
letzteren Gattung um so weniger Gewicht zu legen, als solche einerseits selbst bei
gleichaltrigen Individuen derselben Art notorisch nirgends fehlen, andererseits aber
bei dem unbegrenzten Wachsthum dieser Thiere mit zunehmender Grösse, wie
sich unschwer nachweisen lässt, um so prägnanter werden. So z. B. erscheinen
bei den stärkeren Individuen der Scolopendra platypus die einzelnen Glieder des
letzten Beinpaares offenbar dadurch, dass bei ihnen das Längen-Wachsthum mit
der Zeiff sistirt wird, verhältnissmässig breiter und robuster, wodurch sie von denjenigen
jüngerer Individuen selbst recht auffallend abweichen können. Ausserdem
scheint bei dieser Art sich aber auch ein sexueller Unterschied in der Bildung
dieses letzten Beinpaares auszudrücken, welcher darin besteht, dass bei einem
Theil der Individuen nur die b e i d e n , bei anderen dagegen die d r e i ersten
Glieder oberhalb abgeflacht und beiderseits gerandet sind. Letztere, welche sich
unter den Afrikanischen Exemplaren (Sansibar, Aegypten u. s. w.) in ganz übereinstimmender
Weise, wie unter den Amerikanischen (Brasilien, Columbien) vorfinden,
möchten nach der durchschnittlich grösseren Schlankheit des Körpers und
der Fühler, so wie nach einer kappenförmigen Hervorstülpung, welche vor der
Afteröffnung bemerkbar ist, als männliche in Anspruch zu nehmen sein. Ihre
Eigenthümlichkeiten sind bereits von Newpor t (für seine Scolop. longicornis,
a. a. 0. p. 383) und von Koch (bei seiner Scolop. plcmipes) hervorgehoben, aber
als specifische angesehen worden.
Die von der Sans ibar -Küs te vorliegenden Exemplare beiderlei Geschlechts
messen 67—90 mill. in der Länge; nach anderen Individuen zu urtheilen, erreicht
die Scolopendra platypus jedoch eine ansehnlichere Grösse. .
A nm e rk u n g . Wenn für die vorstehende Art der Name Scolop. platypus in Anwendung gebracht
worden ist, so ist der Grund dafür der, dass die ihn begleitende B r a n d t ’sche Beschreibung
die erste ist, welche eine völlige Ueberzeugung für die Identität gewährt. Liesse sich dasselbe von
der Charakteristik der Scolop. marginata, S ay (Journ. acad. nat. scienc. Philadelph. II. p. 110.
No. 1.), welche eine in Georgia, Florida und Westindien einheimische Art kennzeichnet, sagen, so
würde diese Benennung, als v. J. 1821 datirend, unzweifelhaft den Vorzug verdienen; die über die
Hinterbeine gemachte Angabe, dass ihre Glieder kaum doppelt so lang als breit und das erste derselben
innerhalb und unten bedornt sei, ist indessen zu unbestimmt gehalten, um, wenn auch immerhin
die Wahrscheinlichkeit einer Identität vorhanden ist, eine solche daraus zu folgern. Noch bei
weitem zweifelhafter muss die Synonymie der Scolop. Brandtiana, G e r v. (Annal, scienc. nat. 2. sér.
VII. p. 50. No. 6) erscheinen, um so mehr als diese Art später von G e r v a is selbst (Aptères. IV.
p. 280. No. 68) nicht mit Sicherheit auf die B r a n d t ’sche gedeutet werden konnte und, falls die
an letzterem Ort gegebene ausführlichere Beschreibung nicht ungenau ist, — es fehlt in derselben
eine Angabe über die Bedornung der Unterseite des ersten Hinterbein-Gliedes — auch in der That
Unterschiede vermuthen lässt. Als völlig ungerechtfertigt muss es aber erscheinen, wenn N ew p o r t
(a. a. 0. p. 378) für die hier in Bede stehende Art die L in n é ’sehe Benennung Scolop. morsitans
restituiren will und zwar einzig uud allein auf Grund einer handschriftlichen Notiz L in n é ’s in
einem Exemplar von B row n ’s History of Jamaica. Denn wenn schon die von L in n é angeführten
Citate eine Confundirung mehrerer Arten ersehen lassen, so ergiebt seine Charakteristik der Scolop.
morsitans (Amoenit. acad. I. p. 608. No. 63, — edit. III. 1787. I. p. 325. No. 63.) mit voller Sicherheit,
dass es sich hei ihm nicht um Feststellung einer bestimmten Art, sondern nur um die Kennzeichnung
der Gattung Scolopendra (im Gegensatz zu Uthobius, Geophilus u. s. w.) handelt. —
Dass sich die oben angeführten N e w p o r t ’sehen Namen sämmtlich nur auf leichte Modificationen
in der Länge der beiden ersten und in der Bedornung des ersten Gliedes der Hinterbeine, wie sie
sich bei dem Vergleich zahlreicher Exemplare der Scolop. platypus leicht zu erkennen geben, theil-
weise vielleicht nur auf weit von einander entfernte Fundorte beziehen, ist wohl unzweifelhaft.
Möglicher Weise ist aber selbst hiermit noch nicht die Synonymie der Art geschlossen; denn z. B.
auch die Charakteristik der Australischen Scolop. longicornis, Newp. (a. a. 0. p. 383. No. 12), passt
so gut auf mäm.liehe Individuen der vorstehenden Art, dass man sich leicht veranlasst fühlen
dürfte, das Vorkommen der Scolop. platypus auch in Neu-Holland zu vermuthen.