Die Waldkultur.
Die Waldungen sind auf Mallorca ziemlich bedeutend, namentlich im gebirgigen Theil der Insel.
Man unterscheidet in Spanien drei Sorten von Waldungen, den Monte bajo (mallorquinisch
Garriga), den Selva und den Monte alto. Ersterer ist der namentlich mit Sfräuchern, besonders
mit Mastix bewachsene Niederwald, der zweite ein solcher, der mit Bäumen, gewöhnlich wilden
Oelbäumen (Uyastres) untermischt is t,, der dritte ist der Hochwald. A u f Mallorca werden Monte
bajo und der Selva gewöhnlich mit dem gemeinsamen Namen Garriga bezeichnet, indem man das,
was man als Selva ansehen könnte, als Garriga erster Klasse betrachtet. Der Hochwald wird
Bosch genannt.
Um eine Vorstellung von der Wichtigkeit der Garrigas und ihrer Ausdehnung im Verhält-’
n is s , zum Gesammtflächenraum der Insel zu geb en, wollen w ir erwähnen, dass dieselben
69 457>83 Hektar umfassen, fast ein Fünftel des Gesammtflächenraumes, und etwas mehr als ein
Fünftel der gesammten productiven Fläche einnehmen, und ein Nettoerträgniss von 1466600 Reales
(385 947 Frcs.) abwerfen.
. Das Partido de Ihca hat die meisten Garrigas aufzuweisen, welche fast ein Drittel seiner
Grundfläche bedecken, das Partido von Palma besitzt davon etwas über ein Fünftel und das von
Manacor etwas über ein Sechstel seines Gesammtumfanges.
. Die Garrigas werden auf Mallorca hauptsächlich und namentlich in dem ebenen Theil durch
Mastixsträucher (Pistacia lentiscus, Mata d e .llentrisca oder Mata) gebildet, dazu kommt der wilde
Oelbaum, Uyastre genannt; ferner die Myrte (Murta' öder Mata murtera, Myrtus communis)!,
die sich in allen Distrikten der Insel, namentlich bei'Campanet, vorfindet; der Erdbeerbaum (Ar-
bosera), vorzüglich in den Distrikten von Banalbufar und Estallenchs' anzutreffen, mit korallen-
rothen Früchten, die mitunter eingesammelt und sowohl als. Speise, w ie auch zur Branntweinbereitung
verwendet werden; endlich der Wachholder (Ginebrö, Juniperus oxycedrus). Die Fächerpalme
(Palmito oder Garbayö) findet sich nur in den Gegenden von Pollenza, AlCudia, Capdepera,
Escorca, Andraitx, Calviä und Artä. Auch der Buchsbaum (Boix, Buxus Balearica) kam früher
vielfach in dem gebirgigen Theil v o r , namentlich bei Soller, Lluch, Pollenza und Galatzö; jetzt ist
er jedoch meist ausgerottet. Ausser den genannten Sträuchern kommen in den Garrigas noch
andere vor, wenn auch nicht in solcher Menge, und die Zwischenräume werden meist mit Cistus-
arten (Estepas), mit Heidekräutern (Bruxas), Euphorbien (Baladras, Euphorbia dendroides) und in
der Ebene vielfach mit Asphodelen (Porraäas) ausgefüllt. Ausserdem kommen in den Garrigas
häufig auch einzelne junge Strandkiefern und immergrüne Eichen vor.
Die Garrigas werden auf Mallorcä nicht kultivirt, sondern man beschränkt sich darauf, zu
sorgen, dass sie nicht zerstört werden oder das Holz nicht entwendet werde, für das Erstere durch
das Verbot, Ziegen zu halten, und für das Letztere durch Anstellen von Forstwächtern (Guarda
Bosque, Garrigues). Diese Wächter werden beim Ayuntamiento des betreffenden Distriktes vom
Besitzer als solche erklärt und erhalten eine Faja, für die man der Regierung 5 Libros zahlt, mit
den in Messing eingravirten Worten: Guarda Bosque, jurado de . . . . . (Name der Besitzung). Es
giebt auch Privat-Garrigues, ihr W o r t hat aber nicht w ie das der Guarda Bosques jurados auch
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ohne Zeugen Anspruch auf Glaubwürdigkeit vo r Gericht gelegentlich eines Holz- oder Wilddiebstahls.
Selbstverständlich hüten die Ga rriguis nicht blos die Garriga, sondern auch den Hochr
wald, wenn ein solcher im Besitze ihrer Brodherren sich befindet. Die durch trockene Mauern
eingeschlossenen Garrigas-Theile werden als sichere Weide für das Vieh benutzt .und heissen Pietas.
Die Garrigas liefern einen mehrfachen Nutzen, vor Allem als Weide für Schafe, Schweine
und Geflügel, w elch e sich von dem Gras, das zwischen Sträuchern wächst, und den Mastixbeeren
ernähren. Die stärkeren Stämme des Mastixstrauches verwendet man, als .Brennholz. Auch bereiten,
die Bauern in einigen Distrikten aus den Mastixbeeren: ein Brennöl, das indessen sehr übelriechend
ist und einen erstickenden Rauch verursacht. Aus dem Wachhölder gewinnt man ein
Oel, das zu pharmazeutischen oder Thierarzneizwecken verwendet wird. Manchmal erreichen die
Mastixsträucher eine bedeutende Höhe und Stärke und dienen dann dem Vieh in sonnigen Stunden
Riesenmyrtenbäume bei Sa font de Munt v on S* Arraco.
als Schutz; diese starken Mastixsträucher nennt man Matas mosqueras, wahrscheinlich deshalb, weil
mit dem Vieh sich viele Fliegen darunter aufhalten.
Was die Myrte (Murta). anbelangt, so liefert sie die von den Menschen genossenen Beeren
(Murtons), das Blatt w ird von den Gerbern benützt; es werden davon etwa 18000 Quintais
(732600 kg) verbraucht, was, den Quintal zu dem gewöhnlichen Preis von 10 —14 Reales berechnet,
die Summe von 180000—352000 Reales (47 365— 66 315 Frcs.) ergiebt. Die Production des Landes
genügt für den Gebrauch; ausgeführt werden jedoch keine Myrtenblätter. Die grünen Aeste
dienen zur Ausschmückung von Häusern und Kirchen an Festtagen und zur Bestreuung des Pflasters
der Strassen und der Wege , die zu dem Platze, w o das Fest stattfindet, führen. Durch diese Sitte
wird der Myrtenbestand sehr angegriffen, besonders nach Palma werden ganze Fuhren davon
geführt, die sonst die feuchten Gebirgsthäler schmücken würden. Lässt man die Myrten stehen,
wie dies fast stets bei solchen der Fall ist, die in der Nähe der Quellen sich befinden, so erreichen
sie eine ungeheure Grösse, und ihre phantastisch gewundenen rostrothen Stämme stechen
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