Carneval und Volksfeste.
■ u • wenden nun dem Cameval unsere Aufmerksamkeit zu. Derselbe zeigt bei Weitem
nicht jenes Leben, das man in den Städten des spanischen Festlandes beobachtet. Von Weihnachten
an bis zur Fastenzeit finden in allen Unterhaltungsgesellschaften zahlreiche Bälle statt. Die eigentlichen
Faschingstage sind der letzte Donnerstag vor Fastnacht und der darauffolgende Montag und
Dienstag Es giebt nur wenige Leute, die am letzten Donnerstag arbeiten, und Abends finden
überall Maskenbälle statt, ebenso an den anderen Faschingstagen. Montag und Dienstag sieht man
Maskirte oft mit den bizarrsten Anzügen die Strassen lärmend durchziehen/ Der Borne ist am
Nachmittag bis zum Abend sehr stark von Masken besucht, Abends werden Festers, d. h. Holzhaufen
angezundet, damit man die Masken besser sehen und mit ihnen scherzen kann. Wenn sie durch
die Gassen ziehen, werfen ihnen die Buben und selbst ältere Leute Mehl, Kleie und bisweilen
ganze Orangen oder andere beschmutzende Gegenstände nach. Dieses Loos- trifft jedoch nicht" blos
die Masken, sondern auch andere Vorübergehende. Man treibt aber damit keinen so grossen Missbrauch,
w ie in anderen Städten des Südens. Sehr beliebt sind die Maskeraden, die in der Tracht
der Studenten de la Tuna aufgeführt werden und wobei man Geld unter den Zuhörern einsammelt
Daran b e te ilig e n sich gewöhnlich Soldaten und Musiker der Garnison, denen an diesen Tagen
eine solche Unterhaltung gestattet wird.
Ueber den Carneval in den Ortschaften lässt sich nicht viel sagen; eigentlich wird hiér nur
der letzte Camevalstag gefeiert, indem die Leute Nachmittags nicht arbeiten und sich auf der Gasse
herumtreiben, um einzelne primitive Masken zu necken. Am meisten unterhält man sich überall
damit, dass sich die Burschen und Mädchen gegenseitig mit Nesseln verfolgen und einander damit
das Gesicht, die Hände und Waden zu brennen suchen. Dadurch entsteht ein Kampf, in welchem
em Jeder so v iel Geschicklichkeit und List w ie nur möglich entwickelt. Zuweilen treibt man diese
Neckerei mit brennendem W e rg , diese Unart kommt aber immer mehr in Abnahme. Während des
Nachmittags geht es in den Gassen der Ortschaft .sehr geräuschvoll zu, namentlich erhebt sich ein
grosses Geschrei, wenn Jemand maskirt erscheint, was jedoch nicht gar häufig geschieht. Ueberall
sieht man Knaben, die die Vorübergehenden mit dem schwarzen Pulver, welches in den Früchten
der Bova enthalten ist, beschmutzen. Während der Nacht unterhält man sich in den Häusern
mit einem guten Abendessen und kleinen Privatball. .
Aber nicht blos der, Carneval, auch verschiedene .Volksfeste sind reich an Maskerade, die
zwar gewöhnlich nur zur Unterhaltung bestimmt sind, meist aber mit einer religiösen Feierlichkeit
m Verbindung stehen.
Zw e i der eigenthümlichsten dieser Aufzüge finden zur Feier von Mariä -Himmelfahrt am
15. August, und am 16. desselben Monats, dem Festtag des heiligen Rochus, des Patrons der Ortschaft,
in Ala rö statt. Beide sind religiös-populäre Feierlichkeiten, bei denen eine Gesellschaft
von Tänzern, die man Eis Cosiere nennt, eine Hauptrolle spielt. Diese besteht aus 6 weissgekleideten
und phantastisch mit bunten Bändern aufgeputzten Männern oder Knaben, die Mützen mit
Blumenbouquets tragen, und aus einem Knaben in Frauenkleidern, der in der einen Hand einen
Fächer, in der ändern ein Taschentuch hält und die Dama genannt wird. Hierzu kommen noch
zw ei als Teufel gekleidete Männer, die Eis Dimonis heissen. Ihr Anzug besteht aus" einem groben
mit dem Bodensatz von Wein gefärbten und mit grauen Flecken bemalten Hanfstoff, der mit bunten
Lappen besetzt ist. Ihr Gesicht bedeckt eine widerliche Maske und den K op f ein Ueberwurf mit
den Ohren und Hörnern eines Ochsen, während hinten ein langer Schweif mit Schellen am Ende
herabhangt; die Füsse sind nackt. Der eine.Dimonis ist ein erwachsener Mensch, der andere ein
Knabe. Zum Zuge gehören noch einige Musiker, w elche die Cheremias, den Tamborino und den
Fabiol spielen. Am 15. August nach der Vesper begleitet die eben geschilderte Gesellschaft der
Cosiers die dann von der Kirche ausgehende Procession. Auf jeder Seite der Statue der heiligen
Jungfrau schreiten je drei Cosiers einher, und vor ihnen geht die Dama; Alle machen nach je drei
Schritten zu gleicher Zeit einen kleinen Sprung. Einer der Dimonis eröffnet die Procession.
Der andere folgt hinter der Statue der heiligen Jungfrau; Beide sind mit dem langen Blüthenschaft
einer A gave (Pita) bewaffnet, mit dem sie Platz machen und die Menge abhálten. Sie springen
dabei fortwährend umher und verrenken den Körper zum allgemeinen und namentlich der Kinder
Ergötzen, w elche ihnen dafür Bescuyt, Confits etc. in einen um den Hals gehängten Sack werfen.
Unaufhörlich necken die Kinder die Dimonis, während diese sich nur durch ihre Sprungfertigkeit
und durch das Nach werfen des Stockes vertheidigen. Die Procession hält an jedem Platze der
Ortschaft, und die Cosiers führen dann unter den Klängen des Tamborino und des Fabiol einen
ihrer Tänze auf. Nachdem die Procession in die Kirche zurückgekehrt ist, tanzen die Cosiers noch
in der Mitte derselben um die Statue der hl. Jungfrau. A n . demselben Tage pflegen die jungen
Männer der Ortschaft ihrer Geliebten eine Ensaimada oder Bonbons zu schenken; sie bedienen sich
Tanz der Cosiers d’Alaró.
dazu eines Cosiers, der das Geschenk in das Haus des betreffenden Mädchens bringt und unterwegs
w ie bei der Procession alle drei Schritte einen kleinen Sprung macht, was überhaupt bei
jedem ihrer Gänge geschieht. Man betrachtet diese Art, Geschenke zu überreichen, als eine ganz
besondere Huldigung.
Wenn später die Kirchenglocken den Beginn, der Completas für den folgenden Festtag des
hl. Rochus verkünden, begeben sich die Cosiers mit den Spielleuten zur Wohnung der Mädchen,
die besonders eingeladen wurden, und geleiten sie zur Kirche, w o ihnen die Dama das Weihwasser
reicht. Nach Beendigung der Completas führen die. Cosiers vo r dem Hochaltar einige Tänze unter
den Klängen der Cheremias und des Tamborino auf und begeben sich sodann auf den Hauptplatz
des Ortes, w o ein allgemeiner Volksball stattfindet. Am folgenden Tag, dem des hl. Rochus
begeben sich die Cosiers wie am Tage zuvor zu den Wohnungen der Mädchen, um sie in die