III. Das Leben in Ibiza.
In der Stadt Ibiza zählt man 7393 Einwohner, w o von 2379 auf die eigentliche Stadt und
4689 auf die Marina entfallen. Hierzu kommen noch aus der unmittelbarsten, den Pfarreien der
Stadt unterstehenden Umgebung 324 Seelen.
Die Stadtbewohner zeigen zumeist den spanischen Typus und tragen zum Unterschied von
den Landbewohnern häufig einen Knebelbart. Die wohlhabenderen Klassen haben die Nationaltracht
gänzlich aufgegeben und kleiden sich nach allgemeiner europäischer Sitte; die Frauen mit
Ibiza vom Hafen aus gesehen.
der spanischen Velo und Mantilla. Die höheren Stände leben in der eigentlichen Stadt; eine w irk liche
Aristokratie ist nicht vorhanden; die zahlreichen Geistlichen, die Beamten, die_Apotheker, die
Richter, der Salinendirektor^die wenigen Civil« und Militärbeamten und an deren Spitze der
Gouverneur nehmen auf der Insel Ibiza die angesehenste Stellung ein. Dies rührt besonders daher,
dass es an wirklich reichen Familien fehlt. Der Grundbesitz ist dort sehr vertheilt; daher
giebt es w oh l viele Familien mit hinlänglichem Einkommen, die anständig leben können; Leute mit
grossen Vermögen aber fehlen ganz. Die niederen Klassen sind meistens arm und bestehen aus
Handwerkern, Fischern und Seeleuten.
Während der heissen Sommermonate fängt schon in früher Stunde ein reges Leben in
den Gassen der Marina zu herrschen an. Kaum hat es fünf Uhr geschlagen, so kommen zahlreiche
Bauern und Bäuerinnen vom Lande, die mit Lebensmitteln bepackten Maulthiere und Esel vo r sich her
treibend, zur Stadt. Die fröhlichen Schaaren singen in eintönigem Rhythmus muntere Lieder, die
von häufigen Trillern unterbrochen werden. Beim Thore machen sie eine kurze Zeit Halt, damit
die vollgepfropften Paliassen ihrer Lastthiere von den Carabineros untersucht werden können.
Sobald es sechs Uhr schlägt, wird die Fallbrücke der Stadt heruntergelassen und damit die
seit 10 Uhr des vorigen Abends unterbrochene Verbindung mit der Marina wieder hergestellt.
Nun fängt es erst an lebendig zu werden. Zahlreiche Männer kommen mit elend aussehenden
Eseln zur Fuente der Marina hinab, um ihre Jerras mit Wasser zu füllen. Ein jeder Esel trägt
sechs Thonkrüge, drei auf jeder Seite, die in den Taschen von Palmen- oderSpartmatten stecken,
welche zu beiden Seiten des runden Holzsattels herabhängen. Diese Männer versehen die Bewohner
der Stadt mit dem nöthigen Wasser. Seltener begegnet man Eseln, die in ihren Paliassen den Un-
Einfahrt in den Hafen von Ibiza.
rath wegführen und, indem sie schwerfällig dahinschwanken, die sich in glücklicher Ruhe sonnenden
Schweine aufscheuchen, die grunzend auseinanderlaufen.
Auch die Fischer kommen um diese Stunde und breiten in der kleinen Halle ihren Fang
aus. Die Städter sind in der Rege l noch nicht anzutreffen, da sie lange zu schlafen pflegen.
Erst gegen das Ende des Marktes erscheinen einige vornehme Herren, die sich dort zw eck lo s
herumtreiben und sich schliesslich zu kleinen Gesellschaften beim Apotheker oder einem anderen
Kaufmann zusammenfinden.
An Versammlungsorten ist Ibiza nicht reich: als Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens
muss jedenfalls die Fonda de Miguel Gavarra angesehen werden. Hier finden sich die verschiedensten
Leute im Kaffee- und Schenkzimmer zusammen. Dem Einen schmeckt ganz vorzüglich ein
Gläschen von Rosoglio oder ein süsser Wein , die Anderen ziehen eine sehr erfrischende, aus
bittern Mandeln bereitete Almendrada v o r oder begnügen sich auch blos mit einem Glas Wasser,