an das kleine Haus auch noch eine Drehmühle, denn der Weizen wird oft von demselben Bauer
gesäet, geerntet, gemahlen, gebacken und verzehrt.
Eine grosse viereckige, meist mit spitzigen Nägeln gespickte hölzerne Thür führt in das
Innere. Das erste Gemach ist auch das Hauptzimmer, welches zugleich als Speise-, Arbeits- und
Gesellschaftszimmer dient. Daneben befindet sich eine kleine, dunkle, meist nur von einem Fensterchen
erhellte Küche. Der Feuerherd ist noch von der primitivsten Art. Er besteht aus zw ei Vertiefungen
im Boden, die zur Aufnahme der Kohlen bestimmt sind, und aus zwei zu beiden Seiten aufgestellten
Steinen, welche die Kochgeschirre zu tragen haben. Ausser der Küche stossen an das Hauptzimmer
noch ein paar kleine Kammern. Diese dienen regelmässig als Schlafzimmer; wenn aber ein zweites
S to ckw e rk vorhanden ist, zu dem dann eine kleine Treppe vom Hauptzimmer hinaufführt, so befinden
sich oben die Schlafzimmer und die kleinen unteren Gemächer werden dann lediglich als Vorrathskammern
verwendet. Im Ganzen werden alle Räumlichkeiten ziemlich sauber gehalten; sie sind
daher auch frei von Ungeziefer.
Der eigentliche Mittelpunkt des Ibizaner Hauses und sein charakteristischer Bestandtheil ist
das Wohnzimmer. Die ursprünglich weiss getünchten, im Laufe der Zeit aber geschwärzten Wände,,
sowie das schwere, aus dunklem Pinienholz bestehende Balkenwerk würden dies Gemach öde und
düster erscheinen lassen, käme nicht die grosse Fülle von Gegenständen hinzu, die ihm ein ganz
eigenthümliches Gepräge verleihen. In buntester Anordnung lagern da untereinander Tische, Bänke,
Fässer und kleine, ganz niedliche Stühle, deren Sitze aus Palmblättergeflecht verfertigt sind. Häufig
läuft noch längs der einen Seite der Wand eine gemauerte, auch weiss angestrichene Bank. ; An
den Wänden hängen eine Menge Acker Werkzeuge, Hausgeräthe, Angelruthen und andere Utensilien.
A uf Brettern stehen schöngeformte, ziegelrothe, zweihenkelige Thonkrüge, Jerras genannt, zumeist
in Mallorca fabricirt, und einige rothlackirte Fayenceteller, welche als Schleichwaare von Algier
eingeführt wurden. Vom dunklen Dachboden hängt in der Regel ein aus neben einander gebundenen
Pfahlrohrstäben zusammengesetztes Viereck zur Aufbewahrung des Brodes herab, da dieses immer
für ganze W o ch en gebacken wird.
Sitten und Gebräuche der Ibizaner.
In solchen einsamen, friedlichen Wohnstätten fliesst das Leben der Ibizaner Bauern ruhig
dahin. Schon in der Frühe gehen sie an ihre Arbeit, und erst gegen Mittag nehmen sie ihre magere
Kost ein. Hartes schwarzes Brod und in Wasser gekochter Reis bilden ihre Hauptnahrung.
Letztem wissen sie aber mit einem Stück Schweinefett, mit Pfeffer, Paradiesäpfeln und süssen
Paprikastücken gar geschickt zu würzen; auch thun sie Safran hinzu, um den Reis strohgelb zu
färben. Fleisch gemessen sie fast nie; Fische werden dagegen in Menge verzehrt. Für den Mangel
der Fleischkost müssen Erdäpfel und eine Fülle des vortrefflichen Obstes einigermafsen Ersatz g e währen.
Während der heissen Tageszeit halten die Ibizaner ihre Siesta, und nachdem man wieder
bis gegen Sonnenuntergang gearbeitet hat, vereinigt sich die Familie, häufig in Gesellschaft einiger
Nachbarn, in dem grossen Zimmer des Hauses, um im frohen Kreise den Abend zuzubringen. Im
Sommer lässt man die breite Thür w e it offen stehen, durch welche dann die Äbendluft kühlend
und wohlthuend eindringt, eine wahre Erfrischung nach der Arbeit des heissen Tages. Die Hühner
lassen sich in einer Ecke des Zimmers auf Stühlen oder ändern Geräthen nieder, während der treue
Windhund, welcher das Haus bewacht, sich auf die Thürschwelle legt und in die mondbelle Nacht
hinausblickt. V on Zeit zu Zeit setzt er einem vorüberhuschenden Kaninchen nach, das er unter
fortwährendem Gebell eine Strecke über die Hügel verfolgt, w orauf er winselnd zur trauten
Schwelle zurückkehrt. Im Innern des Hauses wirft der Llumanes, eine eiserne, aus zwei kleinen
übereinander gehängten, viereckigen Näpfen bestehende Oellampe, eine primitive Arbeit der Ibizaner
Schmiede, ein schwaches Zwielicht auf die Anwesenden. Die Alten sitzen im Kreise umher und
blicken vo ll Hoffnung auf ihre aufblühenden Kinder. Die hochbetagte Grossmutter hat den Spinnrocken
unter dem Arme und spinnt den ganzen Abend hindurch emsig rohen Zwirn; dann und
wann hält sie damit ein, um neuen Hanf zu reinigen, den sie dann in den gespalteten Phalrohrstab
steckt, der als Spinnrocken dient. Dagegen verrichtet die Mutter, die nunmehrige Hausfrau, noch
einige häusliche Arbeiten, um A lle s wieder für den kommenden Tag in Ordnung zu setzen. Die
Männer bieten sich, nach dort allgemein verbreiteter Sitte, gegenseitig aus ihren ledernen Cigarrentaschen
Tabak und Papierstreifchen an, woraus sie mit grossem Geschick kleine Cigaretten formen.
