IV. Die Umgebungen von Ibiza.
Die Umgebung von Ibiza besteht nur zum Theil aus festem Land, denn die Stadt wird, w ie wir
früher sahen, grösstentheils vom Meere umgeben. Obgleich das Weichbild der Stadt auf einen so
kleinen Raum zusammengedrängt ist, bietet es doch, in Folge des überall vorhandenen Gegensatzes
von Dürre und Ueppigkeit, viel Abwechslung. Die sich gegen Nordnordwesten ausdehnende
Fortsetzung des Stadthügels stellt einen kahlen, felsigen Rücken dar, der am Fusse der westlichen
Festungsmauer bei der Puerta nueva beginnt, sich von den W ä llen ab allmählich senkt, später
eine Einsattelung bildet und hierauf sich in dem Puig des Mulins kuppenförmig erhebt.
Estanque Rojo und Sn Francisco de Paula.
Die vorhin erwähnte Einsattelung zwischen dem Stadthügel und dem Puig des Mulins
erstreckt sich bis in das Meer hinab. Hier brechen sich die W o g en der offenen See mit Heftigkeit
an den Klippen und Felsenriffen, welche den benachbarten stillen Badeplatz schützen, dessen w ir
vorher gedachten. Diese Stelle der Küste w ird auch als Schiffswerfte benutzt, wenn es gilt,
grössere Fahrzeuge zu bauen, wozu es auf der kleinen Werfte des Hafens an Platz gebricht.
Der der Stadt im Westen gegenüberliegende Puig des Mulins, welcher die andere Lehne
der früher besprochenen Einsattelung bildet, ist in die Länge gestreckt und nimmt gegen Nordnordwesten
allmählich an Höhe ab; er läuft in das Flachland aus und scheidet hier die Ebene des Llano
de Villa von der der Salinas. Er besteht, w ie die benachbarte Kuppe, auf welcher die Stadt liegt,
aus Kalkstein und ist nur spärlich mit üppigen, tief dunkelgrünen Oelbäumen, mit Gruppen prächtiger
Feigenbäume, die bis hinunter in die Thaleinsenkung reichen, und mit einzelnen Strandkiefern
bewachsen. A u f der Kuppe des Puig des Mulins, umgeben von dichten Opuntienpflanzungen,
stehen sieben fünfflügelige Windmühlen, denen der Hügel seinen Namen verdankt. Die Aussicht
von dieser Anhöhe auf die Stadt und deren Umgebung und das Meer ist ausserordentlich schön.
Einen ganz anderen Anblick gewähren die Umgebungen von Ibiza, wenn man sich etwas
mehr nach Osten begiebt. Um vom Puig des Mulins dahin zu gelangen, muss man den W e g , der
nach dem Friedhof und den Salinas führt, überschreiten. Gerade am Fusse des Hügels befindet sich
der abgebildete viereckige steinerne Sockel, der eine römische Inschrift trägt. Er wurde im Jahre
1834 hier in der Nähe ausgegraben. Nach Ueberschreitung jenes W eg e s kommt man in die Ebene,
welche sich in westlicher Richtung nach den Salinen, in östlicher Richtung nach dem Hafen hin
erstreckt. Man gelangt zu einem felsigen, unbebauten Platze, der im Norden der Festungswälle
liegt; diesen parallel läuft die an Felder grenzende Promenade der Alameda, welche zu beiden
Seiten mit Laubbäumen bepflanzt und mit einigen steinernen Bänken versehen ist. Sie geht von
einem der Thore der Marina aus und bildet eigentlich den Anfang der Strasse nach Sn Antonio,
welche sich ihr anschliesst. Die anstossenden Felder sind äusserst fruchtbar; prachtvolle Gruppen
von Dattelpalmen treten zwischen den grauen Kronen der Oelbäume hervor, saftige Reben verschlingen
sich zu schattigen, von weissgetünchten Pfeilern unterstützten Laubengängen, welche zu
Bauernhäusern führen; dazwischen prangen Mandel- und Feigenbäume. Die Ebene, w e lch e an die
Gewässer des Hafens stösst, w ird von einer Reihe zusammenhängender röthlicher Hügel begrenzt
und ist mit einer grossen Menge Brackwassergräben durchzogen, wodurch das Wachsthum in diesen
Gärten ein staunenerregendes ist. Die üppigsten Feigenbäume neigen ihre mit Früchten beladenen
Zweige zu den stillen Gewässern der Gräben herab, duftige Mandelbäume überschatten die blühenden
Baumwollen- oder Maisfelder. Reben verschlingen sich zu grünenden Gehängen, die von
einem Baumast zum ändern reichen, oder klettern bis in die Spitzen der Bäume hinauf, und nicht
selten ragt auch eine Dattelpalme mit ihrem schlanken Stamme hoch in die Lüfte empor.
Die Strasse, welche die Felder von den Gewässern des Hafens scheidet, ’ ist der Anfang
des W eg e s nach Sta Eulalia. Geht man auf dieser Strasse fort den Hafen entlang, so gelangt man
an das der Stadt Ibiza gegenüberliegende Ufer der Isla plana. Das Gestade ist felsig und besteht
aus einem dichten, gelblichgrauen Kalkstein. Hier erfreut man sich wieder eines wunderschönen
Blickes auf Ibiza, das sich mit seinen Festungswällen und weissen Häusern zugleich ernst und
anmuthig ausnimmt. Am felsigen Ufer steht das äussere Gemäuer eines unvollendet gebliebenen
Gebäudes, welches sich nach der Aussage dortiger Leute schon seit mehr als 50 Jahren in dem
nämlichen Zustande befindet; es w ar zu einem Salzmagazine bestimmt. Neben dem Felsen sieht
man eine kleine in den Felsen gehauene und mit Mörtel ausgekleidete Cisterne, die jetzt aber so
ausgetrocknet und wasserlos ist w ie die ganze Umgebung. Steigt man von hier aus den Abhang
des steinigen, nur mit spärlichen Gebüschen bewachsenen Hügels hinauf, so w ird man durch eine
umfangreiche Aussicht belohnt, die weit hinaus auf das Meer bis nach dem fernen Formentera
reicht und die ganz nahe liegende Ensenada de Talamanca umfasst, die wieder von kahlen, gegen
das Meer sich allmählich mit felsigem Rande. senkenden Hügeln begrenzt wird.
Y. Nach den Salinen.
Einer der lohnendsten Ausflüge, die man von Ibiza aus machen kann, ist der nach den
Salinen, die in westlicher Richtung nur zwei Stunden von der Stadt entfernt liegen. Zu ihnen
führt fast durch die Mitte der Küstenebene ein Reitw eg, der im Nothfall auch mit einem leichten
Fuhrwerk befahren werden könnte und anfangs mit dem nach Sn José führenden W e g zusammenfällt.
Die Fläche der Salinen ist an der Nordseite von kahlen Hügeln eingefasst, gegen Südosten
wird sie vom Meere bespült. Beim Eintritt in diese Ebene fallen die Oelbäume mit ihren riesigen
Stämmen auf; zwischen dem bläulichen Grün ihrer Gezw eig e schimmern einzelne kleine, blendend
weisse Bauernhäuser hervor.
Balearen I.