Flüssigkeit trinkt, von dem eine andere Person getrunken hat, man deren Absichten und Gedanken
errathen könne. Die Mädchen suchen im geschmolzenen Blei in der Johannisnacht die Gestalt des
Geliebten zu erkennen, sie werfen auch drei gezeichnete Bohnen unter das Bett, die in der Finsterniss
um Mitternacht zuerst gefundene bedeutet je nach dem Zeichen einen reichen Mann oder das
Gegentheil. Schwangere Frauen haben verschiedene Vorurtheile, um das Geschlecht des Kindes
zu erkennen, das sie gebären werden; Kinder, welche bald Zähne bekommen, leben nicht lange.
Wenn eine Mutter ihrem Sohne zum ersten Male die Nägel schneidet, wird dieser ein Dieb, darum
muss diese Operation von einem Ändern vorgenommen werden. Solcher Vorurtheile giebt es eine
grosse Menge.
Trachten der Mallorquiner.
Die Einwohner von Mallorca sind im Allgemeinen schöne und wohlgestaltete Leute. Die
Männer haben meist nur eine mittlere Grösse und sind mager, aber gut gebaut, ihr Gesicht ist
knochig, scharf markirt und häufig etwas zu breit, ihre Haare sind meist dunkelbraun, die Augen
schwarz oder dunkelgrau, die Nase mittelgross und die Mundwinkel scharf ausgeprägt. Unter den
Jünglingen machen sich manche durch das Feuer ihrer Augen bemerklich, während die Greise
ein ehrwürdig mildes Aussehen annehmen. Die Frauen sind schlank, zierlich, haben aber selbst
im jugendlichen Alter einen etwas schwellenden Unterleib. Dunkle Haare sind vorherrschend,
blonde und rothe gehören zu den Ausnahmen, die Augenbrauen sind scharf gezeichnet, der Mund
gross, aber wohlgeformt. Die Frauen unterscheiden sich sehr in den verschiedenen Theilen der Insel.
Manche zeigen die ganze Zartheit und den entzückenden ätherischen Duft spanischer Schönheiten,
andere sind täuschend Französinnen ähnlich.
Die Trachten der mallorquinischen Bauern sind eigenthümlich. Die Männer tragen die Haare
kurz, nur die alten Bauern lassen die Silberlocken lang herab wallen. Der Bart w ird ganz abrasirt.
An Feiertagen tragen die älteren Leute schwarze Hüte aus Wollfilz, die einem breitkrämpigen
Cylinder gleichen, oder auch halbkugelförmig gestaltet und weich sind, in we lch ’ letzterem Fall
sie von einer Schnur mit Quasten oder von einem Bande umwunden werden. Im Sommer werden
Hüte aus Palmito getragen. Unter der Kopfbedeckung trägt man ein über den Kopf geschlagenes,
hinten festgeknüpftes Tuch (dasselbe ist aus Cattun oder Seide und meistens von blauer Farbe),
dessen Zipfel über den Nacken herabhängen. Sie wissen das Tuch mit grossem Geschick umzulegen,
so dass dasselbe häufig w ie eine aufrechte, den Kopf überragende Mütze erscheint und
auch die Stelle einer solchen vertritt. Mancher ältere wohlhabende Bauer trägt statt des Tuches
auf dem Scheitel eine kleine schwarze Wollmütze (Barett), die lebhaft an das geistliche Zucchetto
erinnert. Ueber das einfache weisse Hemd zieht man eine We ste mit kleinen Knöpfchen auf jeder
Seite, die im Sommer fast beständig offen bleibt, im Winter dagegen trägt man eine Weste mit
Aufschlägen, die bis oben geschlossen wird, und darüber eine kurze Jacke, Jäc genannt, welche im
Winter aus dunklem Tuch oder Merino, für den Sommer aber aus Baumwolle, Leinen oder Llista
gemacht ist. Sie hat nach oben einen spitzen Ausschnitt, die engen Aermel sind mit zugeknöpften
Schlitzen versehen. In einigen Gegenden windet man eine farbige wollene oder kattunene Binde
(Faxa) um den Leib.
Den auffallendsten Theil der Tracht bilden die Hosen. Es sind breite Pumphosen nach Art
der levantinischen, nur noch viel umfangreicher; sie bestehen aus baumwollenem oder leinenem Stoff
und Sonntags bei den reichen Bauern aus Seide; unten sind sie mit einer Schnur oder Band am
Gürtel mittelst einer durch eine Scheide gezogenen Schnur befestigt. Ihre Farbe ist bald blau und
weiss, bald hell- und dunkelblau gestreift Unter den Hosen werden im Winter Unterhosen, die
gleich weit sind, getragen. Die Wadenstrümpfe sind meistens von dunkler Farbe, und die Schuhe
haben zw ei Seitenklappen, die mittels Bändchen festgebunden werden; an Wochentagen gehen die
Aermeren barfuss. A n Feiertagen ziehen ältere bemittelte Bauern über den Jäc einen langen
Ueberzieher, Chamarra, aus schwarzem Tuch ohne Kragen. Bei kirchlichen Ceremonien, LeichenTrachten
der Mallorquiner. 179
begängnissen u. s. w . bedient man sich der Capa, eines weiten, mit spitzen, gelappten, breiten
Kragen versehenen Radmantels aus dunklem Tuch. W e it ausgebreiteter ist aber als eigentlicher
Schutzmantel der Capot gebräuchlich, auf den sich die ärmeren Klassen, sowie die jüngeren Leute
ausschliesslich beschränken. Derselbe ist auch auf Ibiza und überhaupt am Mittelmeer üblich und
wird mit und ohne Kapuze getragen. Viele dieser Mäntel sind sehr dick und haben ein haariges
Futter und scharlachrot!) gefütterte Kapuze und Umschläge, die Taschen sind mit rothen und blauen
Verzierungen Eingefasst.
W as w ir bisher beschrieben
haben, ist der
vollständige Anzug eines
Mallorquiners vom alten
Schlage, der nur noch vereinzelt
von älteren Leuten
getragen wird, die der v a terländischen
Sitte treu geblieben
sind. In den abgeschlossenen
Gebirgsorten
hat sich diese Tracht noch
am meisten erhalten, in der
Ebene ist sie sehr moderni-
sirt und kaum mehr als das
den Kopf bedeckende Tuch
übrig geblieben. Der altmodische
Sombrero hat
einem grauen Filzhut Platz
gemacht, der Jäc ist in ein
weiteres, mit einem Kragen
versehenes Gewand verwandelt,
der Hemdkragen
umgeschlagen und von
einer Cravatte umgeben und
die Hosen, die ebenso w ie
die Pumphosen befestigt
werden, sind unten enger
und reichen bis zu den
Füssen hinab. Die Faxa
wird von diesen moder-
nisirten Bauern ganz allgemein
getragen. Bei der
Arbeit im Sommer setzen sie
denPalmitohutaufundgehen
in Hemd und Hose, meist
barfuss; Schuhe werden bei Hostal in Sta Margarita,
der Arbeit nicht getragen,
eher bedient man sich noch der Abarcas (Varques), die von den Hirten allgemein benutzt werden
wenn es kühler wird, nehmen die Arbeiter und Hirten ein rothhaariges Ziegenfell, die sogenannte
isa, über den Rücken und binden die beiden Vorderfüsse desselben mit Stricken auf der Brust
zusammen.
■ Dl,e Tracht der Frauen ist w e it zierlicher als die der Männer. Sie haben die Haare nach
ninten gekämmt und m einen Zopf geflochten, der über den Rücken hinabhängt. Ein weisser
ocnieiei bedeckt den Kopf und umrahmt das Gesicht. Er heisst Volant, wenn er geschmeidig