Zu denselben treibt man schon am frühen Morgen das Vieh aus weiten Entfernungen herbei.
Bauern führen ihre mit den Erzeugnissen der Felder und Gärten oder mit Säcken gestossenen
Paprika’s beladenen Thiere herbei, die in langen Reihen auf dem Marktplatze neben den mit Früchten
angefüllten Körben aufgestellt werden. Hammel werden lebendig gewogen, junge Schweine noch
mit Kürbisstücken gefüttert, fette Thiere dagegen treten mühselig ihren letzten Gang an. Die
Bauern plaudern miteinander; man erzählt sich die Neuigkeiten der Umgegend, man scherzt und
findet alte Bekannte, die man mit gehobener Stimme und Händedruck begrüsst.
Ausser den bereits erwähnten Märkten werden noch in verschiedenen Ortschaften Jahrmärkte
(Firas) abgehalten, auf welchen Obstsorten, Thonwaaren, Schmiede- und Blecharbeiten, Confect,
verschiedene Stoffe und Bijouterien feilgeboten werden, und auf einigen kommen Getreide und
Hülsenfrüchte und hin und wieder Vieh zum Verkauf. In Palma werden zwar alljährlich zwei
Jahrmärkte abgehalten, sie gelten aber nicht als solche; auf dem Palmsonntagmarkte werden Spiel-
waaren, Früchte, Thonwaaren, Geräthe aus Eisen, Blech und Holz feilgeboten, während man
auf: dem Thomasmarkt Obst aller A rt und Confitüren, Truthühner, Hühner und Spanferkel zum
Verkauf stellt.
Geistlichkeit lind Adel.
Nachdem w ir die physikalischen Verhältnisse der Insel und deren Bewohner im A llg e meinen
betrachtet haben, wollen w ir auf die verschiedenen Stände und ihre Beschäftigung unser
Augenmerk richten. Vor! Allem sei der höheren Stände, zuvörderst der Geistlichkeit gedacht.
Der Klerus ist auf Mallorca ziemlich zahlreich; man zählte 1871 515 Geistliche, ohne die
Ordensgeistlichen aus den aufgehobenen Klöstern. Es fallen davon bei einer Gesammtbevolkerung
von .209,064 .Einwohnern. 188 auf die Stadt Palma und ihre Annexe und 327 auf die übrigen
Theile der Insel.
Den grössten Antheil an der Bildung des Klerus hat das Seminario Conciliar in Palma
hinter der Leitung eines Rectors und von acht Professoren, selbstverständlich unter der Oberaufsicht
des Bischofs. Der mittlerer Bestand an Seminaristen beträgt per Jahr 227, wovon 60 Internos und
167 Externos sind.
Für den Unterricht sind von den Externen, w e n n ! sie den lateinischen und Humanitäts-
Klassen angehören, Philosophie und Theologie studiren, 212 Reales zu entrichten (75,75 Frcs:),. von
den inneren Seminaristen w ird die Hälfte dieser Summe verlangt, ausserdem haben sie aber drei
Reales (0,80 Fr.) täglich zu ihrer Erhaltung zu zahlen- Manche Seminaristen sind aber w egen ihrer
Arm.uth von jeder Entrichtung frei.
In einer älteren Anstalt, dem .Colegio de N. S. de la Sapiencia, erhalten nach dem.Willen
des Stifters 12 unbemittelte Schüler, die Sich dem geistlichen Stande widmen wollen, Verpflegung
und Erziehung. Es giebt im Colegio de la Sapiencia keine Lehrkanzeln, sondern die in Gemeinschaft
lebenden Colegiales erhalten ihre Bildung in den Klassen des Seminario Conciliar oder selbst
des Instituto Balear. Viele wegen ihrer Talente und Tugenden sehr ausgezeichnete Männer sind
aus diesem Co lleg hervorgegangen. In Folge der Verminderung, welche die Renten des Stiftskapitals
erlitten haben, zählt es seit langer Zeit nur noch 6 besetzte Stellen, jedoch werden
dabei einige arme Studenten admittirt gegen geringe Bezahlung; diese nennt man Convictors.
Der Priester auf Mallorca entstammt zumeist dem Bauernstände und ist im strengsten Sinne
des Wortes der Mann des Volkes. W iew o h l die politischen Umtriebe der neueren Zeit nicht
w enig zur Verminderung des Einflusses des Klerus beigetragen haben, so macht sich derselbe
gleichwohl vorzüglich auf dem Lande und den kleineren Ortschaften noch stark geltend. Die Achtung
v o r dem Pfarrer und seinen Rathschlägen, namentlich in sittlicher Beziehung, ist sehr bedeutend.
Früher bezogen die Geistlichen grössere Einkünfte, seit Aufhebung des Zehnten müssen sie mit
einem schmalen Gehalt von der Regierung leben. Zu ihrer Ehre muss gesagt werden, dass sie noch
immer im Verhältniss zu ihrem Vermögensstand den alten Wohlthätigkeitsgeist zeigen. In ihren
Sitten sind sie einfach, und häufig sieht man sie in ihrem Zimmer, von grossen grauen Katzen
umgeben, ihre Cigarette rauchen. Berühmt sind sie aber wegen ihrer Sorge um die Erhaltung
ihrer Gesundheit, und sind darauf auch strengstens bei ihren täglichen Spaziergängen bedacht. So
sieht man sie des Sommers in Palma auf dem am weitesten in die See vortretenden B o llw e rk die
kühle Abendluft einathmen und des Winters den langen, sonnigen W e g um die Muralla dahinwandeln.
Die Tracht der mallorquinischen Geistlichen ist dieselbe w ie die der spanischen: der Capell
de teula, der schwarze Talar und ein weiter schwarzer Mantel, der trefflich drapirt und den sie
im Sommer leicht nach rückwärts schlagen, im Win ter aber mit den Armen Zusammenhalten.
Wenn sie über Land gehen, tragen sie einen ändern Ueberrock, Baiendrang, der w ie ein Talar
Mallorquinische Geistliche.
gestaltet, aber nur am Halse zusammengehäkelt und mit einem kurzen, in mehrere Spitzen auslaufenden
Mantelkragen versehen ist. Dazu kommen schwarze Strümpfe und Schuhe. Der Bischof
hat, w ie im übrigen Spanien, einen unten grün gefütterten Sombrero. Die Domherrn tragen bei ihren
Functionen violette Kleider und den Ermelin-Mantel, und die Beneficiados der Kathedrale eine
violette Muse, beide mit einer nach vorn über die Alba herabhängenden violetten Stola. Die
Beneficiados der anderen Kirchen haben anstatt der Stola eine weisse Beca über der Muse, worunter
man eine Art Streifen aus Wolltuch von etwa 20 Centimeter Breite versteht, der sich an den
oberen Theil der Brust anlegt und dessen andere Enden über den Rücken herabhängen und bis
an den Gürtel reichen. Eine blaue Beca ist auch das Abzeichen der Seminaristen, eine rothe
wird von den Collegiales de la Sapiencia getragen.
Balearen I. 28