
das Flügelgeäder sich mehr isolirende Gattung Labiäus, Jur., nach den bisherigen
Erfahrungen nur durch Amerikanische Arten, die drei in näherer Beziehung ? zu
einander stehenden Dorylus, Fab., Aenidus, Shuck. und Rhogmus, Shuck. wohl
ausschliesslich*) durch Arten der alten Welt repräsentirt sind und zwar so, "dass
Dorylus und Aenidus neben Afrikanischen auch Asiatische, Rhogmus dagegen nur
eine einzelne des ersteren Landes enthält.
Der, wie es scheint, zuerst von L a t r e i l l e (Gen. Crust. et Insect. IV. p. 124)
hervorgehobene auffallende Umstand, dass sämmtliche Dorylus im F a b r i c i u s ’schen
Sinne männlichen Geschlechts seien, ist offenbar für S h u c k a r d der Anlass
gewesen, nach der dazu gehörigen weiblichen Form unter den Ameisen zu suchen,
nachdem vo nHa l id a y und L e p e l e t i e r die engen Beziehungen zwischen Dorylus
und den Formicarien hervorgehoben worden waren. Mit unverkennbarem Scharfsinn
hat S h u c k a r d die mehrfachen Analogien zwischen den männlichen Labiäus
und einer von We s two o d (Introd. to the mod. classif. of Insects. II. p. 226.
Fig. 86) unter dem Namen Typhlopcme abgebildeten, durch den Mangel der Netzaugen
ausgezeichneten flügellosen Ameisenform geltend gemacht und, ohne irgend
welchen empirischen Anhalt für ihre Zusammengehörigkeit zu besitzend-letztere
sogar ohne Weiteres als die weibliche Form von Labiäus in Anspruch genommen.
In seinem Monograph of the Dorylidae, p. 22 und 40 ff. führt er fünf .solcher
Typhloponen-Normen, welche er sämmtlich für Amerikaner gehalten zu haben
scheint, geradezu als Labiäus- (Typhlopone-) Arten auf — vielleicht nicht mit Unrecht,
jedenfalls aber darin irrend, dass er sie als wirkliche Weibchen anstatt als
Arbeiter ansieht. Von dieser Zusammengehörigkeit — wenn auch gleichsam nur
instinktiv — überzeugt, sah sich S h u c k a r d veranlasst, eine mit Typhlopone sehr
analog gebildete Afrikanische Ameisenform, welche er (a. a. 0. p. 40) unter dem
Namen Anomma bekannt machte, gleichfalls den Doryliden zuzurechnen, ohne sie
freilich der Gattung Dorylus in gleich direkter Weise als Weibchen zu vin diciren,
wie Typhlopone zu Labiäus. Unzweifelhaft hatte letztere Ansicht, welcher ich mich
selbst früher (Insekt, v. Mossamb. p. 497 f.) zugeneigt habe, um so mehr etwas
Verlockendes, als sie durch die damalige Kenntniss von der geographischen Verbreitung
der Typhloponen einer- und der Dorylus- Arten andererseits unterstützt
wurde. Nachdem sie jedoch zuerst durch den Nachweis, dass auch der alten Welt
eigentliche Typhloponen keineswegs fehlten, erschüttert worden war, hat ihr schliesslich
die Beobachtung, dass letztere-in Gemeinschaft mit männlichen Dorylus lebten
und ausschwärmten, immer mehr den Boden entzogen. Ausser der von mir früher
irrig als Anomma gedeuteten, aber der Gattung Typhlopone (Westw.) Shuck. in
Wirklichkeit angehörenden „Typhlopona“ Oraniensis, Luc. (Explor. scient, de
l’Algérie, Hyménopt. p. 302. No. 336. pl. XVI. Fig. 11) sind nach und nach verschiedene
Afrikanische und Asiatische Arten der Gattung (Typhi, pwndatd, - Smit h ,
brevinodösa, Mayr , laevigata, Smith), ja durch Roger (Berl. Ent. Zeitschr. III.
p. 248) sogar eine Italienische: Typhi, emopaea, Rog. zur Kenntniss gekommen.
