und in den grosseren Ortschaften unter den wohlhabenderen Klassen der Gesellschaft sehr beliebt
Eine noch grössere Verbreitung über die ganze Insel haben aber die Spiele Escambri oder
Brisca und Treinta y una unter den Frauen aller Stände und der Männer der minder wohlhabenden
Klassen. Man betrachtet dieselben zumeist als Unterhaltungsspiele, und wenn dabei Geld gesetzt
wird, dann geschieht es nur in geringen Beträgen. Die Spiele Tuti, Burro, Set y mitx und Canet,
namentlich die beiden letzteren, sind beliebte Hazardspiele unter den niederen Klassen und werden
meist als Gewmnspiele betrachtet; man w ag t häufig bedeutende Summen, die mit der grössten
Schnelligkeit gewonnen oder verloren werden. Da sie den Ruin vieler Familien herbeiführen, sind
diese Spiele gesetzlich verboten. Die Neigung dazu ist jedoch so gross, dass trotz der schärfsten
polizeilichen Ueberwachung sie nie ganz ausgerottet werden können. Aber nicht blos Karten,
Hazardspiele, sondern auch Würfel und Lotto werden leidenschaftlich geliebt, letzteres auch von
reicheren Leuten.
Wettkämpfe, Wettrennen.
Im Anschluss an die Spiele w o llen w ir einige Worte über die mallorquinischen Volksbelustigungen
hinzufügen, soweit sie Thierkämpfe u. dergl. zum Gegenstand haben.
. . Da müssen denn zuerst die Hahnenkämpfe (Bregas de Gail) besprochen werden, welche
sich jedoch lediglich auf Palma beschränken. Hier giebt es dafür in der Calle de los Huertos-einen
Meinen, etwa 300 Personen fassenden Circus, welcher einer eigenen Gesellschaft von Sportsmen
gehört; ihr Präsident leitet die Kämpfe und hat darauf zu achten, dass die bestehenden strengen
Vorschriften genau erfüllt werden; derselbe fällt auch das entscheidende Urtheil. Die dazu verwendeten
Hähne sind sehr kleine Thiere englischen Schlages, die man früher von auswärts bezogen
hat; jetzt werden die meisten derselben auf der Insel selbst gezüchtet. Die Hahnenkämpfe werden
an den Nachmittagen der Sonn- und Feiertage von Weihnachten bis Mai abgehalten, gewöhnlich
finden bei jeder Production mehrere Kämpfe statt, und von den Schaulustigen werden zahlreiche
Wetten emgegangen.
Die den Spaniern unentbehrlichen Stiergefechte haben sich seit 1865 auch auf Mallorca
eingebürgert; es^giebt dafür eine Plaza de Toros, der 9500 Zauschauer fasst, und woselbst gewöhnlich
zwei Corridas im Jahre stattfinden. Die hierbei verwendeten Stiere, welch(}:>von dem
spanischen Festlande kommen und aus den berühmtesten Züchtereien stammen, werden von Toreros,
die in Spamen einen besonderen Ruf gemessen und contractlich dazu angeworben werden’
gehetzt (Lidiados). ’
Gewöhnlich werden bei einer Corrida sechs Stiere getödtet. Der Alcalde oder der Civil-
gouvemeur führt den Vorsitz auf der Plaza. Der Besuch ist stets ein sehr starker aus allen Theilen
der Insel, was w o h l zur Genüge die grosse Vorliebe der Mallorquiner für Stiergefechte beweist
doch erreicht diese bei weitem nicht jenen Grad von Leidenschaftlichkeit, w ie bei den Spaniern
des Festlandes. Bisweilen giebt man auch Corridas de Novillos, d. h. Gefechte mit jungen Stieren,
welche von der Insel oder aus Algerien stammen. Mit diesen kämpfen junge, reiche, selbst dem Adel
angehönge Liebhaber der Tauromaquie, lediglich in der Absicht, ihre Bekannten damit zu unterhalten.
Zu diesen Vorstellungen werden daher nur eingeladene Personen zugelassen
In Inca, Bmisalem und Porreras hat man in den letzten Jahren noch Kämpfe zwischen
mallorquinischen Stieren und Hunden aufgeffihrf, und häufig Kämpfe zwischen Hunden allein
veranstaltet.
Bei der jährlichen Festfeier des heiligen Patrons der Ortschaft werden in allen Gegenden
verschiedenartige Wettrennen abgehalten. Man wählt dazu ein ebenes, breites, von Hindernissen
freies Feld in der Nachbarschaft der Ortschaft, und zieht auf demselben mit dem Pfluge zw ei lange
parallel laufende Furchen (Astas) in einer Entfernung von 40— 60 Meter von einander, die den
Raum, auf dem das Rennen stattfinden soll (Cös), bezeichnet.
