Kirche zum Hochamt abzuholen. Sow ie die Predigt zu Ende ist und der Alcalde und die übrigen
Anwesenden die Reliquien v erehit und ihr Opfer dargebracht haben, tanzen die Cosiers bis zu der
ersten Stufe des Hochaltars und bringen dort ihr Privatopfer dar, welches in einer Münze, bisweilen
in einem Kaninchen besteht. Dann führen sie im Presbyterium einige ihrer Tänze auf und begeben
sich tanzend zur Kirche hinaus nach dem Cös, w o die Menschen- und Thierwettrennen stattfinden
sollen und geleiten dahin die Männer, welche die Canas mit den für die Sieger bestimmten Joyas
tragen. Hier warten sie, bis die Reihe an sie kommt, denn es giebt ein besonderes Wettrennen
für die Cosiers, und der Preis besteht in zwei Hähnen oder Hühnern. Nach dem Rennen kehren
die Cosiers zur Ortschaft zurück, w o sie Taulas, d. h. eine Sammlung veranstalten; sie suchen zu
dem Ende alle wichtigeren Häuser der Ortschaft heim, und während die Cosiers vor der Hausthür
zur Musik tanzen, bitten die beiden Dimonis im Haus um eine Gabe für den Aufzug. Die Obrers
des Heiligen veranstalten auch eine Sammlung, deren Ertrag für die Auslagen des Festes und für
den Cultus des heiligen Rochus bestimmt ist, während der der ersten Sammlung zu einem Essen
am folgenden Tage verwendet wird. Am Nachmittag wohnen die Cosiers der Procession bei und
tanzen auf dem Platze um die Statue des hl. Rochus. Darnach begeben sie sich zu dem Volksball,
den man auf dem Platze abhält.
Bei der Versteigerung der Tänze erwirbt Derjenige, der den höchsten Preis, oft 60— 100 Frcs.
bietet, das Recht, dass die Cosiers und Spieler das Mädchen, von dem er den ersten Tanz
begehrt, abholen und zum Tanzplatz zu geleiten haben.
Dieser erste Tanz besteht aus 12 Mateixas, welche das Mädchen an verschiedenen Punkten
des Platzes tanzt, wohin ihr die Cosiers folgen. Sämmtliche Cosiers erhalten für diese Tage 14
mallorquinische Lliuras oder 47 Frcs. als Entlohnung und am Tage nachher erbitten sie in den Häusern,
vo r denen sie getanzt haben, für sich Lebensmittel zu einem abzuhaltenden Essen. Die Gesellschaft
der Cosiers hat einen besonderen Director, der ihnen die verschiedenen Tänze und Figuren beizubringen
hat. Die dazu gehörige Musik wird nur nach dem Gehör gespielt und gelernt. Es giebt
auch in anderen Ortschaften Gesellschaften von Cosiers, die fast alle Jahre bei irgend einem Feste
auftreten. Sie veranstalten in Montuiri und S** Maria, in Campos und Porreras ähnliche Aufzüge,
nirgends hat man aber die Sitte so festgehalten, w ie in Alarö.
Ein anderer Aufzug zur Unterhaltung des Volkes findet schon seit 61 Jahren am Feste dies
hl. Augustinus, 28. August, in Felanitx statt. Daran nehmen 10— 12, mit Pferdchen maskirte und
deshalb Eis Cavallets genannte Knaben und einer, in weiblicher Kleidung, der ebenfalls La Dama
heisst, Antheil. Die Cavallets tragen kleine Hütchen aus Kaninchenfell mit rothem Band und Federn,
eine gelbe Jacke mit rothen Aufschlägen, über der rechten Schulter einen kurzen, gleichfarbigen,
wehenden Mantel, weisse Hosen, die unten in Spitzen endigen und ausserdem noch mit je sechs
Schellen versehen sind, weisse Strümpfe und grüne Alpargatas. Jeder dieser Knaben ist mit einem
an seinem Gürtel befestigten, hohlen Pappendeckelpferdchen, dergleichen auch bei uns bei Maskeraden
angewendet werden, versehen und hält dasselbe mit der linken Hand. Diese Pferdchen
stellen je zw ei Schimmel, Rappen und Braune dar. Die Dama trägt einen weissen Spitzenhut mit
goldenen Borden und auf demselben einen weissblauen Federbusch nebst rothen Blumen nach vorn.
Sie ist mit einem rosenrothen und mit Goldborten besetzten kurzen Rock und einem ebensolchen
kurzärmlichen Mieder bekleidet; darüber trägt sie ein Spitzenkleid mit drei Goldborten, welches
am Halse und an den Aermeln gleichfalls mit Borten und Spitzen geschmückt ist; die Strümpfe
sind weiss und die Alpargatas rosenfarbig. Die linke Hand hält einen Blumenstrauss und die rechte
ein gesticktes Taschentuch. Am Vorabend des heiligen Augustinustages versammelt sich die G e sellschaft
der Cavallets um die Zeit, w o die Completas gesungen werden sollen, im Hause des
Balle nebst ihrer Musik, die aus einem Spieler der Cheremias und einem Spieler des Tamborino
und des Fabiol besteht, und begleitet dann, nachdem sie einige Zeit getanzt hat, den Ayuntamiento
zur Kirche des ehemaligen Augustinerklosters; sie betheiligt sich auch nach Beendigung der Completas
an der auf dem Platze vor diesem Kloster stattfindenden Procession. Am ändern Morgen
durchziehen die von den Obrers des Heiligen geleiteten Cavallets nach dem Hochamte zu je Zweien
die Ortschaft, um in jedem Hause Almosen zu sammeln, und begeben sich dann mit dem Capiller
oder Wächter der Kapelle zu Tische. Am Nachmittage ziehen sie w ied e r auf den oben erwähnten
Platz, w o Menschenwettrennen stattfinden, nach deren Beendigungjedermann nach Hause zurückkehrt.