Ein colonienweises Zusammenleben von Dorylus und Typhlopone, wobei erstere (die
Männchen) in zahlreichen, letztere (die Arbeiter) in Hunderten oder Tausenden von
Individuen vertreten sind, ist aber gegenwärtig von so verschiedenen Seiten und
*) Dass der von Ha l d ema n (Proceed. acad. nat. scienc. of Philadelphia. IV. p. 205) bekannt
gemachte D<yrylus planic&ps aus Nord-Amerika in Wirklichkeit dieser Gattung angehört, möchte
wohl noch einer näheren Begründung bedürfen.
in so übereinstimmender Weise constatirt, dass darin etwas Zufälliges zu erblicken,
ebenso unbedingt von der Hand gewiesen werden muss, wie die Thatsache selbst
in Abrede stellen zu wollen; höchstens könnte letztere in Betreff der daraus zu
ziehenden Folgerungen noch verschiedene Ansichten herausfordem. Bereits im
J. 1845 gelangte durch Capt. Boys an We s twood (Journ. proceed. entom. soc.
of London, p. 127) die Mittheilung, dass derselbe zu Goruckpore in Nord-Indien
männliche Dorylus in Gesellschaft „wirklicher Ameisen“ (true ants) aus einer kleinen
Oeflfnung in dem Boden eines Hauses ausschwärmen sah und dabei die Ueb.er-
zeugung gewann, dass beide gemeinschaftlich in unterirdischen Wohnungen lebten.
Da diese Beobachtung eines wesentlichen Erfordernisses, nämlich der Constatirung
der Arbeiter-Ameisen als Typhlopone ermangelt, selbst nicht einmal der Augenlosig-
keit derselben gedenkt, so dürfte Sie, obwohl unzweifelhaft derselben Categorie wie
die folgenden angehörend, nicht als absolut beweisend angesehen werden können.
Um. so weniger lassen aber die mit ihr sowohl als unter einander übereinstimmenden
Angaben von El l iot (Transact. entom. soc. of London. 2. ser. V. Proceed. p. 28)
und J e r d e n (Proceed. entom. soc. of London 1865. p. 93 f., Entomol. monthl.
magaz. II. p. 3 u. 23) irgend, einen Zweifel aufkommen, da in den von ihnen
beobachteten Fällen die Verificirung der Arbeifer-Ameisen als Typhlopone durch
specielle. Kenner, wie We s two o d und Smi t h , , stattgefunden hat. El l io t
beobachtete [dasselbe Phänomen wie Boys , einmal in Madras, J e r d o n dreimal
an verschiedenen Orten Central- und Nord-Indiens. Ausserdem ist aber neuerdings
auch’mir selbst eine Mittheilung über einen ganz entsprechenden Vorgang aus
Guinea, und zwar unter Hinzufügung der demselben zu Grunde liegenden Objekte
zugekommen. Nachdem nämlich ein seit mehreren Jahren in Accra ansässiger
Deutscher, Herr U n g a r , von dorther neben verschiedenen anderen Insekten auch
einzelne Dor^iws-Individuen eingesandt hatte, machte ich ihn mit den eben erwähnten
Beobachtungen, über die Lebensweise und das Vorkommen dieser Insekten bekannt
und forderte ihn, zugleich mit Hinweis auf das noch unbekannte oder in der
Gattung DicMhadia, G e r st. wenigstens nur , vermuthete fortpflanzungsfähige
Weibchen, auf, bei der ersten sich darbietenden Gelegenheit eines Dorylus- und
Typhlopone-Sehwarmes nicht nur alle dabei betheiligten Individuen sorgfältig ein-
zusammeln, sondern auch den unter der Schwärmöffnung liegenden Grund und Boden
möglichst genau auf eine etwa noch vorhandene dritte Form zu untersuchen. In
der That kam nun auch nach nicht allzülanger Zeit in Accra ein. den aus Indien
mitgetheilten ganz analoger Fall zur Beobachtung; denn auch hier schwärmten
grosse Dorylus- Individuen in Gemeinschaft mit einer Typhlopone-Axt aus einer im
Boden befindlichen Oeffnung innerhalb eines. Gebäudes aus, um sofort von Herrn
Un g a r eingesammelt und zusammen in Weingeist aufbewahrt zu werden. Der
Inhalt des eingesandten Glases, dessen Musterung meinerseits sich natürlich zunächst
auf die Anwesenheit eines Weibchens richtete, ohne jedoch ein solches zu ergeben,
bestand einerseits aus nahe an dreissig geflügelten Dorylus, sämmtlich einer und
derselben Art angehörig, andererseits aus Tausenden von Typhlopone-Individuen,
welche zwar sehr beträchtliche 'Grössendifierenzen (von 11 bis 5 mill. Länge herab),
aber , ebenfalls keine specifische Verschiedenheit, erkennen Hessen. Für erstere
konnte durch die an einem Individuum vorgenommene Untersuchung des sehr
voluminösen inneren Geschlechtsapparates und durch die Ermittelung, dass allen
übrigen gleiche äussere Copulationsorgane zukamen, das ausschliesslich männhehe
Geschlecht ausser Zweifel gestellt werden. Um über die sexuelle Natur der Ty