Bald steigen gegen den Dachboden kleine weisse Rauchwolken auf, w e lch e die Raucher mit
wahrem Wohlbehagen in die Luft blasen.
Es dauert aber nicht lange, so giebt sich schon der frohe Sinn der Ibizaner durch Gesang
und Tanz kund. Zur allgemeinen Freude wird eine kleine alte Trommel, welche die Ibizaner
Tambor nennen, herbeigeholt, und ein kräftiger Bursche fängt an, auf derselben mit einem Stäbchen,
Tocador genannt, nach A rt eines afrikanischen Tam-Tams zu schlagen. Er begleitet seine Musik
durch das Singen von Liebesliedern in einem eintönigen und melancholischen Rhythmus, w o b e i er
fast nach jedem Worte das Lied durch ein verlängertes, zitterndes Trillern unterbricht. Beim A b singen
der Lieder stützt sich der Spieler mit dem linken Arm auf das Tambor, welches auf dem
Schenkel ruht, während er in der linken Hand die Flöte (Flaut) hält, der er die süssesten Töne
entlockt, und so. wechselt er das trillernde Singen mit den wohlklingenden Melodien der Flöte.
Von Zeit zu Zeit unterbricht der Sänger noch sein Lied durch derbe Tamborschläge; kann er sich
einer Strophe nicht gleich erinnern, so schlägt er noch gewaltiger auf das Tambor und hält so
lange mit dem Triller aus, bis ihm die bekannten W orte wieder einfallen,
Jedes Mitglied der Gesellschaft, Männer w ie Frauen, nur die alten Leute ausgenommen,
spielt sein Stückchen, und je grösser das Geschick ist, womit es geschieht, um so rauschender
sind die Beifallsbezeugungen von Seiten der Zuhörer. Allmählich sammeln sich Nachbarinnen vor
der Thür an und lauschen dem gewohnten Takte, während die Jünglinge, w elch e im Hause mit
Mattenflechten aus Palmenblättern beschäftigt sind, ihre sonst so thätigen Hände feiern lassen und
den Spieler w ie bezaubert anstarren. Jetzt werden die Castagnetten (Castañetas) herbeigeholt
und Vorbereitungen zum Tanze getroffen. Man zieht die Schuhe aus, befestigt mit einer Schnur
die hölzernen Castagnetten an den Händen, und der wilde Baile beginnt.
Dieser Tanz, den die Ibizaner, Bauern la Llarga und la Curta nennen, je nachdem die Kreise,
welche die Frau beim Tanzen beschreibt, kürzer oder länger sind, ist sehr eigenthümlich, jedoch
durchaus nicht graziös.
Bei der Llarga umkreist der Mann in wilden Sätzen die Frau, erhebt bald den einen, bald
den ändern Arm und knackt stark mit den Castagnetten, während die Tänzerin in kleinen, g e messenen
Schritten eine Reihe einförmiger Kreise beschreibt und hierbei bald den Rock mit beiden
Händen fasst, bald die Arme erhebt, w ie wenn sie dem närrischen Liebhaber den Hof machen
wollte. Je, lebhafter der Tanz fortschreitet, desto lauter knackt der Mann mit seinen Castagnetten
in nächster Nähe der Frau, springt in wilder Erregung um sie herum und stösst heftig mit den
Füssen nach ihr hin, ohne sie jedoch jemals zu berühren. Diesem Tanze sehr ähnlich ist die Curta,
nur springt bei dieser der Mann weniger, und in Folge dessen beschreibt die Frau kleinere Kreise,
aber in gleich kurzen Schritten, so dass sie fast immer an derselben Stelle bleibt; auch breitet sie
die Arme weniger aus, als es beim ändern Tanze üblich ist.
Bei diesen Tänzen, folgt man immer dem Takte des Sängers mit dem Tambor und der
Flöte; bisweilen erzielt man, um die Wildheit dieser Unterhaltung noch mehr zu steigern, dadurch
ein noch geräuschvolleres Zusammenspiel, dass ein Mann aus Leibeskräften mit den Castagnetten
knackt, während ein anderer, der neben ihm sitzt, auf den Tambor schlägt. Nicht selten nimmt
auch der Pfarrer an diesen echt patriarchalischen Unterhaltungen theil; ja er verschmäht es bisweilen
nicht, selbst mit dem lärmenden Tambor den Takt des Tanzes anzugeben. Solche V e r gnügungen
dehnen sich bis tief in die Nacht aus, bis endlich die älteren Mitglieder der Gesellschaft
einschlafen. Der guten Grossmutter fällt der Spinnrocken aus der Hand, die verblassende Lampe
mahnt die lebensfrohe Jugend an die späte Stunde. Nun werden noch einige Früchte von Opuntien
und Feigen, die gewöhnliche Abendkost dieser mäfsigen Leute, im Kreise umhergereicht; dann