gestalten. Die meist gradlinigen ungepflasterten Gassen münden auf die längere Strasse aus, die
den ganzen Ort durchschneidet. Eine öffentliche Schwemme mit Bedachung und ein ähnlich gebauter
Lavatero (Waschhaus) fehlen in der Regel nie.
Die Häuser sind ganz ähnlich w ie die früher beschriebenen gebaut, nur ist die Küche öfters
vom Hauptgemach getrennt, der Fussboden geplattet und das Haus reinlicher. Bei vielen Häusern
geht eine Thüre aus der Küche oder Vorrathskammer in den anstossenden, mit einigen niedrigen
Citronenbäumen bepflanzten Garten oder auf einen mit Schweinen bevölkerten Hof hinaus, auf
dem sich auch der Stall für die Reitthiere befindet. Das Vieh muss daher ebenfalls beim Aus-
und Einpassiren beständig durch das Hauptgemach und Hauptthor getrieben werden. In den
grösseren Ortschaften giebt es v iele Häuser mit zw ei und mehreren Stockwerken, mit kleinen
Balcons und entsprechend geräumiger und moderner Einrichtung. V on einzelnstehenden Häusern
trifft man wenige, w ir finden sie lediglich auf grossen Besitzungen (Predios öder Possesiones),
w o sie das eigentliche Herrschaftsgebäude bilden. Es sind meist grosse, mehrstöckige Gebäude,
die nicht selten einen viereckigen Thurm nach Art mediceischer V illen tragen und mit einem
Blumengarten umgeben sind. In der Mitte des Gebäudes liegt der Hof, der zuweilen eine Weinlaube
enthält oder von einer Bogenlaube umgeben wird. Der Gutsherr benutzt diese Besitzungen
meist nach Art unserer Schlösser zum Frühlings^ oder Sommeraufenthalt; sie führen den Namen
ihres Besitzers, w ob e i dann immer
die Strasse in Palma beigefügt
wird, in welcher dieser sein
Haus hat.
Das Mobiliar stimmt im A llgemeinen
in den verschiedenen
Gegenden der Insel überein, nur
hat es mehr noch in der Ebene
sein eigenthümliches Gepräge bewahrt,
im Gegensatz zu den
Trachten, welche im gebirgigen
Theil strenger festgehalten werden.
Strandkiefern- und Pappelholz
wird für die einfachen
Möbel verwendet, Nuss-, Kirsch-,
Oel- oder Maulbeerbaumholz für
die Desseren. JJie bitze der Uadiras sind bald aus Palmitoblättern, bald aus Bova- oder Spartschnüren
geflochten. Die echten mallorquinischen Stühle haben gerade, feste, viereckige Füsse und eine geradé
Lehne, kleinere nennt man Cadiretas und solche ohne Lehnen Cadiras baixas; letztere sind beim
Landvolk besonders beliebt Bei reicheren Bauern sieht man nach städtischer Weise elegante,
bisweilen mit Schnitzerei und eingelegter Arbeit verzierte Stühle aus Nussbaum und Mahagoniholz,
deren Sitz aus Bova oder feinem Palmito besteht; zuweilen auch Lehnstühle, Cadiras de Repos,
deren Sitz und Lehne von Leder und reichlich mit dickköpfigen Nägeln beschlagen ist. Bei den
Mittelklassen trifft man Canapés mit geflochtenem Sitz, bei den Bauern dagegen sind Bänke üblich,
die, mit Lehne versehen, in dem Hauptgemach stehen. Die Tische (Taulas) sind viereckig, mit
Schubladen versehen und in der Regel unangestrichen; die früher üblichen Büffets ohne Schublade,
deren gedrehte Fussleisten mit eisernen Stäben zusammengehalten werden, verschwinden
immer mehr.
In einem kleineren Zimmer des oberen Stockes steht das hohe geräumige Ehebett (Llit de
Camp entorsillat), welches bei reicheren Bauern elegant gearbeitet ist; gewundene Säulen tragen
einen Himmel, der w ie die Fussbekleidung und die Vorhänge bald aus Kattun-, W o ll- oder Seidenstoff
besteht. Bei ärmeren Leuten fehlen die Vorhänge. Ehemals waren diese Betten allgemein
im Gebrauch, jetzt bürgern sich allmählich moderne Formen, selbst eiserne Bettstellen ein. Die
Aermeren schlafen auf Strohsäcken, die Bemittelten auf Matratzen, aus W o lle gefertigt, die Polster
bestehen aus demselben Material und Stoff, bisweilen sind sie aber auch mit Federn gefüllt. A lle
bedienen sich im Winter wollener Decken, im Sommer baumwollener.
