in der Kathedrale abhält, theil. Die zwei ältesten Concejales tragen bei dieser Procession die
Bandarolas, und die Tomboure der Municipalität schlagen im Innern der Kirche beim Singen des
Tedeums die Trommeln. Am 31. December, dem Jahrestage der Eroberung Mallorca’s durch den
König Jaime I. de Aragon, genannt ei Conquistador, veranstaltet der Ayuntamiento zur Erinnerung
daran ein weltliches und religiöses Fest. Wenn man am Morgen zur Kirche zieht, pflanzt man die
Standarte mitten auf dem Platze auf, dem Rathhause gegenüber, und lässt sie unter Bewachung
eines Soldatenpiketts mit der entsprechenden Militärmusik zurück. Das Pikett feuert bei dieser
Gelegenheit drei Salven ab, die erste in dem Augenblicke, wenn die Standarte in der Mitte des
Platzes befestigt w ird und der Ayuntamiento sich zur Domkirche begiebt, die zweite zur Zeit der
Elevation während des Hochamtes, und die dritte bei der Rückkehr des Ayuntamiento, wenn die
Standarte wieder vom Boden aufgenommen wird. Am 20. Januar w ird auf Kosten und unter
Betheiligung des Ayuntamiento in der Domkirche ein Fest zu Ehren des heiligen Thomas, des
Patrons von Palma, gefeiert.
Bei fast allen religiösen Festlichkeiten, von denen bisher die Rede war, zieht der A yu n tamiento
unter Vortritt der Tamboure, der Maceros (Stabträger) und anderer gemeinderäthlicher
Unterofficiere in die Kirche ein. Solche Feste finden am Fronleichnamtage, bei Veröffentlichung der
Bulle zum Andenken an die unbefleckte Empfängniss, zu Ehren für Ramon Lull, der Beata Catalina
Tomas, des heiligen Sebastian, am Jahrestage der Eroberung u. s. w . statt.
Aber nicht blos das gewöhnliche Hochamt, sondern auch die Mette erfreuen sich eines sehr
fleissigen Besuches. Letztere wird auf Mallorca Misa del Gallo (die Messe des Hahnes) genannt,
und da hierbei höchst merkwürdige Gebräuche stattfinden, wollen w ir einige Worte darüber sagen.
Von 12 Uhr an werden feierliche Maitines und Laudes abgesungen, und kaum sind diese beendigt,
so erscheint, bevor noch das Hochamt beginnt, in der Domkirche und in einigen anderen Kirchen
ein Knabe von 10— 15 Jahren auf der Kanzel. Er hat ein seltsames Kleid an, welches dem Anzuge
der römischen Sibyllen nachgebildet zu sein scheint, daher man den Knaben auch La Sibila nennt.
Mit einem Schwerte in der Hand, singt er nach einer eigenthümlichen Melodie nachstehendes Lied,
dessen einzelne Strophen mit einer kurzen Orgeltoccata abwechseln.
El jorn del jud ici
Parrà qui no haurá fet servid .
Am Tage des jüngsten Gerichts,
W ird derjenige, der keinen Dienst erwiesen hat, in’s
Verderben gerathen.
Jesucrist rey universal
Home y v è r Deu eternal
D e l cel vindrá per á jutjar
Y à cada hu lo just dará.
Jesus Christus, der allgemeine König,
Mensch und wahrer ew ig e r Gott, .
W ird vom Himmel kommen, um zu richten,
Und jedem geben, was ihm gebührt,
Gran foch del c e l devallará.
Mars, fonts y ruis, tot cremerà:
Los peixos donarán gran crit
Perdent son natural delit.
Ein grosses Feuer w ird vom Himmel herabkommen,
Meere, Quellen und Flüsse, A lle s w ird es verbrennen,
Die Fische werd en ein grosses Geschrei von sich geben,
Indem sie ihre natürliche Kraft verlieren.
El sol perdrá sa claredat,
Mostrantsi fosch y alterat:
La lluna no dará claror
Y tot lo mon será tristor.
Die Sonne w ird ihre Klarhe it verlieren,
Sich dunkel und verändert zeigen,
Der Mond wird kein Licht geben,
Und die ganze W e lt wird Trauer sein.