Ein jeder Cavallet erhält als Belohnung für seine Bemühungen eine Peseta (etwas über
1 Frc.) und ausserdem freie Verköstigung.
Um das Fest des heiligen Augustinus noch mehr zu verherrlichen, hat man in Felanitx seit
einigen Jahren noch eine Genossenschaft der Riesen (Comparsa de Gegänts) eingeführt. Sie besteht
aus fünf Knaben oder Männern, welche einen grossen Pappendeckelkopf aufsetzen, dessen Hals in
einer Kappe endigt, die auf dem Kopfe der darunter stehenden und von den Kleidern bedeckten
Person ruht und mittelst dreier Stäbe an dem Gürtel derselben befestigt ist. Damit die betreffende
Person sehen und athmen könne, besteht der vordere Theil des Hemdes, welcher das Gesicht
verhüllt, aus durchsichtigem Musselin. Der eine von den fünf Riesen, den man den Gegänt veil
(alter Riese) nennt, stellt deren Chef dar. Er ist etwas höher, als die Anderen und zeichnet sich
durch weisse Haare und Bart und eine gelbliche seidene Jacke aus; von den vier Uebrigen tragen
zwei eine rothe Jacke und grüne Cravatte und zwei eine grüne Jacke und rothe Cravatte. Sämmtliche
Riesen haben einen weissen Kragen mit Stickereien und an den Aermeln der Jacke eine gelbe
Franse und silberne Borten. Die Hosen sind von weissem Baumwollstoff oder Leinwand, wie sie
die mallorquinischen Bauern tragen, die Strümpfe und Schuhe weiss. Jeder Riese hält in der einen Hand
ein Fähnchen, mit der anderen grüsst er die Anwesenden. Sie gehen in gravitätischen Schritten
einher und tanzen in Figuren, welche denen der Cavallets ähnlich sind und von derselben Musik
begleitet werden; die Gegänts erhalten dieselbe Belohnung, w ie die Cavallets, mit denen sie gleichzeitig
auftreten. Um Beiden während ihres Umzuges Bahn zu machen, v erwendet man auch in
Felanitx, w ie bei den Cosiers in Alarö, einen Dimoni, welcher sowohl in seinem Thun und Treiben,
wie in seinem Anzuge ganz mit dem von Alarö übereinstimmt, nur fehlt ihm der Schweif, dafür
ist aber das Ges,äss mit einem widerlichen menschlichen Gesicht bemalt.
Gleichfalls in Felanitx bietet noch eine andere eigentümliche maskirte Gestalt Interesse,
die schon seit uralter Zeit am 24. Juni, am Fest des heiligen Johannes des Täufers, in den
Gassen von Felanitx umherzuwandeln pflegt. Es ist dies der San Juan Pelös, den ein fleischfarbiger
Tricot und ein rosafarbiges,; mit zwei silbernen und einer goldenen Borte geschmücktes
Röckchen bekleidet. Ueber seine Schultern herab w o g t ein seidener Mantel mit silbernen Fransen;
eine schöne Maske bedeckt das Gesicht, das Haupt schmückt eine zierliche, strahlenartige, silberne
Krqpe, und lange blonde Locken wallen den Nacken hinab. Die Füsse sind mit rothen Alpargatas
bekleidet, und die eine Hand hält ein Kreuz mit der Inschrift: „Ecce agnus Dei“ etc. So durchzieht
der San Juan in Begleitung der Obrers den ganzen Morgen die Ortschaft und macht fortwährende
Verbeugungen und graciöse Bewegungen nach allen Richtungen, während er .gleichzeitig
mit dem Kreuze verschiedene Figuren beschreibt, die von den Klängen der ihm folgenden
Violin-, Guitarre-, und Fabiolspieler begleitet werden. A u f diese Weise entsteht eine A rt Tanz,
der das V o lk gar angenehm unterhält. Am Nachmittag desselben Tages wohnt der San Juan Pelös
der Kirchenprocession bei und schreitet bei derselben, den Heiligen der Schäfer nachahmend, mit
einem kleinen lebenden Lamme an der Seite einher.
In Pollenza findet am 20. Januar, dem Feste des hl. Sebastian, eine ähnliche Aufführung
statt, hier w ird der hl. Sebastian als ein römischer Centurio, der eine Standarte trägt, dargestellt,
während ihm ein anderer, gleichfalls als römischer Soldat gekleideter Mann, folgt. Zwei Knaben
als Cavallets mit schwarzen Pappendeckelpferdchen betheiligen sich an den Festlichkeiten und
tanzen bei der Procession nach der Musik der Tamborino- und Fabiolspieler.
Der hl. Juan tritt hier bei der Fronleichnamsprocession auf; ihm zur Seite schreiten zwei
Mädchen, las Aguilas genannt, welche Pappendeckeladler, ähnlich w ie die Cavallets, angesteckt
haben, die sie noch mit der Hand halten. Der San Juan Pelös von Pollenza tanzt mit den Aguilas
nach einer besonderen Melodie der Violinen, Guitarren und Guitarrö.
Zu den wichtigsten Volksfesten gehört das in Lluch abgehaltene, welches w e g en seiner
schönen Feuerwerke, die mit Tanz abwechseln, berühmt ist.
Balearen I. 27