Die Wiegen (Bres) für die Kinder werden bisweilen aus Holz angefertigt, zumeist aber aus
Weiden geflochten.
Ein charakterisches Möbel, dem man überall bei den Bauern und in den älteren Ortschaften
begegnet, ist die Caxa. Sie hat die Gestalt einer länglichen, auf niedrigen Füssen ruhenden Truhe,
ist oft reich mit Schnitzereien verziert und dient zur Aufbewahrung von Wäsche, Kleidern und
Werthgegenständen. Unter den reicheren Ortsbewohnern bürgern sich allmählich Commoden und
selbst Schränke ein. In den alten Possessionsbäusern trifft man noch zuweilen altmodische Schränke
aus der Renaissancezeit, welche mit vielen kleinen Schubladen versehen und reich mit Sculpturen,
mit Perlmutter, Elfenbeinornamenten und Vergoldung geschmückt sind.
. . Im Winter pflegt man Spartmatten (Estoras) und bei den Wohlhabenderen auch Teppiche
(Catifas) auf dem Boden auszubreiten. Die Heizvorrichtungen sind- sehr primitiv. In den Häusern
auf dem Lande versammeln sich die Bauernfamilien im Winter um den Feuerherd in der Küche.
Die bessergestellten Bewohner der grösseren Ortschaften
bedienen sich den meisten Fällen einer Kohlenpfanne
(Braser), die in der Mitte des Zimmers aüfgestellt, zur
Erwärmung der Füsse und Hände dient Die Pfanne ist
von Kupfer oder Messing und w ird in den Einschnitt
eines ,von niedrigen Füssen getragenen Tischchens,'des
Röllo, gesetzt. Die ärmeren Leute benutzen, um sich zu
,j|rwärmen, den aus ifhon gefertigten italienischen
Veggio, der eigentlich nur ein Topf mit Henkel ist.
Gleichfalls ganz allgemein verbreitet bei den Frauen aller
Klassen ist die französische Chaufferette zum Erwärmen
der Füsse, welche auf Mallorca den komischen Namen
Maridet (kleiner Gatte) führt.
■ Zur Beleuchtung verwendet man auf Mallorca vor
Allem den eisernen, bisweilen auch aus Blech verfertigten
LIum, der hier, allgemein den Armen als Lampe dient. j
Ausserhalb des Hauses benützen die Bauern den Llum J j
de Tea, eine kleine eiserne Pfanne, auf die man brennende
Pinienspähne legt. Sehr verbreitet ist auf Mallorca
noch immer der Gebrauch der Lucernas, die früher ' . . i - '
ausschliesslich den mittleren und reicheren Klassen Bedecktes Braser aus Messing,
zur Zimmerbeleuchtung dienten. Sie sind aus Messing,
zuweilen aus Silber, ebenso auch der zugehörige Schirm. Diese Lampen sind von verschiedener
Form und Grösse, manche fast i m hoch, bald zum Verschieben eingerichtet, bald feststehend,
und einige haben acht, andere vier oder auch nur einen einzigen Lichthals. A n älteren
Lampen in Possessionshäusern zeigt der Schirm häufig die ' Umrisse eines Doppeladlers,
eine alte Erinnerung an die Zeiten der auf Mallorca so innig geliebten Casa dAustria. Beim
Schlafengehen bedient man sich einer kleinen, kugelförmigen messingenen Lampe (Lumeta); sie hat
nur einen Lichthals und daneben einen Deckel, den man beim Auslöschen des Lichtes überklappt.
In neuerer Zeit bürgert sich in den Ortschaften auch das Petroleum ein und bei den Reicheren die
Stearinkerze und die entsprechenden Leuchter.
Gross ist die Vorliebe der Mallorquiner für Ausschmückung der Zimmer mit Bildern und
Spiegeln, die in jedem Haus zu finden sind, .selbst die Bauern bekleiden gern die Wände mit
billigen Heiligenbildern. In den Häusern der Wohlhabenderen sieht man häufig Landkarten aufgehängt.
W en ° w ir uns das Hauptzimmer eines Bauernhauses genauer ansehen, so finden w ir ausser
fisch und Stühlen noch eine Menge kleiner Geräthschaften kunterbunt durcheinander. Vom dunkeln
Dachboden herab hängt an Stricken ein tellerartiges, breites Netz aus Spartgras, der sogenannte
Balearen I.