
Gewissheit zu erlangen, bedurfte es bei der sehr schwankenden
KörpergrSsse und der Möglichkeit einer von derselben abhängigen Verschiedenheit
weiblicher Fortptknznngsorganc der genauen Untersuchung einer grösseren Anzahl
von Exemplaren. Dieselbe ergab bei Individuen der verschiedensten Grösse den
übereinstimmende« Befund, dass die grössten ebenso wie die kleinsten eines aus-
gebildeten inneren Geschlechtsapparates und vor Allem jeder Spur von Eiern entbehrten,
während doch alle übrigen der Hinterleibshöhle cigcnthltmlichen Organe
sieh nach ihren einzelnen Theilen ohne Mühe zur Anschauung bringen Hessen.
Als von besonderem Interesse für die Kenntniss der eingesammelten Art mag beiläufig
noch erwähnt werden, dass die männlichen Individuen sieh als identisch mit
dem zuerst ans Mosambik bekannt gewordenen Dorylus Imlius, *Gers t . (Insekt,
v. Mossamb. p. 499. Taf. XXXI. Fig. 14) herausstellten, während die Arbeiter-
Ameisen sich durch nichts von der Typhlopone Oranicnsis, Luc; (a. a, 0.) unterscheiden
Hessen. Da diese Uebereiustinunung angesichts der so verschiedenen
I undorte in hohem Grade auffällig erscheinen musste, wurde der Vergleich von
mir mehrfach, auf das Sorgfältigste und unter Anwendung der stärksten Ver-
grösserungen wiederholt , ohne jedoch irgend einen Anhalt für die Unterscheidung
der von beiden Lokalitäten stammenden Individuen zu liefern: während andere
Arten der Gattung, wie Typlilop. Europaea, Bog., laemgatu, Smi th und Curtisi,
Shuek. in ihrer Verschiedenheit sowohl untereinander als von Typlilop. Oraniensis
sich ohne Schwierigkeit erkennen Hessen. Uebrigens ist auch bereits von Mayr
0 erhandl. d. zoolog. - botau. Gesellsch. zu Wien. XIII. p. 457) das Vorkommen der
TypMop. Ommmsts (var. brevinodosa, Mayr) an der Goldküste constatirt worden,
nur dass er an den von ihm beobachteten Individuen — was bei den aus Ac c ra
stammenden nicht der Fall ist — geringe Unterschiede in der Färbung und in der
Form des Petiolus erwähnt.
EinschüessHeh dieses in Accra beobachteten und nach allen Seiten hin sicher
gestellten Falles liegen demnach bereits fünf, und mit Hinzunahme des oben
erwähnten Bo y s sehen selbst sechs verschiedene Beobachtungen vor, nach welchen
die männUehen Dorylus unter volksreichen Typhlopone- Colonien lebend und in Gemeinschaft
mit denselben aus ihrem Erdbau ausschwärmend angetroffen worden
sind, während für das von S h u c k a r d supponirte generische Zusammenfallen oder,
was dasselbe sagen will, für die nur sexuelle Differenz zwischen Typhlopone und
Lafadns bisher kein einziger empirischer Anhalt gegeben ist. Anders verhält es
sich mit der Gattung Anomma, Shuek., welehe, nachdem sie einmal als Doryliden-
Fonn geltend gemacht worden war, sieh noch vor nieht langer Zeit nach ihrem
^ aterlande (Afrika) zunächst als die Arbeiterform von Dorylus anfdrängte und als
solche auch um so mehr in Anspruch genommen werden durfte, als das Vorkommen
von Typhloponen in der alten Welt damals noch nieht bekannt oder wenigstens
nicht unzweifelhaft festgestellt worden war. Ueber das Zusammenleben von Dorylus
mit Anomma liegt nun gleichfalls eine Mittheilung vor, welehe, wenn sie eine verwandtschaftliche
Beziehung beider Formen gleich nicht in demselben Maasse nahe
legt, wie die über Typhlopone gemachten, so doch die Annahme einer solchen
immerhin nicht als ungerechtfertigt erscheinen lässt. S a v a g e (Proceed. acad. nat.
sdene. öi Philadelphia. IV. p. 200 ff.) berichtet nämlich über die von ihm zuerst '
beschriebene Anomma rubella, welche nach der auf p. 202 gegebenen Abbildung
eine wahre Anomma, nieht etwa eine Typhlopone ist, dass er am Gabon inmitten
eines grosaen Wanderzuges dieser als „Treiber-Ameise“ (drwer-emt) bekannten Art
oine Anzahl von Dorylus- Individuen angetroffen habe, deren Art, sich unter den
Arboiter-Amoison zu bewegen, ihm den überzeugenden Eindruck gewährte, dass sie
diesen als alter sexus angekürten. Die von ihm an eine Commission zur llcgut-
achtung eingesandten ./lory/ws-Individuon batten nach Angabe dieser sich sämmtlich
ihrer Flügel bereits entledigt und schienen dom Dorylus nigricans, 11 Hg. (Magaz.
f. lnsektenk. I. p. 188. No. 18) anzugehüren.