A ls bons dirá: „ f ills meus veniu,
Beneventurats posseiu
El reyne qu’ eus hé parellat
Desque lo mon va ser creat.“
„Er w ird zu den Guten sagen Kommt, meine Kinder,
Glü ck selige! nehmt in Besitz
Das Reich, welches ich Euch bereitet habe,
Seitdem die W e lt erschaffen wurde.“
A ls mais dirá molt agraments, Zu den Bösen wird er zornig sagen:
„A n au maleits an e i turments, „G eh e t, ihr Verfluchten, zu den Qualen,
Anau, anau al foch etern G ehet, gehet in das ew ig e Feuer
Ab vostròu princep de lo infern.“ Zu Eurem Fürsten der H ö lle .“
Humil Verge, que haveu parit Bescheid’ne Jungfrau, w e lch e geb oren hat
Jesus infant a questa nit, In dieser Nacht das Jesuskind,
Vullan a vostrou fili pregar W i r w o llen zu Deinem Sohn beten,
Que del infern ’us vulgue lliurar. Dass er uns v o r der H ölle bewahre.
El jorn del jud ici Am Tage des jüngsten Gerichts,
Parrà qui no haiirá fet servici. Wird derjenige, der keinen Dienst erwiesen hat, in’s
Verderben gerathen.
Nachdem man das Lied vollendet oder die ersten Strophen odér Estribillo wiederholt hat,
macht die Sibila mit dem blanken Schwert, das sie in der Hand hält, das Zeichen des Kreuzes,
und in manchen Ortschaften durchschneidet sie zugleich einen oder zw e i neben ihr ausgespannte
Fäden, von welchen grosse weisse Oblaten und bisweilen auch Zuckerwerk herabhängen. Die
Einführung der Sibila in die Mette rührt, w ie es scheint, aus einer sehr frühen Zeit her. Man
weiss nicht, wann sie zuerst auftrat und woher das von ihr gesungene Lied stammt. Beides mag
w oh l ein Ueberrest der religiösen dramatischen Darstellungen sein, die namentlich vor vier und
fünf Jahrhunderten und sogar noch zu Anfang unseres Jahrhunderts in den Kirchen und auf den
Plätzen Palma’s an gewissen kirchlichen Festtagen anfgeführt wurden, insbesondere an den Festen
der Caridad und des Angel, die man in Palma am Sonntag nach Ostern und dem unmittelbar darauffolgenden
Montag feiert.
Trotz der späten Stunde, in der die Mette stattfindet, wird sie doch in allen Kirchen sehr
stark besucht. Nachdem sie zu Ende ist, gehen viele den niedrigeren Volksschichten angehörige
Familien nach Hause, um die Geburt des Herrn mit einem Mahle zu feiern, welches je nach den
vorhandenen Mitteln aus einem gebackenen Huhn, Truthahn oder anderem Fleisch nebst Wein besteht.
Diese Sitte ist jedoch in Castilla und einigen anderen Provinzen des spanischen Festlandes
viel verbreiteter, als auf Mallorca.
Kirchliche Feiertage hat Mallorca mit der ganzen katholischen W e lt gemein,, ausserdcm
feiert man die Landespatrone Spaniens, den Apostel Jacobus und Mariä Empfängniss.
Ferner sieht man in jeder Stadt oder Ortschaft als Feiertag (festa solemnis) den ihrem besonderen
Patron gewidmeten Tag an. Die Ortschaften haben zum Patron stets den Heiligen, dem
die Pfarrkirche geweiht ist. Solcher Patrone kommen nicht weniger als 47 auf die V illa’s und
20 auf die Lugares; in Palma werden neben dem Patron der ganzen Stadt, welcher der heilige
Sebastian ist, ausserdem die Patrone ihrer 6 Pfarreien gefeiert. Neben diesen Gedenktagen für die
Schutzpatrone feiert man auf Mallorca noch eine grosse Zahl anderer Feste, die sowoh l einen
religiösen, w ie auch einen volksthiimlichen Charakter haben.
Nicht blos an Sonn-, sondern auch an anderen Tagen werden sowohl die Gottesdienste
der Morgenstunden, w ie die des Nachmittags sehr stark besucht, zumal wenn Cuarenta horas,
Novenarios oder Triduos zu Ehren Maria’s oder irgend eines Heiligen abgehalten werden.
In Palma sind namentlich die Cuarenta horas sehr beliebt, w a s schon daraus ersichtlich ist,
dass ihre Zahl seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts von Jahr zu Jahr zugenommen hat.. Man
kann sagen, dass in Palma kaum ein Tag vergeht, an welchem nicht in der einen oder anderen
Kirche Cuarenta horas gefeiert würde. Bezüglich der Novenarios sei bemerkt, das es deren zu
Ehren verschiedener Heiligen giebt, diejenigen aber, die man in keiner Kirche zu feiern unterlässt
und die sich des grössten Zulaufes zu erfreuen haben, sind die für den hl. Joseph und die armen
Seelen im Fegefeuer (Animas del Purgatori), die man kurzweg Novenari de las Animas zu
nennen pflegt.