Es giebt Besitzungen in der Ebene, w o man die Schafe in durch trockene Wände eingeschlossenen,
mit einem Holzgitter (Barrera) gesperrten Plätzen hält, die an hohen Mastix-, Daphne-
und anderen Sträuchern reich sind, in deren Schatten sie in den Mittagsstunden Schutz vor der
Hitze finden.
Im gebirgigen Theil lässt man sie vielfach in den Garrigas oder im Gebirge frei herumstreichen,
und blos wenn man sie im Frühjahr in den Oelbaumpflanzungen weiden lässt, werden
sie von einem Hirten gehütet. In anderen Gegenden lässt man die Schafe das ganze Jahr im G e birge
frei weiden und treibt sie nur ein paarmal im Jahre zusammen, um sie zu ölen und zu
scheeren. In diesem Falle suchen sich dann die Schafe von selbst einige jener Höhlen, an denen
das Gebirgsland Mallorca’s so reich ist, um, vo r Sonne und Kälte geschützt, behaglich zu wohnen.
Barrera de Son Rapiña.
M dann kleinf. B | zu einer B i Quelle’ w ie so lc te ' von üPPigen Myrten umschattet,
manchmal in grösser Entfernung m einer Felsspalte entspringen und wohin man sie zu bestimmten
Stunden schaarenweise wandern und dann erfrischt, sich lustigen Scherzen und Sprüngen hingeben
sieht. In der weniger wasserreichen Ebene müssen sie von den Hirten an dem Brunnen getränkt
werden oder finden auch in zufälligen Aushöhlungen des Mardsgesteines Wasser, um ihren
Durst zu stillen. Damit sich in diesen Aushöhlungen, die man Cocös nennt, das Wasser länger
er alte baut man darüber häufig eine Art Hütte aus Steinen ohne Mörtel mit Oeffnungen damit
das Vien zum Wasser gelangen kann. , ÜB f?olge dl®sel; Verhältnisse ist ein Hirtenleben, w ie man es in den Gebirgen Griechenlands
und Suditahens vorfindet, auf Mallorca nicht vorhanden. Der Hirt ist in den viehreichen Besitzungen
ein Missatge des Hauses, zumeist em lustiger, gutmüthiger alter Mann, der, eine Ziegenfelltasche auf
den Schultern umgehängt, ein Stück Brod in der Tasche, den Tag über die rauhen Berge durch-
Die Viehzucht. 289
wandert und des Abends stets zur Possession heimkehrt, um mit den Ändern bei einer Favasschüssel
sich niederzusetzen. Nur im Sommer, wenn die Schafe in den Oelbaumpflanzungen weiden, geht der
Hirt mit ihnen und macht sich bisweilen aus einigen Carritxbündeln in einer Felsenhöhle ein bescheidenes
Bett. Am meisten ist das Hiftenleben in den Hochthälern von Cuba und Aumelluitx
entwickelt, wohin die Hirten mit den Schafen aus der Ebene oder den unteren Abhängen der Sierra,
aus der Esglayeta, aus Mancor etc. kommen und dort in völliger Abgeschlossenheit leben. Einige
steigen am Samstag hinab, um den Sonntag bei den Ihrigen zuzubringen, Viele aber müssen hoch
oben bleiben und nach ihrem Ausdrucke die Messe in ihren Höhlen hören. Hier in der Stille der
Thäler, die sonst nur der Geier bewohnt, hört man des Abends das silberne Läuten des Picarol
(Viehglocke), womit der Hirtenknabe, auf seinen Stab gestützt, die Schafe zum Melken zusammenruft
öder den weittönenden Schall des Triton (Corn), womit die noch sonst dort wohnenden,
Gedeckter Cocö in der Marina de s’ Aguila.
mit der Kultur von etwas Getreide sich befassenden Missatges, zur einsamen, verrauchten Wohnung
zusammengerufen werden. Fröhlich ertönt inzwischen der Klang der Flöte und der Cheremias
und wiederhallt als sanftes Echo von Schlucht zu Schlucht. Bald ist die kleine Gemeinde beisammen.
Ist das Melken zu Ende, so w ird noch Manches von dem am Tage Erlebten oder auch w o h l
abenteuerliche Sagen beim verlöschenden Feuer der Hütten von den Aeltesten erzählt; dann aber
w ird es still, und von einem verrosteten Nagel an der Wand wird der Rosenkranz herbeigeholt,
ein Jeder nimmt den Hut ab und es' beginnt das übliche,Dankgebet, der Vorbote der bescheidenen
Mahlzeit. Arme, aber glückliche Leute, welche in ihrem einfachen Daheim Gebete des Dankes und
der Zufriedenheit zu Dem hinaufsenden, der sie am Tage auf ihren gefährlichen Pfaden beschützte.
Die Hirten Mallorca’s und überhaupt die Bauern halten sich auf den Besitzungen, w o Schafe
und Ziegen vorhanden sind, Schäferhunde, Cä de Bestiä; diese sind unschöne, mittelgrosse Thiere
mit, namentlich an der Ruthe, länglichem Haar, meist schwarz oder dunkelbraun gefärbt, nur vorn
mit Sporen versehen. Sie sind wachsam, treu und sehr gehorsam und leben gewöhnlich 8 Jahre,
Balearen I, §3