Stellt man diese verschiedenen Beobachtungen und Thatsachen der von
S h u c k a r d über die Beziehungen von Typhlopone zu Labidus aufgestellten und
von Anomma zu Dorylus wenigstens angedeuteten Hypothese gegenüber, so wird
man ohne Weiteres zugesteben müssen, dass sich die mannigfachen Zweifel und
liäthsel, welche der Kenntniss über das Geschlechtsleben der Doryliden noch anhafteten,
im Verlauf der Zeit nicht nur nicht geklärt und gehoben, sondern nur
immer mehr gehäuft und complicirt haben. Falls die Hypothese S h u e k a r d ’s
Uber die Zusammengehörigkeit von Labid/us und Typhlopone begründet ist und die
Beobachtungen über das colonienweise Zusammenleben von Dorylus und Typhlopone
zu dem Schluss berechtigen, letztere als Sexualformen derselben Art anzusehen, so
würde einer und derselben Arbeiter-Gattung in Amerika eine andere männliche
Form als in Afrika und Asien angehören; denn so unzweifelhaft die Typhloponen
der alten und neuen Welt generisch eins sind, so wesentlich von einander verschieden
sind die beiden Gattungen Dorylus und Labid/us. Andererseits würden,
falls auch die S a v a g e ’sche Beobachtung die Folgerung rechtfertigen soUte, dass
Anomma rubella die Arbeiterform von Dorylus nigricans sei, zwei Arten einer und
derselben Gattung, wie es Dor. nigricans, I l l ig. und badius, Ger s t . unzweifelhaft
sind, sich auf zwei verschiedene Gattungen von Arbeiterformen, als welehe Typhlopone
und Anomma doch angesehen werden müssen, vertheilen. Nun entbehrt aber,
wie gesagt, die Zusammengehörigkeit von Typhlopone und Labidus bis jetzt jedwedes
empirischen, aus der Lebensweise entnommenen Anhaltes; und in Betreff der
Arbeiterform von Dorylus müssen wohl die an Typhlopone gemachten direkten
Beobachtungen über ein staatliches, Zusammenleben offenbar als bei weitem entscheidender
angesehen werden als diejenige über ein möglicherweise zufäUiges,
einmaliges gesellschaftliches Wandern von Dorylus unter Anomma. Jedenfalls ist
es bei der S a v a g e ’sehen Mittheilung verdächtig, dass die von ihm angetroffenen
Männchen durchweg der Flügel entbehrten und es ist keineswegs unmögHch, dass
die als Baub- und Wander- Ameise bekannte Anomma rubella jene Individuen nur
unterwegs aufgegriffen und als Sklaven mit sich geführt habe. Dass hiermit die
Möglichkeit des Gegentbeils nicht widerlegt ist, versteht sich natürlich von selbst;
nur ist es gewiss nicht wahrscheinlich, dass die Arbeiter-Formen einzelner Dorylus-
Männchen zu Anomma, diejenigen der übrigen zu Typhlopone gehören.
Eine andere hier gleichfalls zu erörternde Frage ist freüich die, ob ein colonien-
weises Zusammenleben von Dorylus und Typhlopone für sieh allein in der That
auch zu der Annahme berechtige, sie als sexuelle Formen einer und derselben
Art anzusehen; denn es würde durch dieses gemeinsame Vorkommen noch immer
nicht die MögHchkeit ausgeschlossen sein, dass die — nach ihrem fortpflanzungsfähigen
Weibchen bis jetzt nicht bekannten — Dorylus nur als Gäste in der
Typhlopone -Colonie lebten. Eine solche Eventualität würde schon deshalb nicht
ganz ausser Betracht gelassen werden können, weil analoge Fälle, wenngleich nur
vereinzelt, unter den Ameisen bereits zur Kenntniss gekommen sind. Sie könnte
aber auch selbst einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch