Fast in allen Kirchen Mallorca’s, namentlich in denen von Palma,' herrscht die Sitte, den
Marienmonat im Mai zu feiern und die Betheiligung, namentlich der Frauen,, ist stets eine grosse.
Die Theilnahme an der jährlichen Beichte und Communion während der Fastenzeit oder
am Auferstehungstage ist auf der ganzen Insel und namentlich in den Ortschaften eine ziemlich
allgemeine.
Sterbende empfangen fast
durchweg die Sterbesacra-
mente, und in den seltenen
Fällen, w o dies nicht geschieht,
nimmt das Tadeln
kein Ende,■'ja man sieht ein
solches Ereigniss für einen
Fehler an, der einer
strengen Rechtfertigung bedarf.
Das Viaticum, welches
die Verwandten, Freunde
und Nachbarn des Kranken,
namentlich Arme, in der
Kirche abholen, w ird von
einem Pfarrvikar im Ornat
in das Haus des Kranken
gebracht; ein Kirchendiener,
der neben ihm schreitet, hält
einen grossen Schirm, oder
wenn ein grösserer Pomp entfaltet
werden soll, einen Baldachin
(Pallium) über ihm
ausgebfeitet, den bisweilen
auch Priester tragen. In diesem
Falle tragen zwei Messbuben
(Escölanets) Laternen und ein
anderer, der voranschreitet,
die Sakramentsfahne. Stets
geht aber neben dem Geistlichen
ein Messbübe mit
einer Klingel, welcher die
Annäherung des Herrn zu
verkündigen hat. Fast immer
schreiten processionsmäfsig
dem Priester einige Männer
mit brennenden Kerzen v o r aus,
die nächsten Verwandten
folgen hinten nach. Dann
kommen die Weiber ohne
Mann mit Capot pelud.
Ordnung, alle mit ihrem Rosenkranz Gebete hersagend. Alle Personen, die sich auf den Gassen
finden, durch w elch e das Viaticum getragen w ird , entblössen das Haupt und knieen nieder,
wobei sich Vie le das Gesicht mit den Händen bedecken. Wenn Jemand im Wagen daherführt,
so steigt er aus, um dem Vikar Platz zu machen, der sich dann desselben bis zu seiner Rückkehr
nach der Kirche bedient. Die höheren Stände befolgen auch ziemlich allgemein die Sitte, dass,
Wenn sie sich einen neuen Wagen anschaffen, sie diesen vom Viaticum einweihen lassen. Wird das
Viaticum zu einem Sterbenden des Abends oder des Nachts getragen, so treten die Bewohner der
Häuser, während die Leute auf der Gasse niederknieen, mit einem Lichte an’s Fenster oder auf den
Balkon und knieen daselbst, nieder. A lle Jene, welche das Viaticum mit Kerzen begleiten, gehen
in das Haus des Kranken hinein, w o sie während der Ertheilung des Sacramentes knieen. Dasselbe
thun auch, mit Kerzen in der Hand, die weiblichen Verwandten des Kranken, w elch e gewöhnlich
nicht zur Kirche kommen. Gleich nach der Ertheilung des Viaticums oder nachdem man den
Vikar auf die gleiche W eise zur K ir ch e . zurückbegleitet hat, nahen sich viele der Betheiligten, um
den Kranken, wenn es sein Zustand erlaubt, darüber zu beglückwünschen, dass der Herr die Gnade
gehabt habe, bei ihm Einzug zu halten. Die feierlichen Viaticums sind in Palma ziemlich häufig,
.da verschiedene, wohlthätige Zwecke verfolgende
Brüderschaften bestehen, deren
Mitglieder für einen kleinen jährlichen Beitrag
das Recht erwerben, sich an denselben
betheiligen zu dürfen. Diesen Brüderschaften
liegt es ob, das Haus des Kranken
mit alledem zu versehen, was für den
feierlichen und würdigen Empfang des Herrn
nöthig ist.
Zu den verbreitetsten und besuchtesten
religiösen Uebungen gehören die Proces-
sionen* die merkwürdigsten sind die Fronleichnams
und die Chardonnerstagsprocession.
Die erstere, bei der eine grosse Pracht entfaltet
wird, ist in Palma auf den Nachmittag
anberaumt. Sie geht von der Domkirche aus
und bewegt sich durch einige der Hauptstrassen
im Centrum der Stadt, woselbst die
Fenster und Balkone sämmtlicher Häuser mit
meist carmoisinfarbigen oder gelben seidenen
oder Damasttüchern, welche vom Fenster
oder über das eiserne Geländer des Balkons
herabhängen, geschmückt und dicht mit
Schaulustigen aller Art besetzt sind. A u f
der ganzen Strecke, w elch e die Procession
durchzieht, bilden die Truppen der Garnison
rechts und links Spalier. Eine Musikkapelle,
die Capilla de la Catedral, eröffnet die Prö-
cession, auf diese folgt der Klerus jeder
Pfanei der Stadt mit dem betreffenden
Christusbilde, welches bei dieser G e le g en - .
heit ganz mit Blumen oder Figuren von
Wachs umgeben ist, die einen verschie- Mädchen aus Felanitx im Sonntagsstaat,
denfarbigen, Lledanias genannten Stern
bilden. Dann kommen der Klerus der Domkirche und die Domherren und hierauf ta Geistliche,
welche die 12 Apostel darstellen sollen. Derjenige, welcher den heiligen Petrus vorstellt, trägt
einen Mantel und die Schlüssel in der Hand, der Darsteller des heiligen Evangelisten Johannes eine
Dalmatica, und die übrigen sind mit dem Instrument versehen, durch welches sie den Märtyrertod
erlitten. A u f diese Apostel folgt unter dem Pallium die grosse Monstranz der Kathedrale mit dem
Allerheiligsten, unter dem Geleite des Bischofs und des Gouverneurs, dem sich auch der Gemeinderath
anschliesst. ‘In .den meisten Häusern, an denen der Zug vorüberkommt, befolgt man die eigentüm
lich e Sitte, dass man auf das Pallium zum Zeichen der Verehrung und der Andacht Blumenkörbe
ausschüttet; fürwahr ein schönes und unschuldiges Opfer; wenn es auch unwillkürlich an