Der Bürgermeister (Alcalde) erscheint zu Pferde mit der Vara, einem Stock, der die
Municipalautontät kennzeichnet, in der Hand und giebt das Zeichen zum Abgang. Ihm gegenüber,
am ändern Ende des Cö s, befindet sich der zweite Bürgermeister mit den Preisrichtern, und hier
sind die verschiedenen Prämien an der Spitze eines grünen Pfahlrohres aufgehängt. Ausserdem
spielen einige Männer in deren Nähe die Xaramia, den Tamburino und Fabiol. Der Besuch dieser
Wettrennen ist stets ein sehr starker, und es erscheinen dabei Zuschauer selbst aus den entferntesten
Ortschaften. Viele Bauern kommen mit überdeckten Wagen (envelats) und stellen sich zu beiden
Seiten des Cös auf, Andere kommen auf Maulthieren oder Pferden geritten; diese verschiedenartig
gekleidete Menschenmenge,, das sich mit der lärmenden Musik vermischende Wiehern der Thiere
machen diese Wettrennen zu einem abwechslungsvollen Schauspiele. Den Wettrennen der
Thiere gehen stets Wettläufe von Menschen voraus. Knaben und Mädchen von 10— 15 Jahren
(Allots und Allotas) machen den Anfang, sie erhalten Preise; nach diesen laufen die jungen Männer
(Fadrins oder Bergantells) um den Preis eines Taschentuches oder eines Paar Stiefel. Endlich
folgen die erwachsenen Männer (Homus), die gewöhnlich um den Preis eines Huhnes laufen. Alle
diese Personen sind barfuss. Nun erst kommen die Thiere an die Reihe, und zw ar zunächst die
Esel, welche als Preis eine Taleca, einen Sack aus Hanfgewebe, erhalten. Hierauf folgen die Maul-
thiere, deren Preis in vier Hufeisen besteht, dann die Füllen mit der gleichen Prämie und endlich
die Pferde, deren Preis in einer Kette oder in dem eisernen Theil der Zäumung besteht. Am be-
merkenswerthesten sind die Rennen der Maulthiere und namentlich der Pferde; bei beiden finden
auch die meisten Wetten statt, die bisweilen eine bedeutende Höhe erreichen. Die betreffenden
Thiere müssen ganz unbedeckt und lediglich mit der Kette versehen sein, sie dürfen nur von einem
Knechte, der ein guter Reiter sein muss, geritten werden.
In den Ortschaften S“ Juan und Montuiri besteht der Gebrauch, nach den Pferden auch
Ochsen laufen zu lassen, die von einem Manne angetrieben werden. Bisweilen giebt man dem
Rennen noch mehr Abwechslung durch Sackwettläufe. Jedem Läufer folgt ein Mann, der ihn
wieder äufrichtet, wenn er zu Boden fällt, was häufig geschieht.- Den Preis bildet gewöhnlich
ein Huhn.
Theater und theatralische Vorstellungen.
Theatralische Vorstellungen, namentlich italienische Oper und Schauspiel, erfreuen sich
ziemlicher Beliebtheit. Eine besondere Anziehungskraft übt aber auf A lle , selbst auf die Landbewohner,
welche an den Festtagen in Menge nach Palma kommen, um das Theater zu sehen, das
Ballet aus und zwar das spanische noch mehr als das französische. Es giebt in Palma ein hübsches,
im Jahre 1860 eröffnetes, dem Hospital general de Mallorca gehöriges Theater, das 1800 Personen
fassen kann und Teatro principal heisst. Man giebt während des Winters täglich spanische dramatische
Vorstellungen, italienische Opern und Zarzuelas, w e lch ’ letztere immer mit einem Ballet
schliessen.
Zu allen Jahreszeiten finden im Teatro principal auch gymnastische sowie Taschenspiele und
ähnliche Productionen statt, wenn eine wandernde Truppe nach Palma kommt. Bisweilen geben
Musiker von Ruf Instrumentalconcerte; der Besuch solcher ausserordentlichen Vorstellungen ist aber
im Allgemeinen nicht bedeutend. In Palma besteht ferner in den Ueberresten des alten Klosters
Monjas de la Misericordia ein Café del Recreo, w e lch es mit einem Theater verbunden ist. Zur Aufführung
gelangen während des Winters Zarzuelas, spanische Lieder und spanische Tänze. Das Theater
wird an Sonn- und Feiertagen meist nur von den Arbeitern, selten von Frauen besucht.
Ausserdem giebt es noch einige Privattheater, auf welchen gewöhnlich nur von Dilettanten
dramatische Stücke und Gesangsproductionen aufgeführt werden.
Manacor hat auch ein kleines Theater für etwa 300 Personen, desgleichen Pollenza und
La Puebla. Die Darsteller sind immer Liebhaber, die nur spanische Dramen aufführen.
In den verschiedenen Ortschaften Mallorca’s giebt es Gesellschaften zur Unterhaltung und
auch solche, die zugleich Unterricht damit verbinden. In Palma zählt man 38, darunter zw ei philharmonische,
in Campos, Felanitx, Pollenza, Muro und Inca bestehen Gesellschaften, deren Unterhaltung
verschiedene Spiele, namentlich das Billard, und im Winter Tanzunterhaltungen bilden.